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WIRTSCHAFT
Das römische Steuersystem


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Das Zollwesen im Römischen Reich

Die Zollbezirke

Das römische Imperium war zwar zu allen Zeiten vom Grundsatz her ein einheitlicher Wirtschaftsraum, doch galt dies nicht für Besteuerung der in diesem transportierten Waren. Neben den Einfuhr- und Ausfuhrzöllen ins benachbarte Ausland gab es auch Binnenzollgrenzen an denen Transferzoll erhoben wurde. Das gesamte Staatsgebiet war in grobe Zollbezirke eingeteilt, die sich in aller Regel über mehrere Provinzen erstreckten und sich wenigstens etwas an den ökonomischen Gegebenheiten orientierten. Als bestes Beispiel mag der gallische Zollbezirk gelten, der seit Augustus nicht nur die gallischen Provinzen, sondern auch einige Regionen in den Alpen umfasste. Kaiser Traianus gliederte ihm die portus Lirensis (vermutlich ein Teil der germanischen Provinzen) und im 3.Jh.n.Chr. kam auch noch die Provinz Raetia hinzu, die zuvor dem illyrischen Zollbezirk zugeschlagen gewesen war. Dieser Zollbezirk umfasst den grössten Teil der Balkanhalbinsel, sowie Noricum und das östliche Norditalien. Antoninus Pius schlug dann noch die ripa Thraciae (thrakischer Uferzoll) hinzu. Dieser Zollbezirk erstreckte sich von der unteren Donau bis zum Schwarzen Meer und zum Haemusgebirge. Die lange Eigenständigkeit dieses Bezirkes dürfte wohl in der langen eigenständigen Tradition als Klientelkönigtum selbst in der frühen Kaiserzeit herrühren. Weitere Zollbezirke waren Africa, Britannien, die iberische Halbinsel sowie Kleinasien. Da bei dieser Verteilung einige kleinere und grössere Gebiete leer bleiben würden, wird vermutet, dass Sizilien, die Cyrenaica und Achaia je einen eigenen Zollbezirk bildeten. Italien selbst wurde 42 v.Chr. durch die Triumvirn zu einem Zollbezirk erklärt, da sie für ihre Kriegsführung zusätzliche Steuereinnahmen benötigten. Im Bereich besonderer ökonomischer Bedingungen lagen Zollstationen gerne auch inmitten der Provinzen; etwa beim Salzhandel.

Sonderstellungen besassen noch Ägypten, das selbst in mehrere Steuerbezirke geteilt war, und Syrien. In Ägypten musste man vor allem innerhalb der Provinz Zölle entrichten, wohingegen Syrien-Iudaea überhaupt keinen Steuerbezirk darstellte. Hier gab es nur die traditionellen Zollstationen an den Endpunkten der Karawanenwege und den Überseehäfen Richtung Italien.

Die Gründe für dieses inhomogene System lag in der praktischen Natur der Römer begründet, die vorhandene Strukturen gerne übernahmen. Dies gilt vor allem für das ptolemäische Ägypten, das attalidische Kleinasien und Syrien-Iudaea. In den anderen Regionen bildete man nach geografischen und ökonomischen Grundlagen die Bezirke.

Die Zollsätze

Die lateinische Bezeichnung portorium für Zoll zeigt, dass dieser in frühester Zeit vor allem im Schiffsverkehr zu entrichten war. Daneben nannte man vor allem den Binnenzoll aber auch quadragesima (Vierzigstel), was einer Höhe von 2,5 % entspricht. Dies ist für die Bezirke in Gallien, Kleinasien und Spanien bezeugt. Für letzteren Bezirk besteht die Möglichkeit, dass erst Kaiser Caracalla den Satz von 2,0 auf 2,5 % erhöht hat. Im mittelägyptischen Gau Arsinoe lag der Binnenzoll bei 3,0 %. Andere flächenweite Zollsätze wurden leider nicht überliefert, doch es ist davon auszugehen, dass sie sich ebenfalls in dieser geringen Schwankungsbreite bewegten. Zu berücksichtigen ist noch, dass es bei gewissen Waren neben dem Importzoll auch einen Exportzoll gab. Für Kleinasien ist belegt, dass die Importabgaben manchmal bis zu einem Denar über den Exportabgaben lagen. Dies war sicher eine wirtschaftspolitische und keine steuerpolitische Massnahme.

Dass die Sätze nicht permanent waren und auch von Station zu Station, sowie in Abhängigkeit vom transportierten Gut schwanken konnten ist ebenfalls belegt. Aus der Zeit um das Jahr 202 n.Chr. kennt man folgende Angaben: In Kleinasien erhob man für Purpur 5 % und Sklaven waren durch einen Fixbetrag abgegolten. In der nordafrikanischen Stadt Zarai bezahlte man für Wein und Datteln 2,5 %, für Felle, Leder & Schwämme 2,0 %, für Vieh 0,373 % und für Sklaven 0,3 %.

