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Provinz Germania inferior

Daten & Geografie

Das linksrheinische Germanien bildete seit Caesar einen Teil Galliens. Augustus setzte um 13 v.Chr. eine eigene Militärverwaltung ein. Bis in die Regentschaft Domitians gab es nur eine germanische Provinz. Seit 83/84 n.Chr. taucht die Unterscheidung zwischen Germania superior und Germania inferior auf. Das Gebiet von Nieder- oder Untergermanien blieb in der Folgezeit unverändert und wurde auch nicht geteilt. Die diokletianische Reichsreform brachte lediglich eine Umbenennung in Germania secunda. Der Sitz der Militärverwaltung war anfangs Vetera (Xanten-Birten/D); die Hauptstadt der Provinz befand sich in Agrippina (Köln/D).

Die römische Herrschaft erstreckte sich von etwa 55 v.Chr. (Eroberung durch Caesar) bis etwa 459 n.Chr. (Eroberung Kölns durch die Franken); in Summe ca. 515 Jahre. Römische Gebiete rechts des Rheins blieben nach der Niederlage im Teuteburger Wald auf das Land der Friesen an der Küste beschränkt, das aber unter Claudius ebenfalls aus dem Staatsverband ausschied.

Die Nachbarprovinzen waren im Westen Gallia Belgica und im Süden Germania superior. Nordwestlich über die Ausläufer des Oceanus Britannicus (englischer Kanal samt irischem Antlantik) bzw. das südliche Mare Germanicum (Nordsee) konnte man nach Britannia gelangen. Im Osten lag das freie Germanien.

Die politischen Grenzen folgten im wesentlichen den landschaftlichen Gegebenheiten. Im Norden schufen die Küstenlinien natürliche Barrieren gegen Chauken und Friesen. Letztere standen bis zum Rückzug des Statthalters Gnaeus Domitius Corbulo (auf Befehl von Kaiser Claudius) unter römischer Herrschaft. Seit 47 war der Rheinlauf bei Katwijk die Nordgrenze der Provinz. Gleichfalls bildete der Rhein mit seinen Nebenarmen einen natürlichen Grenzverlauf.

Im Süden und Westen lassen sich die Provinzgrenzen schwerer ausmachen. Die westlich der Scheldemündung gelegenen Menapier gehörten schon zur Provinz Gallia Belgica. Von dort verlief die Grenze durch Noord-Brabant. Eine genaue Grenzziehung ist nicht mehr ersichtlich, möglicherweise lag sie dort wo die Flussmarsch der Maas nach Süden in die Geest übergeht. Die Maas selbst bildete nicht die Grenze, dies ist inschriftlich und literarisch gesichert. Ein Teil des Südufers gehörte noch zur Provinz.

Südwestlich von Cuijk bog die Grenze nach Süden ab und folgte ab hier dem Maastal. Dort befindet sich auch „de Peel“, ein ausgedehntes, schwer passierbares Sumpfland, das schon in römischer Zeit eine natürliche Barriere zwischen den Stämmen Niedergermaniens und der Belgica bildete. Die Grenze verlief am linken Ufer der Maas, auf dem sich die Fernstrasse von Ulpia Noviomagus (Nijmegen) nach Traiectum ad Mosam (Maastricht) entlangzog. Nicht eindeutig geklärt ist bis heute der Provinzstatus von Civitas Tungrorum (Tongeren), die hier zu Niedergermanien gerechnet wird, da sie im Zuge der Diocletianischen Provinzteilungen zu Germania secunda gehörte.

Diesseits der Maas verlief die Grenze in west-östlicher Richtung, umging die zur Belgica gehörende Hohe Venn und führte in sanftem Bogen quer durch die Eifel nach Süden. Der südlichste Grenzpunkt dürfte südlich von Icorigium (Jünkerath) bei Vicus Ausava (Oos) gelegen sein. Ein sicherer Grenzpunkt ist Obrincas (bei Brohl-Lützing) an der Mündung des Vinxtbaches.

