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Wohnhäuser der 3. Region in Pompeji
Anmerkung: diese Seite ist inhaltsbedingt einigermassen scrollbedürftig

Domus Trebii Valentis (ital. Casa di Trebius Valens; dt. Haus des Trebius Valens)

Das an der Via del'Abbondanza gelegene Haus von etwa 500 m² Fläche wurde 1913 entdeckt, aber erst 1915 ausgegraben und 1943 durch einen amerikanischen Bombentreffer schwer beschädigt. Leider wurden die Ausgrabungen während des 1. Weltkrieges sehr oberflächlich durchgeführt, sodass stratigrafische Angaben nicht vorhanden sind. Bekannt wurde es vor allem durch seine breite, fensterlose Fassade mit alten Würfelkapitellen und zahlreichen Wahlaufrufen.

Das Atrium wurde bereits in der Antike ausgegraben, sodass keinerlei Möbel oder sonstige Utensilien gefunden wurden. Links gelangt man zum ersten cubiculum (Schlafzimmer) mit Dekorationen im Zweiten Stil und einem überwölbten Alkoven (Schlafnische). Auch hier findet sich der Name des Besitzers in einem Graffito: Valens, domina essem! „Valens, wenn ich deine Frau wäre.“ Eine zweite Ritzung nennt eine Sklavin beim Namen: X. K(al) Febr(u)a(rias) Ursa peperit diem Iovis. „(Die Sklavin) Ursa hat am Donnerstag den 23. Jänner entbunden.“

Die anschliessende ala (Seitengang) war erst vor kurzem frisch mit Malereien versehen worden. Sie zeigen auf weissem Grund zwischen Girlanden einige Vögel und Pergolen. Das tablinum (Galeriegang) ist ähnlich, aber reichhaltiger gestaltet. So waren kleine Bilder unter dem Giebel der mittleren Ädikula angebracht. Linkerseits findet sich Bacchus mit einem Pantherweibchen, rechterseits ein Silen. Über dem Fenster zum Peristylgarten präsentiert sich noch ein Fries mit Ziegen, die sich an Weinranken und Trauben delektieren.

Das zweite cubiculum barg für die Archäologen einen kleinen Schatz in Form eines Schmückkästchens mit je einem Parfümflakon aus Achat und Bergkristall, Haarnadeln und einem Paar goldener Ohrringe. Aufgefunden wurde zudem eine Bronzelampe, die das Portrait des Zeus-Ammon mit negroiden Gesichtszügen und Widderhörnern trägt. Vermutlich handelt es sich dabei um Importware, denn römische Lampen mit diesem ägyptisch-hellenistischen Bezug waren im 1.Jh.n.Chr. in der Regel aus Terrakotta. Alle Funde zusammengenommen legen nahe, dass hier das Schlafzimmer der Hausherrin lag.

Ebenfalls vom Atrium aus konnte man durch einen Zwischenraum in einen oecus (Saal) gelangen, der zur Zeit der Katastrophe gerade frisch bemalt worden war. Auf schwarzem Untergrund fanden sich Vögel, Panther und ein Greif inmitten einer leichten Scheinarchitektur.

Um vom Atrium ins Peristyl zu gelangen gab es einen eigenen Gang - das dafür üblich verwendete tablinum besass - wie erwähnt - nur ein grosses Fenster zum Garten hin. Von diesem Gang aus kam man auch zum praefurnium (Heizstelle) des kleinen Badekomplexes im Haus. In die beiden sehr beengten Baderäume kam man nur von der südöstlichen Ecke des Peristyls aus. Das erste Räumchen diente sowohl als apodyterium (Ankleideraum) als auch als tepidarium (Lauband). Das dahinter liegende war mit doppelten Mauern und Hypokausten versehen und ist damit eindeutig als caldarium (Warmbad) zu identifizieren. In einer kleinen halbrunden Nische stand vermutlich nicht das eigentlich zu vermutende labrum (Wasserbecken), da es keinerlei Hinweise auf einen Anschluss an die Wasserleitung gibt. Aus dem Zustand heraus liess sich erkennen, dass dieses Bad schon längere Zeit nicht mehr in Benutzung stand.

