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Wirtschaftsbetriebe in Pompeji

Die Basilica

Die Basilika - eigentlich ein öffentliches Gebäude, jedoch mit stark ökonomischem Hintergrund - dominierte mit ihrer Schmalseite die Südwestecke des Forums und war infolge der Portiken dennoch in den Hintergrund gerückt. Aufgrund der Bautechnik wird davon ausgegangen, dass sie parallel mit der umfassenden Renovierung des Portikus in den Jahren 130 bis 120 v.Chr. und während der ersten Bauphase des Iuppitertempels entstanden ist. Bestätigt wird diese Annahme durch ein Reisegraffito, das in die Stuckschicht des Gebäudes geritzt worden war: C(aius) Pumidius Dipilus heic fuit a(nte) d(iem) V nonas octobreis M(arco) Leipid(o) Q(uinto) Catul(o) co(n)s(ulibus) „Gaius Pumidius Diplilus war hier am 3. Oktober im Konsulatsjahr des Marcus Lepidus und des Quintus Catulus (=78 v.Chr.).“ Zudem waren weitere Graffiti mit oskischen Lettern in den ersten Wandverputz eingeritzt worden und einige Ziegel trugen die oskische Marke N. Pupie, was lateinisch Numerius Popidius - ein Magistrat in der samnitischen Epoche Pompejis - ergibt.

Dieses typisch römische Gebäude diente als öffentlicher Raum für den Handel und die damit verbundene Rechtsprechung. Zahlreiche Graffiti im Stuck erwähnen das Wort basilica und zeugen von der überragenden Bedeutung dieser Einrichtung in der Stadt. Hier wurden nicht nur Handelsgeschäfte abgewickelt, sondern es trafen sich auch die Anwälte mit ihren Klienten. Über den Gebäudetyp selbst ist man aufgrund eines Entwurfs von Vitruv für Fanum sehr gut informiert und das vorliegende Bauwerk in Pompeji stellt den ältesten Beleg dar.

Die Architektur wurde von einer grossen Säulenhalle dominiert. Daneben gab es noch ein tribunal (erhöhte Plattform), auf dem die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Der Eingang befand sich - im Gegensatz zu den üblichen Regeln - an der Schmalseite und auch die Proportionen lassen den Innenraum etwas zusammengerückt erscheinen, was allerdings ausschliesslich in der Rücksichtnahme auf die lokale Baugeografie zurückzuführen ist. Interessant ist, dass dieser frühe Bautypus bereits die spätantiken christlichen Basiliken vorwegzunehmen scheint.

Der Haupteingang lag im Osten in einer Flucht mit den Portiken und wurde von vier massiveren Tuffpfeilern gesäumt. Durch diese gelangte man in das chalcidium (Vorhalle). Seitlich links von diesem Vorraum lag eine längliche, sehr enge Kammer, deren Boden höher als jener der Basilika selbst ausgebracht war und die nur von der südlichen Seitengasse her betreten werden konnte. In ihm fand man einen Brunnenschacht, den man bis in eine Tiefe von 20,55 m ergraben hat aber sicher noch weiter in den Felsen reichte. Daneben existierte noch ein kleines Reservoir, das mit opus signinum (Ziegelpulvermörtel) verkleidet war. Die Gewinnung des Wassers erfolgte mittels eines Schöpfrades. Da das Reservoir höher als der Fussboden der Basilika lag, konnte durch eine Leitung aus Bleirohren in der Südostecke des Gebäudes ein kleiner Brunnen versorgt werden, von dem keine Reste gefunden werden konnten. Es ist deshalb möglich, dass man ihn nach dem grossen Erdbeben von 62 n.Chr. ausgebaut hatte. Dies erscheint umso wahrscheinlicher, als dass man vor der Verschüttung durch den Vesuv dabei gewesen war eine Anbindung an das Aquädukt von Serino vorzubereiten. Dazu wurde bereits ein kleines castellum aquae (Wasserschloss) an der Westseite der Basilika in Angriff genommen.

Blick vom Porticus aus in die Basilica
e ludo computatrali "Pompei"

Die Fassade hinter dem Vorraum gliederte sich durch vier ionische Säulen mit vierseitigen Kapitelen. Die beiden äusseren Säulen hatte man an die Mauern gebaut, sodass von den insgesamt fünf Eingängen die drei mittleren offene Interkolumnien darstellen und die beiden äusseren Türen waren.

Die grosse Halle besass ein Mittelschiff aus 13 mal 4 (Summe: 28) Ziegelsäulen mit attischen Basen. Die Seitenschiffe trugen eine Dekoration aus ionischen Halbsäulen mit dem selben Durchmesser, wie jene beim Eingang. Durch einen kleinen Seiteneingang im Norden konnte man auch von der Via Marina her - sie trennte die Basilika vom Apollotempel - das Gebäude betreten. Ein zweiter in eine Nebengasse führender Zugang befand sich exakt gegenüber an der Südseite.

