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Diana

Diana ist eine italische Natur- und Fruchtbarkeitsgöttin und Helferin bei Geburten. Sie wurde ob der gemeinsamen Wurzeln schon in früher Zeit mit der Artemis gleichgesetzt und so zur Zwillingsschwester des Apollo gemacht. Fortan wirkte sie als Schutzherrin der Frauen und der Jagd. Wie ihr griechisches Pendant war sie auch Mondgöttin und der Kult der Luna ging auf sie über. Ihr Name lässt sich auf das Wort dium zurückführen, was so viel wie "heller Himmel" bedeutet. Da aber beispielsweise der Mond ja in der Nacht scheint, dürfte es sich dabei um eine in Götterkreisen weitverbreitete Form des Euphemismus (= Verwendung positiver oder gegenteiliger Ausdrücke um einen negativ besetzten Ausdruck zu vermeiden) handeln.

Die Verehrung der Diana (wie die des Mars und des Iuppiter) war bei allen italischen Stämmen Gemeingut. So dürfte sie auch den gleichen Weg mit der Einwanderung der Stämme in Italien genommen haben. Ihre Riten besitzen eine ähnliche Urtümlichkeit, wie die des Mars und des Iuppiters. Der griechische Einfluss auf Diana blieb deshalb äusserst gering. Wie der Kriegsgott scheint sie eine Vorliebe für die Iden eines Monats als Zeit der Feste gehabt zu haben, denn ihr Hauptfest wurde am 13. August begangen.

Die Attribute der Diana sind typisch römisch und haben mit denen der griechischen Artemis nur wenig gemein. Die Göttin trägt gerne eine Stephane (= eine Art Kranz) mit hohen Strahlen oder Zacken im langen, offenen Haar. In der linken Hand hält sie ein mächtiges venabulum (= italische Stosslanze zur Wildschweinjagd). Hunde und Jagdtiere waren ihre Begleiter. Im Heiligtum thront sie wie die meisten anderen Götter auch. Pfeil und Bogen hat sie - zumeist wegen der Lanze - abgelegt. Viele Statuen zeigen Diana in kurzem Rock (Saum knapp über den Knien) und hohen Jagdstiefeln. In ihrem heiligen Hain wuchsen Pinie, Quitte, Granatbaum und Eiche. Da diese Bäume immer reiche Frucht trugen, wurden sie als arbores felices (= glückliche Bäume) bezeichnet.

Bronzestatuette der Diana mit Hirsch und Löwe (frühe Kaiserzeit)marmorne Hausstatue der Diana aus Ostia (2. Jh. n.Chr.)

(Links: Bronzestatuette der Diana mit Hirsch und Löwe (frühe Kaiserzeit);
Rechts: marmorne Hausstatue der Diana aus Ostia (2. Jh. n.Chr.))

Diana ist eine Göttin  mit manchmal unheimlich wirkenden Zügen. Die augenscheinlichen Ähnlichkeiten mit Artemis rühren aus den gleichen prähistorischen Wurzeln beider Gottheiten. Diese liegen in der neolithischen Epoche der Jäger und Sammler. So wachten die Vorgängerinnen von Diana und Artemis zu jener Zeit über die festen Regelungen, nach denen Schlachtungen von erlegten Tieren vor sich gehen durften.

Jede Tötung eines Tieres ausserhalb des Ritus wurde von Diana bestraft. Zugleich sorgte sie einem echten Jäger gleich für den Nachwuchs des Wildes. Infolge der engen Verbindung von Tier und Mensch wurde sie auch zur Geburtsgöttin bei den Menschen und zeitweise mit Juno Lucina, einer alten Geburtsgöttin vom Esquilin gleichgesetzt. Da sie aufgrund ihrer Wurzeln auch nicht zwischen Freien und Unfreien unterschied, wurde ihr Fest besonders von den Sklaven gefeiert.

Kultplätze dienten so bis in römische Zeit als Versammlungsort für Speise- und Opfergemeinschaften. Die Haingöttin von Aricia, Diana Nemorensis, war das Zentrum des latinischen Bundes, dessen Mitglieder sich in ihrem heiligen Hain versammelten. Der Hain durfte von Pferden nicht betreten werden, was auf eine Zeit vor der Pferdezucht in Italien zurückgehen dürfte. Hier liegt auch eine Parallelentwicklung mit dem Pferdereitverbot des Flamen Dialis in Rom vor.

