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Provinz Dacia

Die Verwaltung der Provinz

Nach dem Friedensschluss mit den Dakern im Jahre 102 war der an der Spitze der Besatzungstruppen stehende Cn. Pinarius Aemilius Cicatricula Pompeius Longinus jener römische Befehlshaber, der in der eroberten Provinz ein stabiles Kommando inne gehabt hat. Er war von 93 bis 96 Statthalter von Obermoesien und anschliessend bis 98 Statthalter in Pannonien gewesen. Da er das Konsulat bereits im Jahre 90 inne gehabt hatte, kommandierte er als vir consularis mehrere Legionen (wahrscheinlich die IV Flavia und die XIII Gemina) und stand damit an der Spitze der lokalen Befehlshierarchie. Ausser Banat und Westoltenien kontrollierte er die wichtigsten strategischen Punkte in Südsiebenbürgen, einschliesslich der Hauptstadt Sarmizegetusa.

Pompeius Longinus hatte zwar ein militärisches Kommando und die militärische Rechtssprechung inne, war aber dennoch kein Statthalter, wie man an zahlreichen fehlenden Gesetzesregelungen (z.B. Bodeneigentum, Steuerpflichten, etc.) erkennen kann. Seine Bezeichnung als legatus Augusti pro praetore (die in der Regel einen Statthalter kennzeichnet) weist hier lediglich auf den Kompetenzbereich eines Mannes mit imperium (oberste Befehlsgewalt im Amtsbereich) hin.

Nach der Eroberung standen auch nicht alle Gebiete unter einem einheitlichen Kommando. Die an Untermoesien grenzenden Gebiete Ostoltenien (Kleine Walachei), Muntenien (Grosse Walachei) und Süd-Moldau unterstanden dem untermoesischen Statthalter.

Nach Beendigung des zweiten dakischen Krieges wurde der Provinzstatus sehr schnell vergeben. Leider lässt sich der genaue Zeitpunkt aus den erhaltenen Quellen nicht ermitteln. Die Spanne reicht von 106 bis 110. Im Jahre 112 ist Dakien bereits als Provinz inschriftlich gesichert. Die ersten grossen Strassenbauten 108 weisen etwa mehr auf die Erschliessung eines bereits organisierten Gebietes, denn eines Militärgouvernements hin.

110 hatten die meisten Garnisonen bereits ihre festen Truppenkontingente erhalten und die propagandistisch ausgenutzte und wirtschaftlich erforderliche Kolonisierung durch römische Neusiedler war voll im Gange. Kaiser Trajan hatte sich persönlich in der Region aufgehalten um die Organisation der Provinz selbst zu leiten.

Das dakische Gebiet wurde auch als Provinz nicht einheitlich verwaltet. Die an Obermoesien grenzenden Gebiete wurden in die neue Provinz zusammengefasst. Die bei Untermoesien liegenden Gegenden fielen dieser Provinz zu.

Die starke militärische Präsenz liess Dakien zur kaiserlichen Provinz werden und die Verwaltung wurde einem konsularischen legatus Augusti pro praetore übertragen. Die Legionen selbst wurden von legati Augusti kommandiert, die sowohl dem Statthalter als auch dem Kaiser untergeordnet waren. Aus der Zahl der Legionen ist ein eigener Finanzprokurator von ducenarem Rang (= 200.000 Sesterzen Jahresgehalt) zu erschliessen. Leider ist bis dato kein derartiger Beamter namentlich fassbar. Der Sitz des Statthalters dürfte Sarmizegetusa gewesen sein, wo auch der Finanzprokurator amtierte. Ein ähnlich grosses Verwaltungszentrum besass Apulum. Von den senatorischen Statthalter der Jahre 106 bis 177 sind vier namentlich bekannt:

·         Iulius Sabinus (106 bis 107/109)

·         D. Terentius Scaurianus (109? bis 110?)

·         C. Avidius Nigrinus (110/112 bis 115?)

