Version LX

GEOGRAFIE
Städte


ÖFFENTL.BAUTEN  I
ÖFFENTL.BAUTEN II
ÖFFENTL.BAUTEN III
ÖFFENTL.BAUTEN IV

TEMPELANLAGEN I
TEMPELANLAGEN II
TEMPELANLAGEN III
TEMPELANLAGEN IV
TEMPELANLAGEN V

THERMEN I
THERMEN II

FREIZEITANLAGEN I
FREIZEITANLAGEN II
FREIZEITANLAGEN III

BASILICA
MÄRKTE
WALKEREIEN
WOLLGEWERBE
BÄCKEREIEN & CO
WERKSTÄTTEN

HÄUSER REGIO I
HÄUSER REGIO II
HÄUSER REGIO III
HÄUSER REGIO IV
HÄUSER REGIO V
HÄUSER REGIO VI
HÄUSER REGIO VII
HÄUSER REGIO VIII
HÄUSER REGIO IX

VOR DER STADT

zurück zur
Gebäudeübersicht

zurück zur
Stadtübersicht


zurück zum
Städteindex

zurück zur
geografischen Übersicht

zurück zum Index

Öffentliche Bauten in Pompeii

Das Forum als Zentrum der Stadt

Als Mittelpunkt des gesellschaftlichen, ökonomischen und religiösen Lebens von Pompeji gruppierten sich die wichtigsten öffentlichen Gebäude und Tempel rund um das rechteckige Forum. Im 7. und 6.Jh. v.Chr. kreuzten sich hier die Handelsstrassen nach Neapolis, Nola und Stabiae. Auch war die Anlage nicht so regelmässig, wie sie heute erscheint. Dies wurde erst Ende des 2.Jh. oder Anfang des 1.Jh.v.Chr. durch bauliche Massnahmen erreicht. Wohl war das Gesamtausmass kleiner und der Platz stellte auch kein Rechteck, sondern vielmehr ein Polygon dar. Zumindest der Apollotempel konnte - im Gegensatz zu später - direkt und offen vom Forum aus betreten werden. Der südlichste Punkt wird die Via Marina - nun zwischen Apollotempel und Basilika gelegen - gewesen sein. Diese Strasse verlief ursprünglich durch das nunmehrige Gebäude der Eumachia.

Blick von der Via dell'Abbundanza zum Forum. Man sieht in der Mitte die doppelten Kolonnaden.
Die strukturierte Fassade rechts gehört zum Gebäudekomplex der Eumachia.

e ludo computatrali "Pompei"

Auch die Via dell’Abbondanza hatte einen anderen Verlauf, ehe man sie im 4.Jh.v.Chr. im Zuge expandierender Wirtschaft in das Forum einband und damit die Länge desselben festlegte. Eine weitergehende Rekonstruktion des alten Pompejier Forums ist jedoch nicht mehr möglich. Ergraben wurden unterschiedliche Pflasterungen, deren älteste aus Sarnokalk in die Zeit vor der Mitte des 2.Jh.v.Chr. stammt. Darüber liegen in gut 40 cm Tiefe grosse Tuff- und Kalksteinplatten. Die letzte Pflasterphase mit weissem Kalkstein datiert in julisch-claudische Zeit, war aber selbst 79 n.Chr. noch nicht beendet worden. Wohl hatte es hier ebenfalls Erdbebenschäden gegeben. An einigen Platten fand man Vertiefungen für ehemals eingelassene Bronzebuchstaben - ein Zeichen dafür, dass das Forum zuletzt auf private Kosten gepflastert worden war und sich der Stifter verewigt hatte.

