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Arelate (Arles sur Rhône in Frankreich)

Lage und Ursprung der Siedlung

In antiker Zeit befand sich bei Arelate das weitläufige Sumpfland im Vorfeld des Mündungsgebietes des Rhodanus (Rhone), das von einer Felsformation überragt wurde. Auf diesem errichteten im 6.Jh.v.Chr. phokäische Kolonisten eine erste Siedlung mit Namen Theline. Möglicherweise hatte es dort bereits um das 1.Jt.v.Chr. eine einheimische Ansiedlung gegeben. Bereits 535 v.Chr. vom keltischen Stamm der Salluvii erobert, belebten sie den Platz neu und gaben ihm den Namen Arelate. Die Griechen stifteten neben Theline mit Rhodanousia noch ein weiteres emporium (Marktplatz). Sie zeigen wie wichtig Arelate als Binnenhandelsplatz für das noch freie Gallien und in der Zeit der späten Republik - die Römer eroberten die Siedlung 123 v.Chr. - war.

Einen wahren Boom erlebte Arelate nach der Anlage der Fossae Marianae (Kanäle des Marius), welche die Stadt ab 104 v.Chr. mit dem Golfe de Fos verbanden. Nun konnte man wesentlich leichter in das gut 90 km entfernte Massalia (Marseille) gelangen. Dies konnte Caesar 49 v.Chr. ausnutzen, als ihn die Stadt mit hochseetauglichen Schiffen bei seiner Belagerung von Massalia gegen Pompeius unterstützte. Zur Belohnung erhielt Arelate Gebiete, die zuvor Massalia gehört hatten.

Das römische Arelate

Römischen Charakter erhielt Arelate 46 v.Chr., als Caesar den Tiberius Claudius Nero beauftragte nahe der gallogriechischen Siedlung eine römische Kolonie anzulegen. Man siedelte so Veteranen der legio VI Ferrata an und der Name des Ortes wurde zu Ehren der Iulier und der sechsten Legion zu Colonia Iulia Paterna Arelate Sextanorum (die väterliche Iulische Kolonie der Soldaten der sechsten Legion von Arles) erweitert. Die Gründung der Kolonie stand unter einem guten Stern und Arelate entwickelte sich zum führenden Handelsplatz in der Provinz Gallia Narbonensis. Die Anbindung an die Via Aurelia sowie kaiserliche Förderung unter Augustus tat ihr übriges. Als Stadtfläche nimmt man für damals etwas weniger als 20 ha an; später sollte sich die Fläche verdoppeln. Noch heute folgen die Strassen dem antiken rechteckigen Muster der insulae (Wohnblöcke).

Gegenüber der eigentlichen Stadt am rechten Ufer des Rhodanus gelegen entwickelte sich eine Vorstadtsiedlung (heute: Faubourg de Trinquetaille), die über eine Pontonbrücke erreicht werden konnte. Der Verzicht auf eine Steinbrücke lag in der immanenten Hochwassergefahr begründet. In dieser Siedlung konzentrierten sich Grosshandel und Gewerbe. Hier entwickelte sich nach der römischen Koloniegründung der Hafen von Arelate weiter durch die Anlage von Werften und Lagerhäusern. Etwas ausserhalb davon kamen noch die Häuser der Händler und Handwerker hinzu. Dahinter folgten bereits die landwirtschaftlichen Nutzflächen und Landvillen.

Da bei Koloniegründung rund um die Stadt noch das Sumpfland vorherrschte, konnte man die Nekropolen nicht entlang der Strassen anlegen. Deshalb wich man auf das Gelände südlich und südöstlich der Stadtmauer aus. Jene im Südosten war die bedeutendere von beiden und war wegen der zahlreichen Monumente, Sarkophage und Stelen noch in mittelalterlichen Legenden gerühmt.

Die meisten erhalten gebliebenen Bauwerke aus antiker Zeit stammen grundsätzlich entweder aus der augusteischen oder der konstantinischen Epoche. Eine erste Stadtmauer wurde unter Augustus angelegt und eines der Tore - es wurde halbmondförmig errichtet - markierte den Beginn der Via Aurelia Richtung Osten. Die Stadtgrenze selbst markierten zwei Ehrenbögen aus spätrepublikanischer Zeit und zwar der Arcus Admirabilis (bewundernswerter Boen) im Nordosten und der sogenannte Konstantinsbogen im Südwesten. Die Wasserversorgung erfolgte mittels zweier Aquädukte aus den südöstlich gelegenen Chaine des Alpilles, die sich bei Barbegal trafen.