Waren die Sätze an den Binnenzollgrenzen recht moderat, so gingen die Zölle an der Aussengrenze so richtig ins Geld. Importe aus dem orientalischen Raum nach Ägypten oder Syrien verzollten sich während der Hohen Kaiserzeit mit bis zu 25 % bei Luxuswaren. Nach der Diokletianischen Teilung lag der Satz im Oströmischen Reich bei einheitlichen 12,5 %, was sich auch im Namen als octava niederschlug.

Die Zollpflicht

Zollpflichtig war man prinzipiell beim Überschreiten der Zollgrenze für den zu betretenden Zollbezirk. Da es manchmal auch Exportzölle gab, verhinderten bereits damals Zollplomben bei Transferwaren eine Mehrfachbesteuerung. Neben den produktionsorientierten Binnenzollstationen, welche den an den Grenzen gleichgestellt waren, gab es noch andere, die Mauten für die Instandsetzung von Brücken oder besonders erhaltungsbedürftigen Strassen erhoben.

Vom Prinzip her bildeten die Abgaben einen Wertzoll auf den geschätzten Wert der transportierten Ware. Wenige regional verschiedene Ausnahmen legten Fixbeträge unabhängig vom Wert der Ware fest (vgl. bei Sklaven in Kleinasien).

Zur Kasse gebeten wurde in der frühen Kaiserzeit fast jeder, der an einer Station vorbei musste. Ausnahmen gab es nur ganz selten. Grundsätzlich befreit waren natürlich der Kaiser samt Hofstaat, die Beamten in Erfüllung ihres Dienstes sowie das Militär. Bediente sich der Staat privater Unternehmer, so blieben die Waren dieser Transporte ebenfalls abgabenfrei. Da in der Spätantike die Naturalwirtschaft an Boden gewann, gab es auch mehr Befreiungen vom Zoll - vor allem für die Getreidetransporte nach Rom und Konstantinopel.

Zollimmunität war ein Privileg, das der Kaiser verdienten Personen oder Orten verleihen konnte. Als Beispiel mag die nur alle vier Jahre im Gefolge der Augustusfeiern in Pergamon stattfindende Warenmesse dienen. Seit Nero durften Soldaten im aktiven Dienst Produkte, die über den Dienstbedarf hinausgingen und zum Verkauf angeboten werden sollten ebenfalls zollfrei transportieren. Kaiser Domitianus erweiterte diese Regelung auf die Veteranen samt ihrer Familienangehörigen. Interessanterweise wurden Gesandte fremder Nationen erst in der Spätantike zollimmun gestellt.

Nicht zollpflichtig waren schliesslich die Waren des täglichen Bedarfs und konnte man nachweisen, dass ein Gut innert eines Jahres mehrmals ein und dieselbe Zollgrenze überschritt, gab es die Möglichkeit Begünstigungen, d.h. einen verminderten Tarif, auszuhandeln. Dies war vor allem für Schiffstransporte von Bedeutung, wo vielfach gewisse Waren (z.B. Amphoren, Marmor) als Ballast mitgeführt wurden.

Die Zollerhebung

Die Erhebung des Zolls lag bereits in republikanischer Zeit in den Händen von publicani (Steuerpächtern). Durch diese Methode ersparte sich der römische Staat ein Heer von Steuerbeamten zu unterhalten. Die Zahl der Pächter variierte je nach Provinz und Zeit. Bis in das 4.Jh.n.Chr. kam es immer wieder vor, dass auch Kleinpächter den Zuschlag erhielten. Grossteils handelte es sich jedoch um grössere Gesellschaften, die vor allem in der Spätantike eine besondere Grösse entwickelten. Da es bei der Erhebung der Steuern durch diese halbstaatlichen Gesellschaften immer wieder zu Betrug und Erpressung kam, wurden vermutlich seit flavischer Zeit - Kaiser Vespasianus war etwa die Korruptheit mancher Statthalter und Pächter im Zuge des Judäischen Krieges sehr bewusst geworden - die Pachtgesellschaften durch ritterliche Prokuratoren überwacht. Im 5.Jh.n.Chr. übernahmen die comites commerciorum diese Aufgabe. Staatlicherseits wurde eingeschritten, wenn die Zollordnung übertreten wurde (d.h. entweder falsche Sätze oder zu hohe Zollwerte). Da die Erhebung ähnlich der Erbschafts- und Freilassungssteuer funktionierte, gab es in mancher Provinz eine gemeinsame Veranlagung. In Africa dürfte die publicani neben den Zöllen, der Erbschafts- und der Freilassungssteuer auch noch die Verkaufssteuer für Sklaven eingetrieben haben, wie die Steuerbezeichnung quattuor publica Africae nahe legt.