Blick gen Süden von der Mitte des Forums aus.
e ludo computatrali "Pompei"

Auch nach der Neuausrichtung des Platzes an der Wende zum 1.Jh.v.Chr. blieb Platz für Veränderungen. Nun war es nicht mehr erwünscht, dass sich die Händler mit ihren Karren und Tieren auf dem Forum tummelten. So erhöhte man den Portikus gleich um zwei (ursprünglich waren es drei) Stufen und unterband damit jede Möglichkeit eben einfahren zu können. Zudem errichtete man zwei Ehrenbögen beim Iuppitertempel. Beim nordöstlichen Bogen existieren zwei Nischen für Statuen - wahrscheinlich des Nero und des Drusus. Auf dem Bogen stand eine Reiterstatue des Caligula, wie man aus Funden erschliessen konnte. Alles in allem hatte damit das Forum den Charakter eines vom Rest der Stadt abgehobenen, beinahe abgetrennten Zentrums.

links: Blick zum nordwestlichen Ehrenbogen. Dahinter liegen sowohl der Gemüsemarkt,
als auch die Latrine und das provisorische Aerarium.
rechts: der nordöstliche Ehrenbogen. Dahinter links die Forumsthermen.

e ludo computatrali "Pompei"

Besonders hervorgehoben wird dies durch den an drei Seiten umlaufenden Portikus (errichtet um 100 v.Chr.) in zwei Etagen aus Tuff aus Nuceria. Dieses Gestein war einfach zu importieren und leicht zu bearbeiten. Als letzten Arbeitsschritt überzog man den Säulenkern mit Stuck, sodass er wie heller Kalkstein oder sogar Marmor wirkte. Im Erdgeschoss herrschte eine dorische, im Obergeschoss eine ionische Säulenordnung. Dazwischen brachte man einen Architrav mit Metopen und Triglyphen an. Bestiegen werden konnte das obere Geschoss mittels Treppen an den äusseren Enden und einer in der Mitte. An der Süd- und teilweise auch Ostseite verlief die Säulenreihe doppelt.

Blick gen Norden von jener Stelle aus, an der die Via dell'Abbundanza in das Forum einmündet.
e ludo computatrali "Pompei"

In julisch-claudischer Zeit erneuerte man den Portikus in härterem Travertin. Auch auf das Obergeschoss scheint man nun an der Ostseite verzichtet zu haben. Den letzten Modetrend baute man kurz vor 79 n.Chr. vor dem Marcellum ein: korinthische Säulen mit Kannelierung im unteren Drittel. Die Kapitele waren bei der Verschüttung der Stadt noch nicht fertig ausgearbeitet. Alles in allem besassen die Säulen mehr griechisch-hellenistischen, denn römischen Charakter. In der Zeit, als das Amphitheater noch nicht fertiggestellt - aber auch nachher - war, dienten die Säulenhallen als Zuschauertribünen für Veranstaltungen, die am Forum abgehalten. Das Obergeschoss bot naturgemäss die besten Aussichten.

In seiner Glanzzeit war das Forum von Pompeji mit Ehrenstatuen für Personen und Reiter förmlich übersät. Leider ist keine einzige davon auf uns gekommen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit sind sie beim grossen Erdbeben 62 n.Chr. schwer beschädigt worden. So nahm man sie ab und restaurierte sie an anderen Orten. Einige der Statuen hatte man 79 n.Chr. wieder aufgestellt, doch wurden sie - leicht erkennbar für Familienangehörige aber auch Plünderer - nach der Katastrophe geborgen. So blieben alleine die zahlreichen Sockel erhalten. Diese dienten - wie man aus einem Fresko in Erfahrung brachte - auch der Anbringung von Holzbrettern für öffentliche Bekanntmachungen. Nach dem Erdbeben wurden an der Südseite des Forums vorhandene Sockel versetzt, um für drei grosse Monumente Platz zu schaffen. Das mittlere davon ist als Bogen ausgestaltet und es wird angenommen, dass darauf eine Ehrenstatue des Augustus gestanden hat.

Alles in allem vermittelt das Forum von Pompeji den Eindruck eines typisch römischen Stadtkerns mit griechischem Einschlag. Die intensive Übernahme römischer Bauformen erfolgte interessanterweise bereits in einer Zeit, als die Kontakte zu Rom noch sehr bescheiden waren. Über die Gründe hierfür ist nichts bekannt, doch vielleicht war man einfach von der römischen Ästhetik und deren Kraft verschiedene Baustile zu integrieren egeistert. Erst nach der Kolonieerhebung und in der frühen Kaiserzeit wollte man den römischen Charakter ganz bewusst hervorheben und die Loyalität gegenüber Rom zur Schau stellen.

Das Forum im
Schatten des Vesuvs
e disco televisifico digitale "Pompeji - der letzte Tag"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)