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Wirtschaftsbetriebe in Pompeji

Werkstatt des Lucius Livius Firmus

In der an der Via Stabiana gelegenen Werkstatt wurde ein Siegel gefunden, das den Namen des Besitzers nennt: Lucius Livius Firmus. Bei ihm handelte es sich um einen freigeborenen römischen Bürger aus einer Familie sullanischer Neusiedler. Rechts vom Eingang war in einen geziegelten Pfeiler eine Tuffplatte eingemauert worden. Sie zeigte rund um einen Phallus mehrere leider nicht eindeutig identifizierbare Werkzeuge. Die von den ersten Ausgräbern angedachte Identifizierung als Schmiedewerkstatt ist durch nichts zu begründen und rein spekulativ.

Eisenwarenhandlung des Schmiedes Iunianus

Die Zuordnung des Namens Iunianus als Betreiber des Geschäftslokales erfolgte aufgrund einer an der Hausfassade angebrachten Wahlempfehlung. Der faber ferrarius (Schmied) verkaufte diverse Utensilien für die Landwirtschaft sowie bronzene und eiserne Werkzeuge sowohl neuwertig als auch gebraucht. Aufgefunden wurden vier Pferdegebisse aus Bronze und eines aus Eisen, Teile von Pferdegeschirren, Schlösser, eine Athletenausrüstung (Salbengefäss, zwei Bronzeschaber) an einem Ring aufgefädelt, vier Fussfesseln für Sklaven mit doppeltem Eisenring als Gelenk, je 30 Schlüssel und eiserne Sensenblätter, zwei Winzersicheln, 28 lange Rebmesser, ein Tintenfass mit schwarzem Pulver, zwei Waagen sowie eine Anzahl von Ketten, Ringen und Sägen. Daneben gab es noch zwölf Lampen aus Terrakotta, die in Pompeii massenhaft verkauft wurden.

links: Anblick eines beliebigen Verkaufsladens in Pompeii an der Via dell'Abbondanza
rechts: derselbe Laden mit Blick von innen heraus; man beachte die typische Tresenform

e ludo computatrali "Pompei"

Im Atrium der benachbarten Casa del Quadretti teatrali fand man in einem Wandschrank ebenfalls zahlreiche Bronzegegenstände. So könnte es sein, dass Iunianus für den Eigentümer dieses Hauses die Utensilien in der Eisenwarenhandlung vertrieb oder aber dort nur zur Sicherheit eingelagert worden waren. Um den Laden rituell zu schützen, hatte er unter der Treppe an der rechten Wand einen Priapus mit zwei Phalli aufmalen lassen.

Tischlerwerkstatt

Die fast an der Kreuzung der Via Stabiana mit der Via dell'Abbonanda gelegene Werkstatt eines lignarius (Tischler, Schreiner) besass eine besonders schöne Fassade aus gelbem und rotem opus reticulatum (Netzmauerwerk; hier aus Terraktottawürfel). Eine Terrakottaplatte präsentierte im Relief neben dem obligatorischen Phallus als Schutzsymbol einige Tischlerwerkzeuge wie Zange und Hammer.

Seilerwerkstatt

Das an der Via dell'Abbondanza gelegene Gebäude wurde noch nicht ausgegraben (Stand Ende 1999). Die neben der Flickschneiderei liegende Werkstatt besass drei Eingänge. Auf dem Balkon im ersten Stock fanden sich die Reste von Bast einer einheimischen Pflanzenart (lat. Ampelodesma Tenax), die hauptsächlich bei der Herstellung von tegetes (Seilen) verwendet wurde. Auch fand sich an der gegenüberliegenden Strassenseite eine Wahlempfehlung der tegettari (Seiler), sodass die Identifizierung als Seilerwerkstatt als gesichert gilt.