Der nemus (= Hain) der Diana in Aricia war gleichermassen ein Asyl für flüchtige Sklaven. Die Priester nannten die Flüchtigen sogar cervi (= Hirsche). Einer dieser Priester war sogar selbst ein geflohener Sklave, der sein Amt nur dadurch erreichen konnte, indem er seinen Vorgänger unter dem "Wohlwollen" der Diana Nemorensis im Duell tötete. Die Römer fassten diese Episode als barbarisches Menschenopfer auf.

Diana war auch eine der beliebtesten Gottheiten der Plebejer, da sie beim ersten Auszug des Plebs zum Aventin gezogen sein soll. Dort lag nicht nur ihr Tempel, sondern auch der der Minerva. Wie bei Hercules, Mercurius und Vesta kommen vermehrt Rundtempel bei ihrem Kult vor.

Als der Ruhm des Artemis-Tempels in Ephesos (immerhin eines der sieben Weltwunder der Antike) bis nach Rom gedrungen war, beschloss der regierende König Servius Tullius der Diana ebenfalls einen grossen Tempel errichten zu lassen. Er wollte damit erreichen, dass die Städte des Latinischen Bundes genauso beschützt werden sollten, wie die griechischen Städte Kleinasiens. Der Bund entsprach dem Ansinnen des Königs und genehmigte einen Bau auf dem Aventin. Die Gründung des Altars wurde mit der lex arae Dianae in einem eigenen Gesetz niedergeschrieben. Noch in der Kaiserzeit wurde bei Stiftungen zugunsten des Kultes dieser Text konsultiert. Ausserdem wurden Vertragstexte - manche sogar noch aus der Zeit der frühen Republik - im Tempel aufbewahrt.

Lange Zeit wurden an diesem Tempel das bucranium (die Hörner jener Kuh, die der Diana zum ersten Mal geopfert worden war) gezeigt. Dem Besitzer des Tieres, einem Sabiner,  war prophezeit worden, dass dieses Opfer grosse Macht und das imperium verleihen würde. Die Priester des Tempels überlisteten jedoch den Bauern und opferten das Tier im Auftrag des Königs, der so seine Macht festigen konnte.

Ein häufiger Beiname der Diana ist Trivia, die Dreiwegsgöttin. Diese Bezeichnung rückt sie in den Machtbereich der griechischen Hekate. Im Heiligtum der Diana am Nemisee (Zypressenhain von Aricia) in den Albanerbergen stand eine Diana Trivia. Dort soll ihr Virbius als erster Priester gedient haben, der später ebenfalls zum Gott und daraufhin ihr Kultpartner wurde. Livius nennt diesen listigen Priester einen antistes und nicht einen flamen. Dies deutet darauf hin, dass der Dianakult in Rom erst eingeführt worden war, nachdem die klassischen Priester (flamines) bereits festgestanden haben.

Der schwache griechische Einfluss wurde nur durch die Neuorientierung der römischen Religion im Zwölfgötterkreis erweitert. Seit den Götterbewirtungen von 217 v.Chr. war sie mit Apollo gruppiert; zuvor hatte Hercules als ihr Partner beim Göttermahl fungiert. Mit dem Dianakult kam die ebenfalls in Aricia verehrte Quellnymphe Egeria nach Rom. Sie erhielt eine eigene Kultstätte vor der Porta Capena unterhalb des Aventin.

Seit der frühen Kaiserzeit konnte Diana auch den Beinamen Cornificiana für sich in Anspruch nehmen. L. Cornificius war 36 v.Chr. ein Admiral des Augustus in der Seeschlacht von Naulochos an der sizilianischen Küsten in der Nähe des lokalen Artemisheiligtums. Dieser liess in Rom einen Dianatempel neben dem der Minerva errichten. Seine Existenz ist nur durch ein Bruchstück eines frührömischen Stadtplans bezeugt. Das Gebäude war als Pendant zum Apollotempel auf dem Palatin entworfen und wurde sein 17 v.Chr. in mehreren Zeremonien mit einbezogen.