Der Rhein zwischen Vinxtbachmündung und Katwijk bildete spätestens seit 17 die West- und Nordgrenze der Provinz. Hier ist aber eher von einem Grenzraum, denn von einer Linie zu sprechen, da selbst nach dem Rückzug hinter den Rhein 47 sowohl Friesen als auch Ampsivarier direkt unter römischem Einfluss standen. Im konkreten bedeutet dies, dass zwischen Katwijk und Remhagen ein grosser Landstreifen rechtsrheinisch zur Provinz gehörte. Auch die weiter südlich liegenden Uferstreifen am rechen Rheinufer unterstanden römischer Kontrolle. Aus diesem Gebiet sind aus trajanischer Zeit sogar Tegularia Transrhenana (Ziegeleien jenseits des Rheins) überliefert. Dies alles dürfte vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen (zahlreiche Steinbrüche, Weideland) geschehen sein.

Gemessen an Provinzen vergleichbarer Grösse ist die Zahl der Städte in Niedergermanien sehr gering geblieben. Es gab nur vier Kolonien bzw. Munizipien: Colonia Claudia Ara Agrppinensium (kurz CCAA genannt, gegründet 50, Köln), Colonia Ulpia Traiana (kurz CUT, gegründet vermutlich 98, Xanten), Municipium Batavorum (zuvor Ulpia Noviomagus Batavorum genannt, Marktrecht seit Trajan, Erhebung zum Municipium gegen Ende des 2.Jh.n.Chr., Nijmegen/NL) und Municipium Aelium Cannanefatium (kurz MAC, zuvor Forum Hadriani genannt, Marktrecht seit Hadrian, Erhebung zum Municipium spätestens 162, Voorburg-Arentsburg/NL).

Keine Stadtrecht besassen die Vici: Aquae Granni (Aachen/D), Iuliacum (Jülich/D), Tolbiacum (Zülpich/D), Belgica (Euskirchen-Billig/D), Coriovallum (Heerlen/NL), Traiectum ad Mosam (Maastricht/NL), Cevclum (Cuijk/NL) und Advatuca Tungrorum (Tongeren/B).

Weitere Siedlungen bzw. Militärlager waren: Albaniana (Alphen ad Rijn/NL), Asciburg(i)um (Moers-Asberg/D) Bonna (Bonn/D), Burginatium (Kalkar/D), Carvium (Herwen en Aerdt/NL), Fectio (Bunnik-Vechten/NL), Gelduba (Krefeld-Gellep/D), Harenatium (Rindern), Laurium (Woerden/NL), Levefanum (Rijswijk/NL), Lugdunum (Katwijk/NL), Mannaricium (Maurik/NL), Matilo (Leiden Roomburg/NL), Novaesium (Neuss/D), Praetorium Agrippinae (Valkenburg/NL), Quadriburgium (Qualburg), Rigomagus (Remagen/D), Traiectum (Utrecht/NL) Vetera (Xanten-Birten/D).

Die Zahl der Einwohner kann nur andeutungsweise geschätzt werden. Ausgehend davon, dass Agrippina (Köln) nicht mehr als 50.000 Einwohner hatte und damit alle anderen Siedlungen und Lager dementsprechend weniger, so kommt man auf eine Zahl die wohl eine halbe Million nicht überschritten haben dürfte. Zum Vergleich: Britannien war viermal grösser mit ca. 2 Millionen Einwohner Ende des 2.Jh.n.Chr.

Das wichtigste Gewässer der Provinz war - neben dem Meer - der Rhenus (Rhein). Andere Flüsse waren Mosa (Maas), Obrincas (Vinxtbach), Scaldis (Schelde) und Vahalis (Waal).

Schon damals hatte der Rhein drei Mündungsarme, die jedoch anderes als heute verliefen. Der nördlichste hiess Flevum und mündete wahrscheinlich nördlich von Velsen und ist entweder mit der Vlie-Mündung, wahrscheinlicher jedoch mit der Ij identisch, die bei Ijmuiden ins Meer fliesst. Der zweite Mündungsarm behielt mit Rhenus den Flussnamen. Tacitus berichtet von seinen starken Strömungen. Dieser Mündungsarm war damals viel breiter als heute und liegt unmittelbar nördlich der heutigen Stadt Katwijk. Seit Mitte des 1.Jh.n.Chr. bildete er die Nordgrenze der Provinz. Der grösste Mündungsarm wurde Helinium genannt und verband in seinem Delta Waal, Maas und Striene. Caesar behauptete, dass die Schelde in die Maas münde. Wahrscheinlich gab es damals eine intakte Nebenflussstrecke zum Helinium.