Fassade des Hauses des Trebius Valens im Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

Vor dem Eingang zu den Baderäumlichkeiten fanden die Ausgräber die Überreste von vier Menschen, die hier vor dem Bimssteinregen Zuflucht gesucht hatten und schlussendlich von der Dachkonstruktion erschlagen wurden, als diese die Bimssteinmassen nicht mehr hatten tragen können.

An der rechten Seite des Peristyls hatte sich jemand mit Arma virumque - d.i. der Anfang von Vergils Aeneis - verewigt, was im antiken Pompeii öfters zu beobachten ist, da sich der Beginn eines Gedichts am längsten im Gedächtnis einer Person hielt. Auch ist damit trotz des immanenten Baustellencharakters eine gewisse literarische Kultur - Vergil wurde scheinbar am häufigsten gelesen und zitiert - in der Stadt nachweisbar, die auch eigenständige Texte hervorbrachte. In Herculaneum gab es derartige literarische Ausweise weitaus seltener.

Durch die zahlreichen Wahlaufrufe (11 von 29 tragen den Namen) hat sich das Gebäude dem Trebius Valens zuschreiben lassen. Er entstammte einer alten sabinischen Familie, die bereits in der oskischen Epoche von Pompeii zumindest einmal einen meddix tuticus (höchster Magistratsbeamter der Stadt) gestellt hatte und auch in der Ziegelproduktion tätig war. In römischer Zeit hielten sich die Valentes scheinbar von der Politik fern, um erst kurz vor Ausbruch des Vesuv wieder in Erscheinung zu treten. Einer der Wahlaufrufe versprach den Bürgern pompa, venatio, athletae, vela „feierlichen Einzug, Tierkämpfe, Athleten und Sonnensegel im Amphitheater“.

Etwas belustigend ist die folgende Inschrift bei den Wahlaufrufen: lanternari tene scalam! „Laternenträger, halte die Leiter fest!“ Da sie sich in entsprechender Höhe befindet, wird angenommen, dass der für die Malereien Verantwortliche dies dem Laternenträger zugerufen hat und der auf der Leiter stehende Maler - wohl von der nächtlichen Arbeit bereits ermüdet - einfach als weiteren Aufruf ohne nachzudenken hingemalt hat.

Domus Pinarii Cerialis (ital. Casa dell’orefice; dt. Haus des Pinarius Cerialis)

Das an einer Querstrasse zur Via dell'Abbondanza gelegene Haus liess sich durch drei gemalte und zwei geritzte Inschriften an der Fassade dem Pinarius Cerialis zuweisen. Dieser war von Beruf gemmarius (Gemmenschneider) und Priester des Hercules in Pompeii. Die Ausgrabung erfolgte in den Jahren 1916/17 sowie 1926. Leider wurde ein Teil des Gebäudes 1943 durch einen amerikanischen Bombentreffer beschädigt.

Das 270 m² grosse Gebäude besitzt kein Atrium, sondern beiderseits des Gartens platzierte Räume. Der kleine Garten selbst wird durch zwei Portiken mit unkannelierten und Stuck überzogenen Tuffsäulen und einem niedrigen Mauerchen begrenzt.

Hervorstechendste Besonderheit ist das cubiculum (Schlafzimmer) mit einer prächtigen Bühnenmalerei, die den kleinen Raum optisch grösser erscheinen lässt. Man erkennt Iphigenie beim Verlassen des Artemistempels in Tauris sowie rechterseits Orestes und Pylades als Gefangene des Skythenkönigs, den man ganz link findet. An Verzierungen findet man Girlanden, Zweige sowie Kentauren und Sirenen. Der gleiche Malerbetrieb, der diese Dekoration anbrachte, hat sich auch im Haus der Vettier in einigen Räumen verewigt.

An der rechten Wand steht angelehnt an einen heiligen Baum Attis mit seinem pedum (gebogener Hirtenstab) in der linken und einer Sichel in der rechten Hand. Neben seiner phrygischen Mütze fallen noch die anaxyrides (weite Hosen aus dem Orient) auf. Die Figur wartet darauf von den Flussnymphen des Sangarios verführt zu werden. Als Symbol hierfür findet sich ein kleiner Eros, der den Weg weist. Das Ausbringen der Malerei scheint in Zusammenhang mit der offiziellen Zulassung der Verehrung der Kybele und des Attis unter Kaiser Claudius zu stehen.

