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Gaius Flavius Valerius Constantinus (Konstantin d.Gr.)

Herrschaft II (Vollendung der Diocletianischen Ordnung)

Nachdem Constantinus die Alleinherrschaft errungen hatte, handelte er ganz im Sinne Diocletians und begann dessen vorgesehene Staatsordnung vollends in die Praxis umzusetzen. Dabei schoss er  eindeutig über das Ziel hinaus und verwirklichte Dinge, die einem Diocletian wohl nie eingefallen wären.

Das Heer wurde wieder einmal neu geordnet, was sich auch durch zahlreiche Münzinschriften belegen lässt. Der Anteil der Germanen im Heer ging deutlich nach oben, da man von ihren Erfahrungen im Umgang mit den eigenen Landsleuten profitieren wollte. Darüber hinaus erhielten sie Privilegien; besonders ihre Heerführer. Zahlreiche Germanen und Sarmaten bekamen die Erlaubnis auf römischem Boden zu siedeln. Dafür wurden sie in neu geschaffene Infanterie- und besonders Kavallerieeinheiten eingezogen. Parallel entstanden zusätzliche Truppen an den Reichsgrenzen. Sie alle kamen zur mobilen Feldarmee. Diese neuen Legionen bestanden aus 1000 Mann Infanterie samt 500 Mann Kavallerie und erreichten eine seit langem nicht mehr dagewesene Kampfstärke (Inwiefern die alten Legionen ebenfalls nur mehr diese Grösse hatten ist nicht restlos geklärt). Zudem bildeten sie eine strategische Reserve, von der schon Kaiser Gallienus geträumt hatte. Die Feldarmee wurde nun von zwei magistri militum (Heermeister) kommandiert; einer war magister equitum (Führer der Reiterei), der andere magister peditum (Führer der Fusstruppen).

Der Unterschied zwischen comitatenses (Feldsoldaten) und limitanei bzw. ripenses (Grenzsoldaten; letztere an Flüssen) verstärkte sich weiter. Auch im Sold machte sich dies bemerkbar, da letztere weniger erhielten. Grenzsicherung war für Constantinus von vorrangiger Bedeutung und so liess er die Garnisonen in den gefährdeten Gebieten verstärken. Die Veteranen der Grenzer erhielten nun Privilegien, die sie an ihre Söhne vererben konnten. Die Schattenseite davon war, dass die Erben in der Armee zwangsverpflichtet waren. Weigerung wurde streng bestraft, vor allem in den von der unmittelbaren Grenze etwas weiter weg liegenden Gegenden.

Nach dem Fiasko an der Milvischen Brücke bestand die Prätorianergarde nur noch aus Resten und wurde von Constantinus nach über 300jähriger bewegter Geschichte endgültig aufgelöst. Als Ersatz fungierte eine berittene Garde, die noch von Diocletian ins Leben gerufen worden war und sich fast ausschliesslich aus Germanen rekrutierte. Die vier Prätorianerpräfekten blieben hingegen im Amt. Wie die Agenden des Stadtpräfekten von Rom hatten sie sich nun hauptsächlich mit Finanzen und Rechtsangelegenheiten herumzuschlagen. Die polizeiliche bzw. militärische Komponente existierte nicht mehr.

Am wirtschaftlichen Niedergang hatte sich bislang kaum etwas geändert und innerhalb der Grenzen des nun wiedervereinigten Römischen Reiches herrschten weiterhin Inflation und Steuerdruck. Die Finanzreform des Diocletian wurde nicht nur exakt umgesetzt, sondern noch ausgebaut. Da dessen Geldpolitik gescheitert war, versuchte Constantinus nochmals einen Neustart. Mit überraschendem Erfolg wurde mit dem Solidus eine neue Goldmünze geprägt. Sie war im Gewicht von 72 Stück auf ein Pfund leichter als der letzte diocletianische Aureus. Was gut für den Handel und die Bezahlung des Staatsapparates war, blieb für die einfachen Bürger praktsich ohne Bedeutung. So wurden die Steuern fast nur noch in Naturalien erhoben und natürlich wieder einmal kräftig erhöht.