Alle Mündungsgebiete des Rheins sind Ästuare (Einfluss von Ebbe und Flut) Richtung Osten mit abnehmendem Gezeitendruck. Tacitus nennt hier die Insula Batavorum (Insel der Bataver), die heute identisch ist mit der Landschaft Betuwe. Hier war die Landschaft zwar immer noch moorig, dennoch siedlungsfreundlicher da man hochwasserfreie Flächen einrichten konnte. In römischer Zeit waren hier vor allem Laubwälder mit Buchen und Eichen anzutreffen. Geändert hat sich dies erst mit planmässigen Rodungen zur Gewinnung von Siedlungsland.

Es folgt das Niederrheinische Flachland, das ebenfalls mit Laubwäldern bedeckt war. Den Kern der Provinz machte jedoch die Niederrheinische Bucht mit seinen Lössböden zwischen Neuss, Bonn und Aachen aus. Schon die Ackerbauern der Jungsteinzeit wussten diese Gegend für sich zu nutzen. Hier mussten die Römer nichts umholzen, das Land stand schon Jahrtausende unter dem Pflug. Der fruchtbare Lössboden und die günstigen klimatischen Verhältnisse brachten eine reiche Getreideernte hervor. Agrarland.

Weiter im Süden ist die Eifel. Gemeinsam mit den Ardennen und dem Hohen Venn bildeten sie ein Silva Arduinna (Ardennenwald) genanntes geschlossenes Waldgebiet, dessen grösster Teil zur Provinz Belgica gehörte. Nur die nördlichen Gebiete gehörten zu Niedergermanien. Es hatte raues Klima, viele Niederschläge und eignete sich vor allem für Wald- und Weidewirtschaft. Landwirtschaft brachte kaum Erträge. Wichtig waren aber die Bodenschätze wie Eisen, Blei, Zink, Tuff- und Kalkstein. Lange Zeit unbeachtet wurde das Gebiet erst gegen Ende des 1.Jh.n.Chr. dichter besiedelt. Auch die grossen Wasserreserven wurden damit zunehmend erschlossen.

Zu Niedergermanien gehörte auch ein kleiner Teil des Mittelrheingebietes, wo sich der Fluss zäh durch das Schiefergebirge gearbeitet hat. Die geografische Enge bewirkte geringe Besiedelung und nur die Gebiete von Remagen und an der Ahrmündung waren dichter bevölkert.

Die wichtigsten Überlandstrassen in Untergermanien gehen auf die Okkupationszeit zurück. Eine Strasse ging von Lugdunum (Lyon/F) über Divodurum Mediomatricorum (Metz/F) und Augusta Treverorum (Trier/D) nach Agrippina (Köln/D). Die andere folgte dem Limes von Mogontiacum (Mainz/D) aus in Richtung Norden nach Ulpia Noviomagus (Nijmegen/NL) und Lugdunum (Katwijk/NL).Die ältesten gefunden Meilensteine stammen aus der Zeit des Claudius. Zu dieser Zeit wurde auch die wichtigste Ost-West-Verbindung von Agrippina (Köln/D) über Advatuca Tungrorum (Tibgeren/B), Bagacum (Bavay/F) nach Gesoriacum (Boulogne-sur-Mer/F) - dem Einschiffungshafen für Britannien - angelegt. Ebenfalls wichtig war die Maastalstrasse, die von Traiectum ad Mosam (Maastricht/NL) über Ulpia Noviomagus (Nijmegen/NL) nach Forum Hadriani (Voorburg-Arentsburg/NL) führte.

Erst unter Domitianus gab es zwei germanische Provinzen.


 

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(PL)