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Provinz Germania inferior

Religion

Mit der Eroberung durch die Römer kamen auch deren religiösen Vorstellungen in die germanischen Provinzen. Die Methode, einheimische Gottheiten und Kulte dem griechisch-römischen Pantheon anzugleichen führte zu einem komplexen religiösen Gesamtbild.

Grosser Beliebtheit erfreute sich Merkur, da er zahlreiche Funktionen in sich vereinigte. So wurde er von den antiken Schriftstellern mit den unterschiedlichsten einheimischen Gottheiten (Wotan, Teutates, Esus, etc.) verschmolzen. Im Zweifelsfall kombinierte man einfach die Namen beider Götter, wie bei Mercurius Gabrinius, einer Mischung aus Merkur und dem in der Bonner Gegend verehrten Gebrinius.

Seit 63 v.Chr. stand in Rom auf dem Kapitolhügel eine Säule mit dem thronenden Iuppiter. Sie wurde seit der Zeit Neros vor allem in den germanischen und nordgallischen Provinzen nachgeahmt. Besonders am Land waren derartige Iuppitersäulen üblich. Eine Besonderheit des ostgallischen Raumes waren Säulen mit dem Bild des reitenden Himmelsgottes samt eines sich ergebenden (oder niedergerittenen) Giganten. Hier mischte sich die römische Religion mit der einheimischen. Taranus, dessen Symbol auch das Rad war, und der laut Überlieferung in Form einer Eiche verehrt wurde, glich sich dem Iuppiter an. Die Angleichung der Götterwelten erfolgte keineswegs unter Zwang oder einseitig von den Römern aus. Sie vollzog sich in beiderseitigem Einvernehmen und zeigt auch die Ähnlichkeiten in vielen Kulten auf.

Neben der kapitolinischen Trias (Iuppiter, Iuno und Minerva) und Merkur spielten die anderen Götter des römischen Pantheons eine eher untergeordnete Rolle. Bekannte Kultstätten galten Aesculapius, Vesta, Pluto, Proserpina, Neptunus und Ceres. Sie alle wurden nicht mit einheimischen Göttern verschmolzen.

links: Volcanus auf dem Sockel einer Iuppitersäule, Köln-Weiden, 2./3.Jh.n.Chr.
rechts: Bronzestatuette des Mars, Pommern/Mosel, 2./3.Jh.n.Chr.
e libro [habe ich mir leider nicht vermerkt...]

Mars hingegen erfuhr wiederum eine Angleichung; etwa als Mars Halamardus oder Mars Camulus. Mit Victoria und Hercules wurde ähnlich verfahren. Letzterer galt bei den Germanen als römische Version des Donar. Hercules Saxanus (=der felsenharte) war der Schutzpatron der Arbeiter in den Steinbrüchen.

Apollo wurde vor allem als Heil- und Gesundheitsgott verehrt und verschmolz in dieser Funktion mit dem einheimischen Grannus, der schon Heilquellen seinen Namen verliehen hatte (Aquae Granni). Ihm zur Seite gestellt waren manchmal Sanus (Gesundheitsgöttin), Diana (als waldbetonte Jagdgöttin) und Silvanus (als Gott der Wälder und Fluren). Der Bärenfänger Cessorinius stiftete letzterem in Vetera (Xanten/D) eine Statue. Dem Volcanus entsprach ein lokaler Gott, die namentlich nicht überliefert wurde, den Attributen nach aber als Schlägel- und Hammergottheit bezeichnet wird. Fortuna wurde in zahlreiche Statuetten geformt und galt als Heilgöttin im Gefolge des Apollo. Sie beschützte in Untergermanien öffentliche Bäder. Der Schwerpunkt der Venusverehrung lag nicht in ihrer Funktion als Liebesgöttin, sondern in ihrem breiten einheimischen Bogen als Muttergottheit.

links: Bacchus & ein Satyr in rötlichem Bernstein, 1.Hälfte 3.Jh.n.Chr.
rechts: Bronzestatuette der Victoria, Xanten, 2./3.Jh.n.Chr.
e libro [habe ich mir leider nicht vermerkt...]

An Numen geografischer Begriffe gab es in der Provinz vor allem Rhenus (den Rhein) und Rura (die Rur). Dazu kamen noch Abnoba bzw. Arduinna (die Göttinnen des Schwarzwaldes und der Ardennen).

An Altären sind noch bekannt Fama (Leumund), Fatae (unheilvolles Schicksal), Honos (Ehre) und Favor (Gunst). Speziell hervorzuheben sind noch Sors Classicana (das Schicksal der Rheinflotte) und Dea Virtus (die personifizierte Tapferkeit).