·         C. Iulius Quadratus Bassus (117)

Barbarische Angriffe in den Jahren 117 und 118 brachten das von Trajan eroberte Dakien in grosse Gefahr. Dies geschah zu einer Zeit, da Hadrian schon die meisten Grenzen der trajanischen Eroberungen wieder zurückgenommen hatte. Auch für Dakien sind ähnliche Überlegungen erwiesen. Nach dem allgemeinen Rückzug, waren nun die Freunde und Berater des Kaisers der Meinung, man hätte schon zu viele römische Bürger und Gebiete den Feinden überlassen. Viel wichtiger wog für den Kaiser jedoch die Tatsache, dass ein römisches Dakien - und damit die Kontrolle über die siebenbürgische Hochebene - eine Vereinigung der Barbarenstämme im Donauraum verhinderte.

Die Ereignisse der Jahre 117 und 118 brachten an der dakischen Front Opfer an Mensch und Gebiet, doch wurde Dakien als solches gehalten. Die bisherige Verwaltungs- und Verteidigungsstrategie war dem Ansturm nicht gewachsen gewesen. Deshalb bemühte sich Hadrian 118 persönlich um eine Reorganisation der Provinz.

Strittige Weide- und Herrschaftsrechte gegenüber den Roxolanen wurden zugunsten der ausländischen Stämme geklärt und so das bislang zu Untermoesien gehörende Gebiet in Muntenien (Grosse Walachei) aufgegeben. Aus den verbliebenen untermoesischen Gebieten formierte Hadrian die Provinz Dacia inferior (Unterdakien); das eigentliche Dakien wurde zu Dacia superior (Oberdakien). Hadrian besuchte Untermoesien 118 und 131.

Im Laufe der Operation in den Jahren 118 und 119 wurde klar, dass die Reorganisation als noch nicht abgeschlossen betrachtet werden musste. Zwischen 119 und 123 entstand so die Provinz Dacia Porolissensis durch Abtrennung des oberdakischen Gebietes nördlich des Flusses Aries und des Oberlaufes des Muresch.

In Oberdakien verlieb durch die Grenzziehung mit der legio XIII Gemina lediglich ein grösserer Truppenverband. Damit hatte auch der Statthalter als legatus Augusti pro praetore nur mehr prätorischen Rang. Sein Sitz dürfte infolge des militärischen Charakters seines Aufgabenbereichs Apulum gewesen sein. Sarmizegetusa blieb weiterhin das grosse Verwaltungszentrum (z.B. für den Finanzprokurator). Durch die vielschichtigen Tätigkeiten, dürfte es keinen ausgezeichneten Statthaltersitz gegeben haben. Die senatorischen Statthalter Oberdakiens von 119 bis 168 sind namentlich gut erfasst:

·         Cn. Minicius Faustinus Sex. Iulius Serg. Severus (119/120 bis 127)

·         Ti. Claudius [...] (zw. 127 und 132)

·         Egnatius […] (zw. 127 und 132)

·         Cn. Papirius Aelianus Aemilius Tuscillus (132 bis 135)

·         C. Iulius Bassus (135 bis 139)

·         L. Annius Fabianus (139 bis 141/142)

·         Q. Mustius Priscus (141/142 bis 144)

·         P. Orfidius Senecio (144/146? bis 146/148)

·         C. Curtius Poll. Iustus (148 bis 150/151)

·         M. Sedatius Quir. Severianus (150/151 bis 153)

·         L. Iulius Proculus (152? bis 156?)

·         M. Statius Cl. Priscus Licinius Italicus (156/157 bis 158)

·         P. Furius Saturninus (159 bis 161/162)

·         P. Calpurnius Proculus Cornelianus (161/162 bis 164?)

·         Ti. Iulius Flaccinus (164? bis 168?)

·         Calpurnius Iulianus (153? bis 156? oder 164? bis 168?)