Die Rückwand im Westen wurde durch einen Schmuckbau mit gut 2 m aufragendem Podium und den sechs Säulen darauf dominiert. Die äusseren Säulen waren jeweils in die Wände des Vorbaus eingelassen. Links und rechts des Podiums lagen noch zwei Räume. Die Eingänge zu diesen säumten je eine übereck gestellte Halbsäule und eine in die Wand eingelassene Säule. Lange Zeit hatte man das Podium für das tribunal gehalten, doch man konnte es überhaupt nicht betreten. Die parallel an der Seite eingelassene Treppen in den Seitenräumen führten nämlich nicht nach oben, sondern in einen unter dem Podium liegenden Raum mit Tonnengewölbe. Dieser wurde von zwei kleinen Fenstern in der Rückwand mit Licht versorgt. Der daraufhin gemachte Vorschlag die tribunalia in den beiden Seitenräumen zu suchen ist zwar grundsätzlich logisch; befriedigt jedoch nicht ganz. Welchen Zweck hätte dann das Podium gehabt? Was es bloss eine aedicula (Nische) mit einer Kultstatue? Mittlerweile wird in Betracht gezogen das Podium wieder als Sitz der Gerichtsverhandlungen und den Zugang über mobile hölzerne Treppen anzunehmen. Die beiden Seitenräume wären dann die Büros gewesen und bei entfernter Treppe hätte man oben ungestört verhandeln können.

Leider hat sich von den aufrechten Teilen des Gebäudes nichts wesentliches erhalten, sodass man bezüglich der oberen Etagen auf Mutmassungen angewiesen ist. So ist es unbekannt welche Kapitelle die inneren Säulen getragen haben und auch ihre Höhe konnte nur ungefähr mit ca. 11 m aus dem Durchmesser errechnet werden. Eine wesentliche Neuerung beim Bau der Säulen war jedenfalls die Verwendung von polygonal zugeschnittenen Ziegeln, die man einfach nur mehr sternförmig anzuordnen brauchte. Eine Überarbeitung vor Ort erübrigte sich damit.

Wie das Obergeschoss und die Überdachung ausgesehen konnte bislang nicht befriedigend eruiert werden. Für die Längsseiten wurden zahlreiche korinthische Kapitelle und Säulenfragmente ergraben, doch ist es unklar wo und wie sie in dem Gebäude ursprünglich platziert gewesen waren. Die heute vorliegende Rekonstruktion zur Sicherung der Bausubstanz stellt im Prinzip nur einen Schuss ins Blaue dar. Aus einer Schichtgrabung konnte wenigstens schlüssig bewiesen werden, dass das Gebäude komplett überdacht war. Zwar gab es um das Mittelschiff einen kleinen Kanal, doch dieser war als rein optisches Element gedacht, da er einerseits zu klein für eine Regenwasserableitung war, andererseits keine Anbindung an ein Abwassersystem vorlag. Mit dem Bau eines allgemeinen Kanals hatte man nach 62 n.Chr. im Zuge der Restaurierungsmassnahmen begonnen. Überraschend war das vollkommene Fehlen von Resten eines Gebälks und der Architraven. Daraus wurde geschlossen, die Basilika habe beim Erdbeben derart grossen Schaden genommen, dass man die obersten Gebäudeteile komplett entfernt hatte und 79 n.Chr. der Baufortschritt noch nicht so weit gediehen war. Inwieweit dies der Realität entspricht ist ungeklärt.

Auch die neuesten Forschungen konnten bislang keine durchgehend stimmige Lösung für den Gesamtcharakter des Bauwerks liefern. Im wesentlichen muss man sich mit einer Kompilation von Einzelerklärungen begnügen. Demnach überragten die Längswände deutlich die ionischen Halbsäulen und wurden im Obergeschoss von verkürzten korinthischen Säulen abgelöst, deren untere Hälften vor die Mauer gesetzt waren. In Summe musste die doppelte Säulenordnung an den Wänden von der Höhe her mit jener der Ziegelsäulen im Mittelschiff korrespondieren. Da es keine Galerie im Obergeschoss gab, wird die obere Hälfte der korinthischen Säulen Raum für grosse Lichtöffnung geboten haben. Auch der Vorbau über dem Podium wies im oberen Bereich eine verkürzte korinthische Säulenordnung als Dekoration auf.

Über allem musste ein hölzerner Dachstuhl gelegen haben. Die Antefixe an den Aussenseiten trugen Akanthusblätter aus denen ein anthemion (Blüte) herauswuchs und deren Mittelteil durch Volutenstängeln eingerahmt wurde. Einige wenige dieser alten Steine wurde aufgefunden; sie trugen die bereits erwähnte oskische Stempelung „N.Pupie“.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aufgrund der räumlichen Enge das Gebäude nicht wirklich harmonisch wirken konnte. Offensichtlich war man sich dessen auch bewusst und hatte versucht dem durch eine reiche Stuckatur und Bemalung entgegen zu wirken. Am interessantesten für die Archäologe erwiesen sich die erwähnten Graffiti mit allerlei Hintergrund von politischer Aussage über Anwesenheitsmanifestationen bis hin zu witzigen Anmerkungen und derb-erotischen Anspielungen. Abschliessend hier zwei bemerkenswerteren Sorte: L.Istacidi! At quem non ceno bararus ille mihi est. „Lucius Istacidius! Wer mich nicht zum Essen einlädt, ist für mich ein Barbar.“ und Quisquis amat veniat. Veneri volo frangere costas. Fustibus et lumbos debilitare deae: Si pot(is) illa mihi tenerum pertundere pectus. Cu(r) ego non possim caput ill(i) frangere fuste? „Wer liebt, komme hierher. Ich will der Venus die Rippen brechen mit Prügeln und der Göttin die Lenden lähmen: wenn sie mein zartes Herz treffen kann, warum kann ich ihr nicht den Kopf mit einem Prügel einschlagen.“

Blick vom Sommertriklinum
 in den Schankraum
im Thermopolium an
der Via dell'Abbondanza

e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)