Der einer Gottheit geweihte Orte hiess Fanum (manchmal auch Cella). Rein römische Götter wurden mit klassisch-römischen Bauwerken verehrt. Die einheimischen Tempel hatten hingegen ein anderes Aussehen. Die Cella bestand aus einem turmartigen Gebäude mit zwei Stockwerken und einem offen Säulengang rundum. Ein solches Heiligtum wird als „gallo-römischer Übergangstempel“ bezeichnet. Diese Bauform wurde in der ganzen Provinz zahlreich ergraben. Tempelanlagen in einheimischem Stil beherbergten oft mütterliche Segens- und Fruchtbarkeitsgöttinnen. Die Matronen von Oberitalien bis Britannien weihten dort ihre Gaben meist drei Muttergottheiten. Ihre Namensvielfalt ist sehr gross (über 100) mit eingeschränkter regionaler Kultbedeutung.

Opferszene auf einem Weihealtar, Bonn, 2./3.Jh.n.Chr.
e libro (habe ich mir leider nicht vermerkt...)

Die Zahl der einheimischen Gottheiten, die nicht mit dem römischen Pantheon in Verbindung gebracht wurde, blieb indes ebenfalls nicht unerheblich. Dies bedeutet aber zugleich, dass über ihre Namen und Funktionen kaum etwas überliefert wurde. Bekannt sind etwa Requaliuahanus, Varneno, Hludana, Hurstrga, Iseneucaega, viradegdis, Apadeua oder Sandravdiga. Für sie alle sind Cultores Templi (Tempelpfleger) bezeugt. Sunux(s)al gilt als Stammesmutter der Sunuci, die wohl in der Umgebung von Aachen beheimatet waren. Von überregionaler Bedeutung scheint Vagavercustis gewesen zu sein, da ihr sogar ein römische Prätorianerpräfekt einen Altar stiftete.

Bessere Überlieferungen gibt es bei Epona, der Schutzgöttin der Reisenden, Zug-, Last- und Reittiere, ihrer Führer, Stallungen und Unterkünfte. Epona wurde ursprünglich in Tiergestalt als Stute verehrt, bevor sie unter römischem Einfluss zur Reitergöttin mutierte; dargestellt zwischen zwei Pferden oder Maultieren sitzend, die ihr aus der Hand frassen oder reitend im Damensattel und mit der Mähne in der Hand. Als keltische Göttin besass sie provinzübergreifende Bedeutung von Germanien über Gallien, die Donauprovinzen bis hin zu Oberitalien und sogar Rom selbst.

Ebenfalls gut bekannt ist Nehalennia, eine Beschützerin der Kaufleuten und Händler die entlang des Rheins bis nach Britannien schipperten. Die Britannienkaufleute schworen bei Nehalennia vor der Abfahrt einen Altar für den Fall zu setzen, falls die Überfahrt gelänge und die Waren sicher in Londinium (London/GB) ankämen. Sie hatte nur regionale Bedeutung. Ihre Darstellung ist in der Regel matronenhaft (=sitzend) mit der linken Hand einen Früchtekorb umfassend und mit der rechten eine grosse Frucht haltend. Ein Fuchshund zu ihren Füssen ist ihr ständiger Begleiter. Dazu kamen noch andere überquellende Fruchtkörbe. In spezieller Funktion konnte sie auch stehend dargestellt werden, mit dem linken Fuss auf einem Schiffsbug. Manche Altarseiten zeigen ein Steuerruder.

Weihealtar der Nehalennia, um 200 n.Chr.
e libro (habe ich mir leider nicht vermerkt...)

Mit den römischen Göttern hielten auch orientalische Mysterienkulte Einzug in den germanischen Provinzen. Der Kybele-Kult ist durch das Taurobolium (Blutstaufe) in Neuss archäologisch erwiesen. Das Zentrum des Isis-Kults dürfte Agrippina (Köln/D) gewesen sein, wo sie als Myrionyma (Isis mit den 10.000 Namen) verehrt wurde. Belege gibt es auch für die Verehrung des ägyptischen Himmels- und Sonnengottes Ammon (meist mit Iuppiter gleichgesetzt) und dem Iuppiter Dolichenus, der besonders beim Heer beliebt war. Von letzterem sind Kultstätten in Vetera (Xanten-Birten/D), Agrippina (Köln/D) und Rigomagus (Remagen/D) identifiziert worden. Dargestellt wurde er mit phrygischer Mütze, Doppelaxt und Blitzbündel in den Händen und auf einem Stier stehend.