Von der Dekoration der linken Wand hat sich leider nichts erhalten - sie wurde bereits während der Vesuvkatastrophe irreparabel beschädigt. Rechts vom Fenster zum Garten findet sich noch die dem Bade entsteigende Venus, wie sie von einem ithyphallischen Pan beobachtet wird. Zu guter letzt begutachtet ein auf einem Bein stehender Hermaphrodit sein eigenes Spiegelbild.

Im östlichsten Raum fand man in einer Ecke ein Kästchen mit den Arbeitsmaterialien des Gemmenschneiders: 114 Edelsteine - vor allem Achate, Amethyste und Karneole, aber auch einen Sardonyx. 79 waren im Rohzustand oder partiell geglättet und nur 28 bearbeitet. So handelte Pinarius Cerialis nicht nur mit Gemmen und Kameen, sondern stellte sie auch selbst her. Einige aufgefundene Stichel sind ein weiterer Beleg hierfür. Ein weiteres Betätigungsfeld könnten Ziselierarbeiten gewesen sein, da man im Haus des Amandus oder Fabius eine bronzene patera (Opferschale) fand, die mit seinem Zeichen an der Rückseite des Griffs gestempelt war.

Der Raum selbst war in gelb ausgebracht und hatte ursprünglich einen aufgemalten Teppich als Wanddekoration. Diese Malerei ist leider wegen des Bombentreffers verschwunden. Es ist anzunehmen, dass der Handwerker hier seine Kunden empfing und die Waren präsentierte, denn als Werkstatt diente ihm ein schmuckloser Raum zwischen Schlafzimmer und Triklinium.

Domus praeceptoris morum (ital. Casa del Moralista; dt. Haus des Sittenpredigers; auch: Haus des Gaius Arrius Crescens und des Marcus Epidius Hymenaeus)

Die beiden an der Via del'Abbondanza gelegenen Häuser umfassen eine Gesamtfläche von etwa 580 m² und waren miteinander verbunden, sodass von einer engen Verbindung der Besitzer ausgegangen werden muss. Den Namen erhielt es von mahnenden Gedichten im Sommertriklinium. Neben fünf Wahlempfehlungen entdeckte man an der Aussenfassade des grösseren Hauses eine Platte mit Phallus, Vogel und einer Rosette. Die Ausgrabung erfolgte in den Jahren 1916/17. Leider wurden auch diese Gebäude 1943 durch amerikanische Bombentreffer in Mitleidenschaft gezogen.

Das kleinere Haus zeichnet sich durch ein Atrium ohne impluvium (Regenwasserbecken) aus. Das Dach neigte sich zur Strasse und zur Lichtöffnung an der Rückseite hin. Über zwei Treppen konnte man in ein geräumiges Obergeschoss gelangen. Zur Zeit der Ausgrabung waren die Stiegen noch gut erhalten - incl. einer bemalten Decke -, doch wurde das Meiste davon 1943 unwiederbringlich zerstört.

Davor hatte man auch eine alte oskische Inschrift bewundern können, die auf der Fassade unter einer späteren Kalkschicht angebracht worden war und veru Urubla(nu) lautete. Der Eigenname verweist auf das nächstgelegene Stadttor und soll von Einwanderern von Ulubrae in den Pontischen Sümpfen herstammen. Die Bewohner des lokalen Viertels nannten sich auch noch in der römischen Kaiserzeit Urbulanenses - wie aus Wahlempfehlungen zu entnehmen ist. Eine weitere Inschrift bezog sich auf die Ankündigung von Gladiatorenkämpfen im Amphitheater von Pozzuoli.

Das Haus des Sittenpredigers im Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

Wie in den meisten Häusern von Pompeii wurde auch in diesen nach wie vor restauriert. Nahe des Eingans zum grösseren Haus fand sich sogar noch ein Kalkhaufen. Die meisten Räume waren noch unverputzt und wurden deshalb als cella vinaria (Weinlager), Wirtschaftsräume oder Personalwohnungen verwendet.