Das zweitälteste Heiligtum der Diana in Rom wurde durch den Censor M. Aemilius Lepidus 179 v.Chr. am südlichen Marsfeld eingeweiht. Durch die rege Bautätigkeit der folgenden Jahrhunderte wurden jedoch grosse Teile des Tempels im Laufe der Zeit geschliffen. Das mag auch darauf zurückzuführen sein, dass die dort verehrte Diana stark hellenistische Züge hatte. Lepidus hatte ihr im Krieg gegen die Ligurer im Siegesfalle den Tempel versprochen. Da er mit den klassisch-hellenistischen Verhältnissen vertraut war, stiftete er das Heiligtum im Einklang mit Artemis, die als Siegesbringerin in den Perserkriegen galt. Diese Diana war mehr eine Schwester der Mars als des Apollo.

Augustus ordnete auch die Kulthandlungen neu und wies dabei Diana in den Bereich des Apollo. Sie bildete fortan eine Trias mit Bruder Apollo und Mutter Latona. Der Kaiser nahm sie danach mit ihrem Bruder in seine Penaten auf. Auch in vielen Lararien fanden sich Dianastatuetten. Während der Kaiserzeit scheint die Darstellung der Göttin zeitweise beliebter gewesen zu sein, als die ihres Bruders.

Der nachantike Dianakult

Als Göttin mit starkem Naturbezug blieb Diana auch nach der zwangsweisen Einführung des Christentums in ländlichen Regionen weiterhin bei den Menschen verhaftet. Im 6.Jh.n.Chr. musste eines ihrer Standbilder von einem Einsiedler zerstört werden, da die Menschen auf dem Land sie dort verehrten. Für Franken ist der Dianakult noch im 7.Jh. bezeugt und auch ein  Bericht aus der Abtei Prüm um 900 nennt den Namen der Göttin: "dass einige verbrecherische Weiber, umgewandt dem Satan nach, verführt durch Illusionen und Phantasmen der Dämonen, vermeinen und behaupten zu nächtlicher Stunde mit Diana, der dea paganorum (= Göttin der Heiden) und einer zahlreichen Menge von Frauen auf irgendwelchen Tieren zu reiten und grosse Räume in der Stille der unheimlichen Nacht zu durchmessen, ihren Befehlen als denen einer Herrin zu gehorchen und in bestimmten Nächten zu ihrem Dienst aufgerufen zu werden."

Um dem Dianakult den Rang abzulaufen, mussten die entsprechenden Festtage zu christlichen Feiertagen (u.a. Maria Lichtmess & Maria Himmelfahrt) umgedeutet und ihr heilige Stätten in christliche (meist ebenfalls Maria-Wallfahrtsorte; z.B. in Ephesos) umfunktioniert werden. Seit dem 17. Jh. erlebte Diana eine gewisse Renaissance, da sie besonders mit der Jagd in Verbindung gebracht wurde. Damen, die sich im Jagdkostüm malen liessen, nannten sich nun ebenfalls Diana. 

Besonderes Augenmerk ist auf die Rolle des Dianakultes im Zusammenhang mit dem Hexenwesen und dem keltischen Erbe zu legen. Es ist interessant, dass sich diese Traditionen hauptsächlich in jenen Gebieten gehalten haben, die zwei Merkmale miteinander verbanden: erstens eine keltische Urtradition und zweitens eine römische Religionssicht. Erst durch die Vermengung beider Welten konnten sich die "heiligen Plätze" (später entweder vom Christentum vereinnahmt oder als Teufelsgegenden verpönt; jetzt als Kraftplätze wiederentdeckt) über die Antike hinaus halten. Damit ist allerdings auch die moderne "Druidentümelei" rund um das keltische Erbe entlarvt, denn die religiösen Vorstellungen der Germanen, Kelten, Griechen und Römer haben sich unter der Herrschaft Roms zu einem einzigen Konglomerat vereinigt.

Büste der Diana vom Aventin mit angedeutetem bucranium (81 v.Chr.)

Büste der Diana vom Aventin mit angedeutetem  bucranium
(81 v.Chr.).


Quellen: E.Simon "Die Götter der Römer", J.Rüpke "Die Religion der Römer", O.Pleticha & H.Schönberger "Die Römer", Zeitschrift "money trend", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)