Obwohl an der einigermassen gerechten Einhebungspolitik Diocletians eisern festgehalten wurde, kam Constantinus nicht darum herum neue Abgaben einzuführen. Eine davon war das chrysargyron, das alle vier Jahre von den Stadtbewohnern eingetrieben wurde. Das grosse Problem war, dass sie - wie eben der Name „Gold-Silber“ besagte - in eben diesen Metallen zu entrichten war. Trotz aller Drohungen mit Folter beklagten sich die Menschen im ganzen Reich. Mütter verkauften ihre Kinder und Väter zwangen ihre Töchter zur Prostitution, damit sie imstande waren ihren Steueranteil aufzubringen. All dies stand ungeachtet der Auswüchse im Einklang mit Constantinus’ Politik die Steuerlast vom Land auf die Städte zu verlagern. Dahinter mag die Absicht gestanden sein, die daniederliegende Landwirtschaft anzukurbeln.

In der Gesetzgebung erwies sich Constantinus nicht gerade als ein Meister dieses Faches. Die Regelungswut machte vor keinem Bereich des gesellschaftlichen Lebens halt. Hatte Diocletian nur jene Zweige der Wirtschaft zwangsverwalten lassen, die der Versorgung des Staates und des Militärs dienten, so dehnte Constantinus dies auf noch mehr Berufe und Erwerbszweige aus. Die Berufsstände wurden in Zwangskooperationen zusammengeschlossen und die Söhne der Handwerker mussten den gleichen Beruf ergreifen wie ihre Väter. Damit gab es keine freie Berufswahl mehr. Auch auf dem Land wurden die einfachen Bauern noch mehr an die Scholle gebunden.

Viele seiner Gesetze tragen deutlich die Handschrift der neuen christlichen Denkweise. Von den eigenen hohen Moralvorstellungen ausgehend, wurden für viele Vergehen drakonische Strafen angekündigt. Ämterkauf und Korruption waren dabei schon klassische Verbrechen. Juden wurde untersagt christliche Sklaven zu besitzen. Sexuelle Verfehlungen versuchte er mit drastischen Mitteln entgegenzutreten. Vergewaltiger sollten lebendig verbrannt werden. Wenn eine Frau freiwillig mit ihrem Liebhaber sich aus dem Staub machte, landeten beide auf dem Scheiterhaufen. Für den Fall, dass ihre Amme bei dem Vorfall Unterstützung geboten hatte, sollte ihr flüssiges Blei in die Kehle gegossen werden. Eltern, die deshalb versuchten die Verführung ihrer Töchter geheim zuhalten, mussten mit Verbannung rechnen. Selbst Mädchen, die ausserhalb des elterlichen Heimes vergewaltigt wurden, konnten der Strafe nicht entfliehen. Sie hätten ja im sicheren elterlichen Heim bleiben können, so die Begründung der neuen Rechtsprechung.

Die Staatsverwaltung wuchs indes noch mehr an, als unter Diocletian geplant. Die heidnischen Beamten wurden zwar nicht entlassen, doch spielten die Bischöfen in den späteren Jahren seiner Herrschaft eine immer grössere Rolle bei Hof. Im inneren politischen Leben gab sich Constantinus grosszügig. Die Ämterverteilung und Aufnahme in den Senat wurde neu belebt, was dem Gremium etwas von seiner alten Macht zurückgab.

Die konstantinische Verwaltungsreform brachte mehrere neue Ämter hervor. Der magister officiorum kontrollierte die scrina (Wirtschaftsbücher) der kaiserlichen Verwaltung und der quaestor sacri palatii wurde der wichtigste Rechtsberater des Kaisers. Für die Finanzen waren zwei Staatssekretäre zuständig. Der comes rei privatae und der comes sacrarum largitionum beaufsichtigten Einnahmen- und Ausgabenverteilung; darunter die Spenden an das Volk. Die beiden gehörten dem consistorium (Kronrat) an und hatten ihre Position - insofern sie sich nichts zu Schulden kommen liessen - ein Leben lang inne.

