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Wirtschaftsbetriebe in Pompeji

Angebliche Bäckerei des Sotericus

An der Via dell'Abbondanza gab es nur eine Bäckerei und auch sie scheint erst nach dem grossen Erdbeben von 62 n.Chr. in zwei restaurierten Häusern eingerichtet worden zu sein. Interessanterweise gab es keinen Verkaufsraum, sodass von einem reinen Lieferservice auszugehen ist. Insgesamt hat man bislang 31 Bäckereien/Konditoreien in Pompeii ergraben und davon gibt es lediglich 13, welche wie die vorliegende direkt mit einer Wohneinheit verbunden waren.

links: die Bäckerei von aussen direkt an einem öffentlichen Brunnen gelegen
rechts: der Verarbeitungsraum der Bäckerei; durch die Tür im Hintergrund gelangte man zu den Mühlen

e ludo computatrali "Pompei"

Wegen des vor der Tür befindlichen öffentlichen Brunnens sprang die Fassade an dieser Stelle etwas zurück. Im ersten Stock gab es ein in Pompeii einzigartiges Fenster mit vier Öffnungen und ein Balkon konnte ermittelt werden. Die Bäckerei selbst umfasste vier Mühlen in diversen Grössen mit Bleiplatten zum Sammeln des Gemahlenen.

Neben dem imposanten Ofen fand sich der für den Backvorgang nötige Wasserbehälter. Das panificium (Zubereitungsraum) war mit Tischen, Regalen und diversen Werkzeugen ausgerüstet. Im hinteren Teil gab es noch einen Stall für die Esel, welche die Mühlen betrieben. Zwei enge Kammern wurden als horreum (Getreidespeicher) und als ein Schlafplatz für Sklaven identifiziert.

zweifacher Blick durch den Raum mit den catilli (Getreidemühlen)
e ludo computatrali "Pompei"

Leider fanden sich in der Bäckerei keinerlei Hinweise auf den Besitzer des Betriebes. Deshalb hatten sich die ersten Ausgräber an eine Wahlempfehlung an der caupona (Schänke) vis-à-vis gehalten und sowohl die Taverne, als auch die Bäckerei dem Sotericus zugedacht. Dies wurde auch damit begründet, dass es beim Gewerbebetrieb keinen Verkaufsraum gab und somit wohl das Brot im Lokal verkauft wurde. Inwieweit dies der Wirklichkeit entsprach kann nicht mehr eruiert werden und ist noch immer ein Streitthema.

Bäckerei

Die an einer Querstrasse der Via della Fortuna gelegene Bäckerei war mit dem Wohnhaus des Numerius Popidius Priscus verbunden, sodass zumindest von einer Beteiligung des Mannes an diesem Betrieb ausgegangen wird. Möglicherweise wurde das Geschäft von einem seiner Freigelassenen geleitet.

Wie bei der angeblichen Bäckerei des Sotericus verfügte auch diese Bäckerei über keinen Laden für Kunden. Somit ist von einem Lieferservice und Grosshandel - d.h. Abgabe an libarii (selbständige Brotverkäufer; sowohl als Hausierer als auch mit festen Standplätzen) - auszugehen. Für deren Tätigkeit gibt es in Pompeii mehrfachen Beleg in Graffitiform. Gleich hinter dem Eingang standen vier catilli (Getreidemühlen) - dies war die typische Betriebsgrösse pompeiianischer Bäckereien - und an der rechten Mauer entsprechend vier grob gemauerte Stützen für Tische.

In einer quadratischen Räucherkammer stand der Backofen mit konischer Kuppelhaube. Er war in opus caementicium (Gussmauerwerk) ausgebracht worden und besass zusätzlich eine Schicht aus Kalk und Tonscherben. Die Kammer besass einen die Luftzirkulation fördernden Rauchabzug. Die Vorderseite des Ofens war aus Ziegelsteinen gemauert und in ihnen eine Öffnung zur Feuerkontrolle und natürlich zum Backen eingelassen. Der Kamin lag zwischen den Ziegeln und dem Ofen selbst. Neben der Anlage konnte ein Sockel ergraben werden, welcher ein Gefäss für das notwendige Wasser beherbergte.