Welchen Stellenwert die cena (Hauptmahlzeit am späteren Nachmittag) hatte, lässt sich alleine an der Tatsache erkennen, dass das nahe der Küche liegende Sommertriklinium als einzige Einrichtung des Hauses fertiggestellt war. Im Gegensatz zu den meisten anderen von Pompeii war dieses jedoch überdacht und besass ein Loch in der Decke. Entweder reichte man damit Speisen in das Obergeschoss weiter oder man versprühte von dort aus Duftwasser. Die Dekoration war einfach, aber sehr lebhaft gestaltet. Hervorstechend sind drei Distichen mit Ermahnungen an die Gäste.

An der rechten Wand steht: Abluat unda pedes, puer et detergeat udos / Mappa torum velet, lintea nostra cave! „Wasser soll die Füsse abwaschen, der Diener möge sie abtrocknen; die Serviette bedecke das Polster; Hände weg von unseren Tischtüchern!“ An der linken Wand steht: (Insanas) lites odiosaque iurgia differ / Si potes aut gressus ad tua tecta refer! „Vermeide Zank und hasserfüllte Streitereien, oder lenke deine Schritte in dein Haus zurück.“ An der Rückseite steht: Lascivos voltus et blandos aufer ocellos / Coniuge ab alterius sit tibi in ore pudor! „Lüsterne Mienen und begehrliche Blicke wende von der Frau eines anderen ab, deine Reden seien züchtig.“ Es ist unklar, inwieweit nicht eine gewisse Satire in diesen moralischen Belehrungen mitspielte oder tatsächlich ernst gemeint waren. Jedenfalls entsprachen sie der Abwehr jener Klischees, welche die bekannten Autoren Catull, Iuvenal und Martial über ausgelassene Gelage zu Papier brachten.

links: Gebäudeansicht von der Via del'Abbondanza aus
rechts: das "belehrende" Triklinium
ex interret: pompeiiinpictures.com

Da sich vom Deckenschmuck überhaupt nichts erhalten hat, aber der Fussboden praktisch vollständig zusammengesetzt werden konnte, gehen die Archäologen davon aus, dass an der Decke ein aulaeum (Stoffhimmel) hing und folglich kein Stuck existierte. Als besonders ergiebig erwies sich das ergrabene Inventar: erlesene Kristallschalen und solche aus farbigem Glas, feines Bronzegeschirr, ein Kohlebecken, eine Waage, vier Schabeisen, Pferdegeschirre und ein Zaumzeug.

Das Sommertriklinium führt direkt in den rückwärtig gelegenen Garten, wo eine - passend zu den moralischen Belehrungen - züchtig gehaltene Dianastatue steht, die kleidungsmässig mit langem Chiton und Mantel ganz ihrem Original aus Pergamon entsprach.

Für die Besitzer der beiden Häuser gibt es gleich drei Kandidaten, welche ihre Spuren in und an den Gebäuden hinterlassen haben. Die fünf Wahlempfehlungen nennen einen Marcus Epidius Hymenaeus und auch auf sechs Amphoren fand sich dieser Name - diesmal im Dativ. Daraus ist zu schliessen, dass es sich um einen Weinhändler handelte. Ein weiterer Beleg für seine Existenz sind zwei Wachstafeln des Caecilius Iucundus, wo er 56 n.Chr. als Zeuge aufgeführt worden ist.

Die zweite Person trug den Namen Titus Arrius Polites, wovon ebenfalls Wahlempfehlungen und Amphorenaufschriften zeugen. Wohl handelt es sich bei ihm um einen Freigelassenen der gens Arria - einem alten sabinischen Geschlecht, das sich vor allem ökonomisch hervortat mit Speziallandbau, einer figlina (Keramik/Ziegelfabrik) und dem Vermieten einer ganzen insula (Gebäudeblock) in der regio VI.

Der dritte Kandidat hinterliess seinen Namen sowohl auf einem Bronzesiegel im Lagerraum als auch eingeritzt an einer Amphore: Gaius Arrius Crescens. Aufgrund des Fundortes nimmt man an, dass dieser im kleineren Haus wohnte. Alle drei dürften enge Bande zur erwähnten gens Arria besessen haben und im vorliegenden Gebäudekomplex gewohnt und gearbeitet haben.

Innendekoration im Haus des Pinarius Cerialis
e ludo computatrali "Pompei"
(c) A.Barbet


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)