Gefährten und Berater der Kaiser hatte es auch schon in der Vergangenheit gegeben. Constantinus schuf nun einen in drei Rängen gegliederten Rat, deren Mitglieder comites (Gefährten) hiessen. Sie waren ihm besonders verpflichtet und übernahmen zahlreiche Regierungsaufgaben. Damit wurde dieses Gremium zum Vorbild und Vorläufer der mittelalterlichen Kronräte. Das von Diocletian eingeführte Hofzeremoniell wurde beibehalten und Constantinus konnte sich als sakrosankte überhöhte Person fühlen, abgehoben von allen anderen gewöhnlich Sterblichen. Um diese Position zu betonen, trug er fortan ein juwelenbesetztes Diadem.

Das Gewicht von Rom innerhalb des Staatsverbandes war lediglich von Maxentius während seiner Herrschaft noch am Leben gehalten worden. Constantinus hatte - wie mancher Kaiser schon zuvor - erkannt, dass sich Rom als Hauptstadt für die Verteidigung aller Reichsgrenzen schlecht eignete. In den ersten Jahren seiner Alleinherrschaft gab es dennoch keinen Ersatz für Rom. Dies änderte sich in den letzten zwanzig Jahren seiner Amtszeit, in welcher er die Stadt nur einmal kurz besuchen sollte.

Der Kaiser residierte je nach Bedarf in Treveri (Trier), Arelate, Mediolanum (Mailand), Ticinum (Pavia), Sirmium (Mitrovica) und Serdica (Sofia). Dieses „Reisekönigtum“ war für ihn aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss und Constantinus suchte sich eine neue fixe Residenzstadt. Am besten war bislang Trier ausgebaut worden, wie man anhand der Reste von Kaiserthermen und einer Basilika noch heute erkennen kann. Doch lag die Stadt zu abseits, um als endgültige Residenz eine Zukunft zu haben.

Seine Wahl fiel auf das seit dem 6.Jh.v.Chr. existierende Byzantion (Byzanz), das strategisch günstig am Bosporus lag und die Trennlinie zwischen Europa und Asien bildete. Nach nur sechs Jahren Bauzeit wurde 330 Constantinopolis (Istanbul) offiziell eingeweiht. Mit ein Grund für diese Entscheidung war das Vorhandensein eines ausgezeichneten Hafens, dem Goldenen Horn. Das Gebiet liess sich leicht sowohl von Land als auch zur See verteidigen. Die wichtigen Wirtschaftszentren Kleinasiens und Syriens sowie die bewährte Kornkammer Ägypten waren leicht erreichbar. In dieser Zeit entwickelte sich auch das Gebiet der heutigen Ukraine zu einem wichtigen Getreidelieferanten.

Die Privilegien Roms wurden nicht beschnitten und Konstantinopel stand trotz eines eigenen Senats und gleichwertiger Einrichtungen lange Zeit hinter der alten Hauptstadt zurück. So wurden etwa mit den Konstantinsthermen die letzten grossen Bäderanlagen errichtet und die Basilica Nova (auch Maxentiusbasilika genannt) fertiggestellt, die sein Kontrahent Maxentius begonnen hatte. Zwei der engsten Verwandten des Kaisers fanden zudem in Rom ihre Ruhestätten in eigens für sie errichteten Mausoleen. Seine Mutter Helena an der Via Praenestina und die Tochter Constantina in der Kirche Santa Costanza.

Aber Constantinus war entschlossen seiner eigenen Stadtgründung den nötigen Auftrieb zu verschaffen. Damit legte er den Grundstein für das spätere Byzantinische Reich, das nochmals gut 1000 Jahre das Weströmische Reich überdauern sollte. Durch diesen Wechsel änderte sich auch die sprachliche Ausrichtung. Rom stand für Latein, Konstantinopel für Griechisch. Augustus’ Wunsch, das Lateinische für alle Zeiten zur herausragenden Sprache zu machen, wurde damit nicht erfüllt (Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die meisten Fremdwörter im Deutschen nicht lateinischen sondern altgriechischen Ursprungs oder zumindest Mischformen.).

Statue des Kaisers Konstantin


 

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(PL)