Links vom Ofen befand sich das Depot für die fertigen Brote und daneben vermutlich ein horreum (Getreidespeicher). Solche Kornkammern liessen sich bislang nur selten und dann auch sehr schwer nachweisen. Auch gab es nur wenige dolia (Tonfässer), die der Lagerung vor Ort dienten. Da bislang keine öffentlichen Speicher ergraben wurden, geht man davon aus, dass die Landgüter bzw. Bauern ihr Getreide direkt und nach Bedarf an die Bäckereien lieferten. Somit lagerte das Getreide stets bei den Produzenten. Längerfristige Vorratshaltung scheint unbekannt gewesen zu sein, was auch auf eine hohe Versorgungssicherheit hinweist. Um das Getreide beständig in die Stadt zu schaffen, bedurfte es eines eigenen Gewerbes: Die saccarii (selbständige Lastträger) transportierten es in Säcken oder aber offen in Körben zu den Abnehmern. Um es zu reinigen musste das Getreide zuerst gewaschen werden, was in der vorliegenden Bäckerei in einem gemauerten Becken in einer Ecke des Portikus gemacht worden war.

Bäckerei in der Insula Arriana Polliana

Die in der Insula Arriana Polliana und an der Via Consulare nahe des Forums gelegene Bäckerei umfasste drei catilli (Getreidemühlen). Durch die Lage an einer Einfallstrasse zum Forum hin hatte man sich auf den Ladenverkauf spezialisiert. Bekannt wurde die Bäckerei durch eine Travertinplatte über dem Ofen, die neben dem Relief eines Phallos noch den Text Hic habitat felicitas „Das Glück wohnt hier“ trug. Er schützte nicht nur den Ofen, sondern die symbolische Zeugungskraft wurde dadurch auch auf die Brote übertragen: Man hatte quasi das Getreide „vermehrt“; d.h. qualitativ zu Brot verbessert.

Die Bäckerei des Modestus

Diese im hinteren Teil eines Wohnhauses mit Atrium untergebrachte Bäckerei verfügte lediglich über einen catillus (Getreidemühle). Als der Vesuv ausbrach war man gerade dabei gewesen Brote zu backen. Im Ofen konnten so 81 verkohlte Brote ergraben werden. Sie waren rund und wurden mittels vier Querkerben in Achtelstücke geteilt. Dieser Fund prägt bis heute das Bild von der Form der römischen Brote.

Garumfabrik der Umbricii

Im an der südlichen Parallelstrasse zur Via dell'Abbondanza gelegenen Wohnhaus war zur Zeit der Verschüttung durch den Vesuv - wie in vielen anderen auch - ein „geruchsintensiver“ Gewerbebetrieb untergebracht: nämlich eine Garumfabrik.

Das Haus betrat man durch den Laden, in dem das garum (fermentierte Fischsauce) verkauft wurde. Durch ein weiteres Zimmer gelangte man in einen Hof, um den sich die meisten Räume gruppierten. An der Rückseite des Hofes fand man illusionistische Gartenmalerei, die an den dahinter liegenden Garten anschloss.

Linkerseits des Hofes ergrub man eine kleine Küche mit auf weissem Grund gemaltem Lararium. Auf dem Herd stand noch ein dreifüssiges Gestell mit einem Gefäss darauf. Im benachbarten Zimmer konnten Malereien im fortgeschrittenen Dritten Stil freigelegt werden: sehr feine Ornamente in Rot, Schwarz und Weiss rahmen mehrere Landschaftsidyllen ein.

Im Hof fand man sechs grosse verschlossene dolia (Tonfässer), in denen man Ablagerung von Garumsauce fand. Der Garten wurde zum Reinigen und Ab- und Umfüllen der Fässer verwendet. Entsprechend sah die Fundlage aus: zahlreiche umgestülpte Amphoren, Fässer und Krüge sowie ein Trichter. Aufgrund einiger Vermerke an den Amphoren konnte der Inhaber ermittelt werden: Aulus Umbricius Scaurus. Er betrieb das Unternehmen mit einigen seiner Freigelassenen, die als Teilhaber aufscheinen. In einem anderen nahegelegenen Haus fanden sich in der Mosaikeinfassung die Abbildungen von zwei Garumtonnen und eine trug die Aufschrift G(ari) F(los) Scombri Scauri „Aus Makrelen hergestellte Premium-Fischsauce des Scaurus“. Möglicherweise wohnte der Unternehmer in diesem Haus.

Die von ihnen hergestellte Fischsauce war über die Campania hinaus bekannt und ob ihrer Qualität geschätzt - sogar in Rom gab es Abnehmer. Dieser unternehmerische Erfolg der Familie der Umbricii fand auch Niederschlag in einem imposanten Grabmonument vor der Stadt und im Bestreben in der Politik Fuss zu fassen. In neronischer Zeit schaffte es der genannte Unternehmer in das Amt eines Duumvirn.