Haus & Werkstatt eines Handwerkers

Das an der südlichen Parallelstrasse zur Via dell'Abbondanza gelegene Haus diente einem leider namenlos gebliebenen handwerklichen Multitalent als Wohnung und Werkstatt. Im Atrium fand man 14 Eisenmeissel, sowie mehrere Hämmer, eine gezahnte Breitblattsäge, einen Reisszirkel, zwei thecae calamariae (zylindrische Schreibfederbehälter) aus Bronze sowie ein anderes mit atramentum (Tinte). Dazu gesellte sich noch ein zusammenklappbares metallenes Mass in der Länge eines römischen Fusses. Diese Funde samt dreier Truhen, einem hölzernen Schrank, zahlreichen Scharnieren, Beschlägen, Schlössern, Knochenplättchen und einem kleinen Wagen lassen darauf schliessen, dass es sich beim Besitzer des Hauses um einen hauptberuflichen Tischler handelte. Daneben betätigte er sich jedoch auch als Steinmetz, wie drei Marmorschwellen mit getilgten Inschriften und ein Recyclinggrabstein belegen. Zudem fand man noch diverse Utensilien für den Ackerbau, die wohl zur Reparatur übergeben worden waren. Einer ähnlichen Behandlung sollte wohl ein cartibulum (Tischchen) mit gebrochenen Löwenpranken dienen. Somit dürfte es sich bei dem Handwerker um einen „Mann für alle Fälle“ gehandelt haben.

Das Gebäude selbst war ein altes Haus in Kalkstein, von dem - vermutlich nach dem grossen Erdbeben - ein Teil als fullonica (Walkerei) Verwendung fand. Neuesten Datums waren die Räume rechts des Atriums. Das erste Zimmer hatte neben einem neuen Fussboden aus grossen Ziegeln eine Latrine - separiert durch eine Holzwand - unter der Treppe erhalten. In dieser wurde vermutlich Urin für die benachbarte Walkerei gesammelt. Jedenfalls fand sich eine halslose Amphore, in der noch spärliche organische Reste festgestellt werden konnten. Das zweite Zimmer konnte als cella ostiaria (Portierloge) identifiziert werden, da man von dort aus durch ein kleines Fenster alle Geschehnisse innerhalb des Hauses verfolgen konnte. Es folgten zwei cubicula (Schlafzimmer), eine Vorratskammer und schliesslich das tablinum (hinterer Zwischenraum). Letzteres war scheinbar mehrmals umgebaut worden. In ihm fand sich eine grosse Auswahl an Bronzegegenständen. Besonders hervorzuheben sind dabei ein Gong, mit dem eine peratria (durch das Haus wandelnde & den Gong schlagende Sklavin) die Stunden schlug sowie eine 27gliedrige Kette. Bemerkenswert sind auch mehrere geschnitzte ägyptische Knochenfiguren, die Bes, Harpokrates, Isis und Fortuna zeigen. Auch Rohmaterialien, wie Fayence und Glaspaste fanden sich hier.

Im Bogen hinter der Treppe an der rechten Seite des Portikus lag die Küche. Sie war durch eine Trennwand aus opus craticium (Fachwerk) abgetrennt. Die Kochstelle hatte man mit Backstein verkleidet und an der rechten Wand fand sich eine Malerei, die zwei in einander verschlungene Schlangen zeigt; vermutlich das Werk eines Lararienmalers.

Im ersten Triklinium hat sich etwas von der Deckendekoration erhalten. Diese war im Vorraum übrigens niedriger, als in jenen mit den Klinen. An der Rückwand fand man Malereien, welche das Schicksal der karthagischen Prinzessin Sophonisba zeigten als sie sich das Leben mit Gift nahm.

Im zweiten Triklinium stammten die Wandmalereien - wie auch die meisten anderen des Hauses - aus der Zeit des späten Dritten Stils. Man konnte sogar feststellen, dass sie aus der gleichen Werkstatt wie jene in der Casa dei Cubicoli floreali stammten. Sie zeigen den Sturz des Ikarus - ein in Pompeii sehr geläufige Thematik. Unterhalb des Icarus flog Daedalus noch in sicherer Entfernung von der Sonne und das Geschehen wurde von zwei Fischerbooten beobachtet. In späterer Zeit brachte man nahe dieser Malerei ein Lararium unter. Die Rückwand präsentierte Paris mit seiner Herde im Idagebirge auf einem Felsen sitzend.