Der wichtigste Mysterienkult in Untergermanien war der des persischen Lichtgottes Mithras. Die Zahl der belegten Kultstätten ist jedoch bei weitem nicht so gross wie in der Nachbarprovinz Germania superior. Die Orte der Verehrung waren klein und einer Höhle nachgebildet, die das Himmelsgewölbe darstellten. Interessant ist, dass bei einer Vergrösserung der Gläubigen nicht die Kultstätte vergrössert, sondern eine neue geschaffen wurde. Für Köln sind alleine drei Mithräen bekannt, weitere in Belgica (zw. Euskirchen-Billig und -Rheder/D), Durnomagus (Dormagen/) und Traiana (Xanten/D). Da der Kult der grösste Konkurrent des Christentums war, wurden später alle Mithräen systematisch zerstört.

Die ersten christlichen Gemeinden soll es in den germanischen Provinzen bereits Ende des 2.Jh.n.Chr. gegeben haben. Die erste ergrabene christliche Kirche ist für Köln unter dem heutigen Dom bezeugt; die meisten aber waren Cellae Memoriae (Gedächtniskapellen) auf Friedhöfen. Fast alle untergermanischen Kirchen hatten ihre Existenz solcher Friedhofskapellen zu verdanken. Sie bildeten denn auch oft den Kern der mittelalterlichen Städte, wohingegen die Römersiedlungen aufgegeben wurden und heute in mancher städtischer Randlage zu finden sind.

Grabbauten mit entsprechender Ausstattung je nach dem Besitz des Toten sind für die gallischen und germanischen Provinzen typisch. Besonders reich sind Beigaben im gallisch-germanischen Grenzgebiet; wohingegen sie dem Rhein hinauf wieder abnehmen. Gräber wurden konsequent ausserhalb der Stadtmauern angelegt. Die Ausnahme Traiana (Xanten/D) rührt von sehr alten Gräbern aus der Zeit vor der Stadtgründung her, wo es bloss einige Gehöfte in der Gegend gab. In Köln konzentrierten sich die Friedhöfe (mit einer Ausnahme von Gräbern vor der Siedlungsgründung) um die Stadt an den Ausfallsstrassen. Ähnlich verfuhr man auch an den anderen Orten.

An Bestattungsarten kamen in Untergermanien sowohl Sepelire (zu Grabe tragen) und Urere (verbrennen) vor, wobei letztere in den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten überwog. In der 2. Hälfte des 3.Jh.n.Chr. hatte sich die Körperbestattung endgültig durchgesetzt. Die Kontinuität der Gräber auf den Friedhöfen reicht von der frühen La-Tene-Zeit (ca. 300 v.Chr.) bis in die christliche Epoche. Dies kann nur dadurch erklärt werden, dass sich die Bestattungsriten der Germanen und Römer nicht wesentlich unterschieden haben dürften.

Viele Gräber in Gallien und den germanischen Provinzen wurden reich mit Beigaben versehen; vor allem bei Frauengräbern. Männer erhielten nur dann Beigaben, falls sich in der Gegend keltisches Brauchtum erhalten hatte, Werkzeuge und ähnliches Gerät mit ins Grab zu leben. Soldaten gab man keine Waffen ins Grab, da diese nicht Privat- sondern Staatseigentum waren. Echt römisch hingegen war die Beigabe von Lampen, die dem Toten als Lichtquelle im Dunkel des Jenseits dienen sollte.

Besonders reiche Hügelgräber fand man im Gebiet westlich der mittleren und unteren Maas, was auf starken keltischen Einfluss zurückzuführen sein dürfte. Solche Bestattungen sind namenlos und entsprechen nicht dem römischen Sinn nach Erinnerung durch die Nachfahren. So sind die zahlreichen steinernen Grabmonumente das sichtbarste Zeichen der Romanisierung der Provinz Untergermanien. Die ersten Grabsteine wurden noch importiert; später entstanden entlang des Rheins zahlreiche Werkstätten um den Bedarf zu decken. Immerhin machen Grabsteine den grössten Fundbestand in Museen aus! Aus dem griechischen Raum wurden schliesslich Hypogäen (unterirdische Grabkammern) übernommen, wovon alleine in Agrippina (Köln/D) wenigstens neun nachgewiesen werden konnten. Auch diese waren über die Jahrhunderte in Gebrauch.

Iuppiter-Säule aus Bonna, 3.Jh.n.Chr.
e libro [habe ich mir leider nicht vermerkt...]


 

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(PL)