Durch den glücklichen archäologischen Fund eines Zollgesetztes in Ephesos, kann die spätrepublikanische und frühkaiserzeitliche Vorgehensweise bei der Zollerhebung mittlerweile nachvollzogen werden - zumindest für die Provinz Asia. Im Namen des römischen Volkes wurde die Steuer der Provinz für fünf Jahre zur Pacht ausgeschrieben. Die Bedingungen hierfür standen in einer eigenen lex censoria (Besteuerungsgesetz). In einer Versteigerung erhielt dann der Meistbietende den Zuschlag. Als dann führten die (pro)magistri (Bevollmächtige der Gesellschaft) Verhandlungen über die Details mit dem Leiter des aerarium populi Romani (Staatschatz) Die Bevollmächtigten wurden jährlich mit einjähriger Amtsdauer von den socii (Anteilseigner der Gesellschaft) gewählt. Vorschussleistungen zu Gunsten des Staates waren unbekannt, doch mussten die Pächter Bürgen benennen, die im Ausfallsfalle mit ihrem Vermögen hafteten. Diese Bürgen schlossen sich in einer eigenen Gesellschaft zusammen und wurden für das Tragen des Risikos an den Gewinnen der Pachtgesellschaft beteiligt. Der Pachtzins war jährlich am 15. Oktober fällig; konnte nicht rechtzeitig bezahlt werden, wandte sich der Staat an die Bürgen und holte sich dort den Fehlbetrag.

Es war den Pächtern und seinen Kollegen überlassen, wie viel Anteil ein jeder einzelne an der Gesellschaft hielt. Um einen besseren Überblick zu haben, orientierte man sich dabei häufig an der Zahl der Zollstationen. Diese wurden ja von den Pächtern selbst betrieben und es durften auch neue errichtet werden - natürlich nur im Einklang mit der Zollordnung und nicht zu nahe an anderen Stationen. An jeder Station musste der Name des Pächters oder seines Vertreters angebracht sein, damit die Besteuerten im Notfall Beschwerde einlegen konnten.

Eine Zollstation zu betreiben war eine Aufgabe, die einiges an Personal benötigte. Regeln hierfür gab es nicht, sodass neben Bürgern und Freigelassenen auch Sklaven ihren Dienst verrichteten. Neben der Schätzung der Ware und der Berechnung des Zolls, mussten die Gelder auch buchhaltär erfasst und geschützt werden. Die Pachtgesellschaften unterhielten auch in den politischen Zentren der Zollbezirke ihre Büros, wie es für Ephesos, Karthago und Lyon belegt ist. Dort liefen alle Fäden zusammen und man hielt Kontakt zum Staat für den Fall etwaiger Probleme.

Die konkrete Abwicklung des Zollverfahrens

Kam ein Reisender an eine Zollgrenze, so musste er die erstbeste Station aufsuchen. War diese unbesetzt, so hatte er auf die nächste Station hinter der Grenze auszuweichen. Gegenüber dem Zöllner musste man nun alle Gegenstände anführen, die man mit sich führte - nicht nur die als zollpflichtig bekannten Waren. Bei grösseren Ladungen waren schriftliche Deklarationen üblich. Der Zöllner überprüfte die Angaben, berechnete den Zoll und hob den Betrag ein. Gegebenenfalls wurden Zollsiegel und Quittungen ausgestellt. Von als Ware importierten Sklaven weiss man, dass sie mancherorts ein kleines Brandmal erhielten - vermutlich wurde auch bei Vieh so verfahren.

Erschienen dem Zöllner die Angaben fragwürdig, so konnte er eine genaue Visitation vornehmen. Dies betraf sowohl Fahrzeuge, als auch Personen. Lediglich römische Matronen durften nicht perlustriert werden. Stellte sich heraus, dass die Zolldeklaration falsch war, so wurde entweder der doppelte Zolltarif verrechnet oder im Falle der Unmöglichkeit des sofortigen Bezahlens die Ware bis zu 30 Tagen beschlagnahmt. War sie dann noch nicht ausgelöst, verfiel sie der Zollstation und durfte verkauft werden. Da es bis in die frühe Kaiserzeit immer wieder Probleme bezüglich der zollpflichtigen Waren und der Zollsätze gab, wies Kaiser Nero die Zöllner an die Zolltarife zu veröffentlichen.

Aureus des Lucius Verus


Quellen: F.M.Ausbüttel "Die Verwaltung des römischen Kaiserreiches", H.Kloft "Die Wirtschaft des Imperium Romanum", DeMartino "Wirtschaftsgeschichte des alten Rom", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Griechen" & "Die Römer", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)