Als der Vesuv Pompeii verschüttete, hatten sich zwei Personen in das Triklinium auf die Speisesofas geflüchtet. Eine hatte sich eng an ein Kissen geklammert, die andere den Kopf unter die Arme gekauert. Am Boden fand man einen Geldbeutel mit 24 Silbermünzen im bescheidenen Gesamtwert von 104 Sesterzen.

Alles in allem waren die Funde in diesem Haus in schlechtem Zustand. Im Garten fand man dazu noch die Abdrücke hölzerner Gartenmöbel und das Loch, welches die Stütze einer Pergola hinterlassen hatte. Bereits in der Antike hatte man eine Grabung durchgeführt und nicht nur die Decke, sondern auch die Mauern an mehreren Stellen durchstossen. Die wertvollen Utensilien waren somit gleich nach der Katastrophe in Sicherheit gebracht worden; wobei unklar ist, ob es sich um Raubgräber oder um eine gezielte Bergungsaktion handelte.

Laden des Bronzeschmiedes Verus

Der faber aerarius (Bronzeschmied) Verus besass einen Laden an der Via dell'Abbondanza und verkaufte dort neben diversen Bronzegefässen auch Kandelaber und wahrscheinlich auch kunstvoll verzierte Lampen. Herausragend war jedoch der Fund einer groma (Visierinstrument für Vermessungsarbeiten).

Haus & Laden des Töpfers Zosimus

Das an der Via dell'Abbondanza gelegene Haus wurde vor allem durch das Graffito eines index nundinarius (Liste von Marktorten und -tagen) bekannt: Montag in Atella, Dienstag in Nola, Mittwoch in Cumae, Donnerstag in Pozzuoli, Freitag in Rom und Capua, Samstag in Pompeii und Sonntag in Nuceria. Im Haus selbst verkaufte der Töpfer Zosimus vor allem vasa faecaria (Garumbehälter), wie anhand zahlloser Tonscherben ermittelt werden konnte.

links: Laden des Töpfers Zosimus mit Verkaufsregalen
rechts: typische Ladenszene; in der Theke sind die eingemauerten dolia (Tonfässer) zu erkennen

e ludo computatrali "Pompei"

Laden & Wohnung des Niraemius

Es ist leider nicht bekannt, was in diesem Laden verkauft wurde. Im Raum hinter dem Laden fand man Malereien, die grosse Mittelädikulen darstellen und Miniaturbilder, die bigae (Zweigespanne) zeigen. Diese wurden von Schwänen (der Venus zurechenbar), Widdern (dem Merkur zurechenbar) und von Böcken (dem Bacchus zurechenbar) gezogen wurden. Die Felder daneben waren als Stilleben ausgebracht und präsentierten metallene Gefässe. Die architektonische Malerei im oberen Bereich war mit Thyrsosstäben verziert, die Gebälke trugen Girlanden und als Stütze hatte man sehr schlanke Metallgefässe gemalt. Um dem ganzen noch einen letzten Schliff zu verleihen, wurde alles von Masken, Schwänen, Sperbern, Trinkhörnern und Trommeln verziert. Die Malereien aus der Endphase des Dritten Stils erinnern an jene im Haus des Trebius Valens sowie des Lucretius Fronto.

Im Atrium fand man übrigens ein erotisches Graffiti, das sich an eine gewisse Nicopolis richtete: Nicopolis futui te ego et Proculus et Fructus Holconi „Nicopolis ich habe ich dich gefickt und Proculus und Fructus, Sklave des Holconius (haben es ebenso).“

Blick vom Sommertriklinum
 in den Schankraum
im Thermopolium an
der Via dell'Abbondanza

e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)