Das Forum inmitten der Stadt wurde an drei Seiten von ausladenden Kryptoportiken gesäumt und bildete deshalb eine U-Form im Ausmass von 90 mal 60 m mit der Öffnung nach Osten zur aufgehenden Sonne. Licht erhielten die Portiken über Öffnungen und an den Enden erreichten sie ein Podium. Die offene Front wurde von Verkaufsständen gesäumt. Im Westen ausserhalb des Forums fand sich ein grosser gepflasterter Hof, der durch eine Mauer Richtung Süden eine grosse Exedra bildete und in die ein gewaltiges Tor gebrochen worden war. Am anderen Ende dominierten Kolonnaden Richtung Norden. Möglicherweise stand hier auch ein Tempel aus dem 2.Jh.n.Chr.

Gut 300 m östlich des Forums errichtete man - eingebettet in die bereits bestehende Bebauung - ein Theater von 102 m im Durchmesser. Die cavea (Sitzreihen) wurden trotz guten Unterbaus durch eine Böschung mit Bögen als Substruktion versehen. Die frons scenae (Bühnenfassade) wurde nach dem Strassensystem ausgerichtet und die Aussenmauern durch Arkaden verschönt. Im Theater selbst fand man drei Altäre und einige Statuen, von denen die "Venus von Arles" die bekannteste ist. Auch eine Kolossalstatue des Augustus hatte hier ihren Platz gefunden. Als erste Bauepoche wird aufgrund der durchgehenden Verwendung dorischer Elemente das zweite Triumvirat; als Zeitraum der Fertigstellung die Herrschaft des Augustus angenommen.

Weniger als 100 m vom Theater entfernt fand sich das Amphitheater von Arelate mit den Ausmassen von 136,2 mal 106,75 m in der Ellipse. Die Arena wies eine Ausdehnung von 69,1 mal 39,65 m auf. Noch immer stehen zwei Ebenen von 60 Arkaden und damit ist das Amphitheater das am besten erhaltene Bauwerk aus der Antike in Arles. Die unteren Arkaden eröffnen eine weite Galerie, deren Decke eine zweite Galerie trägt. Mittels Treppen und Korridoren gelangte man zu allen Ecken und Enden der cavea. Einige der Sitzplätze der unteren Reihen haben sich noch erhalten; ebenso das ursprünglich mit Marmorplatten verkleidete Podium. Da für die Errichtung des Amphitheaters die Stadtmauer an einer Stelle abgetragen wurde und aufgrund architektonischer Details datiert man das Gebäude in die Zeit der flavischen Kaiser.

Bei Bauarbeiten im 17. & 18.Jh. fand man östlich des Theaters - hier findet sich der höchste Punkt der Stadt - die Reste zweier antiker Bauwerke, die man allgemein als Tempel deutet. Einer davon dürfte der Bona Dea geweiht gewesen sein. Weitere Anlagen zu Ehren gallo-römischer und orientalischer Gottheiten werden quer über das Stadtgebiet verteilt vermutet.

Ausserhalb der Stadtmauern - gut einen halben Kilometer flussabwärts entlang des Rhodanus  - wurde der Circus angelegt. Seine Breite betrug ca. 100 m; über die Länge ist man sich im unklaren. Die Breite der Rennbahn betrug 6 m und als Rennlauflänge nimmt man ca. 400 m an. Als Spina wurde ein Obelisk verwendet. Als Zeitraum der Errichtung gilt das 1.Jh.n.Chr. Die Anlage erfreute sich über die Jahrhunderte äusserster Beliebtheit, denn noch im 6. und 7.Jh.n.Chr. stand der Circus in Verwendung.

Arelate in der Spätantike

Die Blüte hielt sich durchgehend bis in die Spätantike, als Kaiser Constantinus und seine Nachfolger die Stadt zur kaiserlichen Residenz erkoren. Die Zuerkennung sorgte dafür, dass sich Arelate zu einem führenden christlichen Zentrum entwickelte und eine bedeutende Rolle für die Christianisierung Galliens spielte. Als erster Bischof um 225 n.Chr. wurde der Hl.Trophimus genannt. Im weiteren spielte die Kirche auch politisch eine gewichte Rolle. 314 fand in Arelate ein Konzil und 353 eine Synode statt.

Unter diesem Einfluss kam es zu bedeutenden städtebaulichen Veränderungen. In konstantinischer Zeit verdoppelte man den Kryptoportikus an der Nordseite des Forums durch eine Galerie aus Arkaden, die im Osten und Westen zurücklief und ein zweites Forum umfasste. Galerie und Portikus wurden durch ein Bauwerk unterbrochen in dessen Vorfeld vier Säulen standen. Auf dem erhalten gebliebenen Architrav fand sich neben einem Fries auch eine Bronzeinschrift, die Kaiser Constantinus II. nennt, der in Arelate geboren wurde und zu dessen Ehren die Stadt manchmal den Beinamen Constantina trug. Ein anderer bedeutender Sohn der Stadt - jedoch aus der Zeit der Hochantike - war der Philosoph und Redner Favorinus, der um 80/90 n.Chr. hier geboren wurde.