Weingarten mit Sommertriklinium

Die an der Via dell'Abbondanza und unmittelbar am Sarnotor gelegene Anlage war besonders ordentlich errichtet worden und gliederte sich in zwei Bereiche; den Weingarten und die zugehörigen Gebäude. Die ca. 4000 Rebstöcke waren als vitis compluviata (von Pergolen geschützte Rebe) ausgebracht worden und standen lehrbuchmässig in vier Fuss (118 cm) Abstand zueinander. Zwei ebenfalls durch Pergolen beschattete Wege teilten das Areal in vier Bereiche. Die Reste der Pfähle konnten ergraben werden und zeigten, dass diese viertelkreisförmig gewesen waren. Der Rebenertrag wird auf ca. 16 Tonnen, jener des Weines auf gut 9000 Liter geschätzt.

Neben den Rebstöcken konnten auch die Stümpfe zahlreicher Obst- und Olivenbäume gefunden werden, die in Abweichung zur sonstigen peniblen Ordnung mehr oder minder wahllos in der Anlage herumstanden. Die meisten wurden nach dem grossen Erdbeben von 62 n.Chr. gepflanzt und sollten vermutlich in späterer Zeit veredelt werden um dem Garten einen zusätzlichen Ertrag abzuringen. Weiters besteht die Vermutung, dass zwischen den Reben auch Gemüse gepflanzt wurde.

Die südöstliche Wand grenzte an den Platz rund um das Amphitheater und in ihrer Mitte gab es eine Tür um eben dorthin gelangen zu können. Gleich daneben fand sich ein Sommertriklinium mit einem kleinen Podium für die Platzierung von Lampen.

Ein zweites derartiges Triklinium fand sich bei den Räumlichkeiten mit der Weinpresse. Um die Pfähle einer (mobilen?) Pergola im Boden zu verankern waren fünf halslose Amphoren vergraben worden. Neben der Presse existierte noch ein ein Lagerraum mit zehn dolia (Fässer) für den Gärungsprozess. Jedes von ihnen umfasste ca. 1000 Liter und konnte den gesamten Ernteertrag eines Jahres aufnehmen. Zur Via dell'Abbondanza hin gab es noch Läden, von denen einer mit einem Tresen die typischen Merkmale einer caupona (Schänke) aufwies. Möglicherweise wurde hier der „um das Eck“ gekelterte Wein ausgeschenkt.

Interessant gestaltete sich noch der Fund von einigen wegen des Markes aufgeschlagenen Tierknochen von Rind, Pferd und Schwein. Sie waren also Teile einer Mahlzeit gewesen. Aber es gab auch noch Knochen von je einem Hund, einer Katze und einem Eber.

Die Ausgrabungen dieses Komplexes wurden übrigens unter amerikanischer Leitung in den Jahren 1966, 1968 und 1970 vollzogen und brachten etwa die Hälfte der Weinstocklöcher zum Vorschein. Ein Teil liegt noch unter der Erde (Stand Ende 1999).

Sommertriklinium

Das hinter der grossen Palästra gelegene Areal bestand aus einem Garten samt inmitten dessen gelegenem überdachten Sommertriklinium. Das Dach mit vier in grün gehaltenen Säulen wurde nach den Ausgrabungen der Jahre 1954/55 rekonstruiert. Es gab zwei Nischenbrunnen, die mit farbigen Mosaiken im üppigen Vierten Stil dekoriert waren. Sowohl Brunnen als auch Triklinium sind an den Seiten mit eleganten Gartenmalereien verziert, von denen besonders ein profilierter Pfau hervorsticht.

Das Sommertriklinium von aussen mit Eingang. Die Mauer links gehört zur Umfassung der grossen Palästra.
e ludo computatrali "Pompei"

Die Brunnen verfügten über je einen gemauerten Wasserbehälter, der mittels einer kleinen rückwärtigen Treppe erreicht werden konnte. Bei der Ausgrabung waren sämtliche Leitungen und Armaturen aus Blei noch vorhanden gewesen. Zudem verlief ein Hauptstrang der städtischen Wasserleitung quer über das Grundstück.

Über den Verwendungszweck kann lediglich spekuliert werden, doch da es zur Palästra hin einen Eingang gab und gleich zwei Brunnen vorhanden waren, wird von einer Art Restaurationsbetrieb - Speisereste fanden sich jedoch keine - ausgegangen. In ihm hätten sich dann die Besucher der Palästra - oder auch des weiter entfernten Amphitheaters - erfrischen können. Eine private Nutzung ist ebenfalls denkbar im Sinne von einem Festgelände für geschlossene Gesellschaften nach den Spielen.

Blick vom Sommertriklinum
 in den Schankraum
im Thermopolium an
der Via dell'Abbondanza

e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)