Etwas weiter im Norden gelegen errichtete man Anfang des 4.Jh.n.Chr. eine grosse Thermenanlage, deren Überreste 94 mal 47 m umfassen. In Richtung Rhodanus besass sie eine grosse gewölbte Apsis. Die genaue Ausgestaltung des Ziegelbaus konnte infolge jahrhundertelanger Überbauung nicht genau ermittelt werden. Mit dem Niedergang der römischen Flotte und den steigenden Überfällen auf den See- und Flusshandel wurde im Laufe des 4.Jh.n.Chr. Arelate zum Hauptstützpunkt der classis fluminis Rhodani (Flussflotte auf der Rhone). Als Treveri (Trier) Mitte des 4.Jh.n.Chr. als Münzstätte verloren ging, wich der Gegenkaiser Magnentius auf Lugdunum (Lyon) und Arelate aus.

406 n.Chr. verlegte auch der Präfekt der Diözese Gallien seinen Verwaltungssitz von Lugdunum (Lyon) her nach Arelate. Dies stand aber bereits im Zusammenhang mit der beginnenden Auflösung des Weströmischen Reiches. Kurz darauf erwählte der Gegenkaiser Constantinus die Stadt zu seinem Herrschaftssitz, was zu mehrfachen Belagerungen führte. Um 412 n.Chr. zogen die Westgoten nach ihrer Belagerung Roms über arelatisches Gebiet Richtung Tolosa (Toulouse), wo sie einen eigenen Staat gründen sollten. Dabei belagerte der Gegenkaiser Iovinus die Westgoten in der Stadt. Auch in den folgenden Jahren stand Arelate immer wieder im Spannungsfeld zwischen Westgoten und Römern. Ab 443 n.Chr. folgten Angriffe der Burgunder. Das römische Territorium war auf den Streifen zwischen dem Mittelmeer und Durance zusammengeschrumpft.

Die Zeit nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches 

Um 480 n.Chr. verwüsteten die Westgoten das Gebiet um Arelate und die Stadt lag im 5. & 6.Jh. im Grenzgebiet von Westgoten im Westen, dem Reich des Odaker im Osten und den Burgundern im Norden. Theoderich d.Gr. brachte die Provence dem Ostgotenreich ein. Mit dem Sieg der Franken über die Westgoten 507 und die Burgunder 534 fiel die gesamte Provence 536/537 - als ostgotisches Geschenk für deren Neutralität - an das Frankenreich, das damit Zugang zum Mittelmeer erlangte. In karolingischer Zeit. war Arelate ein Erzbistum und erhielt eine romanische Kathedrale. Unter den Merowingern kam es zu Einfällen der Sarazenen, die sich im Südosten des Gebietes auch halten konnten, ehe sie von Karl Martell 737 bis 739 vertrieben werden konnten.

Mit dem Vertrag von Verdun 843 gehörte Arelate zum Reich Lothars I. und mit jenem von Mersen 870 zu Ludwig II., der die italienischen Gebiete beherrschte. Nach dem Zerfall des mittleren Frankenreiches etablierte sich die Stadt 877/879 unter dem König Boso von Vienne als Hauptstadt von Niederburgund, das später eng mit dem Namen von Arelate verbunden werden sollte. In diese Zeit fallen auch Überfälle der Normannen, die über die Rhone bis nach Lyon vordringen. 924 zogen die Ungarn auf ihrem Kriegszug gegen die Franken durch die Provence. 933 wurden Ober- und Niederburgund unter Rudolf II. vereinigt. Unter dem salischen Kaiser Konrad II. gelang 1033 die Verbindung zwischen Deutschem Reich und Burgund, doch ging vieles vom arelatischen Territorium an Frankreich verloren. In diese Zeit fiel auch die Umwandlung des Amphitheaters in eine Festung. Die Grafen von Arles starben 1112 aus und ihre Nachfolge traten die Grafen von Barcelona-Aragon an. 1178 visitierte Kaiser Friedrich Barbarossa eine Stadt, die sich mittlerweile von den politischen und ökonomischen Tiefschlägen erholt hatte. Nun etablierte sich auch ein unabhängiges Stadtregiment, dessen Grundstruktur bis in die Zeit der französischen Revolution Bestand haben sollte. Ab 1481 herrschte in Arles noch das Haus Anjou, ehe die Stadt mit der Festigung des französischen Nationalstaates endgültig an die französische Krone fiel.

Die heute noch sichtbaren Reste des Amphitheaters von Arelate
(c) www.schaetze-der-welt.de

leichter Miliarense zu 3,03 g des Kaisers Arcadius
Münzstätte Arelate

Der Ausrufungspreis dieser Münze beim Wiener Auktionshaus H.D.Rauch
betrug EUR 70,00


Quellen: "Der kleine Pauly", dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Bertelsmann "Das moderne Lexikon", Perseus Digital Library
 

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