Dacia Porolissensis und Unterdakien hatten jeweils einen ducenaren Präsidialprokurator. Für ersterer Provinz wird angenommen, dass der Sitz des Statthalters in Napoca war. Als zweites Zentrum fungierte Porolissum, das der Provinz auch den Namen gab. In Unterdakien ist hingegen Romula eindeutig als Verwaltungszentrum identifiziert worden. Militärisch wichtig war hier Buridava als Kommandozentrale der Provinz. Die beiden Präsidialprokuratoren waren nicht vom senatorischen Statthalter in Oberdakien abhängig. Dies führte dazu, dass wenn notwendig zugeführte Truppen aus Oberdakien dem unterdakischen Statthalter unterstanden. Militärisch arbeiteten die drei Provinzen eng zusammen. Auch darüber gab es Verbindungen. So kooperierten im Westen Oberdakien und Dacia Porolissensis mit Obermoesien und Unterpannonien.

Die von Hadrian geschaffene Verwaltungsstruktur sorgte für militärische Stabilität an der Nordgrenze und hielt etwa 50 Jahre. Erst als der Ansturm der germanischen Stämme sich deutlich erhöhte geriet das Provinzgefüge erneut ins Wanken.

Die Markomannenkriege unter Marcus Aurelius zwangen Rom zu einer erneuten Änderung der Militär- und Verwaltungsstruktur Dakiens. Zwei Mängel hatten sich herauskristallisiert: Erstens fehlte in Dacia Porolissensis eine zweite Legion und zum zweiten gab es kein einheitliches Kommando. Beides versuchte Marcus Aurelius durch eine erneute Reorganisation der Provinz zu lösen.

Als erstes wurde die legio V Macedonica nach Potaissa verlegt. Die zweite wichtige Massnahme war die Unterstellung aller dakischen Gebiete unter einen einzigen Statthalter, der nunmehr über zwei Legionen in seiner Heimatprovinz verfügte. Als legatus Augusti pro praetore hatte er nun konsularen Rang. Inoffiziell und später auch offiziell bezeichnete man ihn als consularis trium Daciarum.

Verwaltungstechnisch war Dakien nun ein einheitliche Provinz aus drei Teilen: Dacia Apulensis, Porolissensis und Malvensis. Die organisatorische Gliederung der Truppen erfolgte weiterhin nach dem alten Provinzschema. Die drei Dakien wurden vor allem im Steuerwesen verwendet. Jeder Provinzteil hatte einen eigenen centenaren (= 100.000 Sesterzen Jahresgehalt) Finanzprokurator; jener von Apulensis stand an erster Stelle. Die Statthalter der drei Dakien sind bis in das erste Viertel des 3.Jh.n.Chr. sehr gut überliefert worden:

·         M. Claudius Fronto (168 bis 170)

·         Sex. Cornelius Clemens (170 bis 172?)

·         L. Aemilius Carus (173 bis 175?)

·         C. Arrius Antoninus (175? bis 177)

·         P. Helvius Pertinax (177 bis 180?)

·         C. Vettius Sabinianus Iulius Hospes (180 bis 182?)

·         C. Pescennius Niger (182? bis 183/184?)

·         L. Vespronius Candidus (183/184 bis 185/186)

·         C. C[…] Hasta (185? bis 190?)

·         Q. Aurelius Polus Terentianus (192? bis 194/195)

·         P. Septimius Geta (194/195 bis 197?)

·         P.? Mevius Surus (198? bis 199?)

·         L. Octavius Iulianus (200 bis 202/203)

·         L. Pomponius Liberalis (202/203 bis 205?)

·         Ti.? Claudius Gallus (205/206? bis 207)

·         C. Iulius Maximinus (208 bis 210?)

·         [...] Postumus (211? bis 213?)

·         L. Marius Perpetuus (212/213 bis 215?)

·         Marcius Claudius Agrippa (217 bis 218)

·         Ti. Iulius Pollienus Auspex (um 222 bis 225)

·         Iasdius Domitianus (? bis 235)

·         M. Cuspidius Flaminus Severus (235? bis 236?)

·         Q. Iulius Licinianus? (237? bis 238)

·         D. Simonius Proculus Iulianus (241? bis 243?)

·         M. Veracilius Verus (unter Commodus oder im 3.Jh.n.Chr.)

·         [...] Ianuarius [...] (Ende 2.Jh, Anfang 3.Jh.n.Chr.)

Die Verwaltungsreform wurde nicht auf einen Schlag wirksam, sondern nach und nach umgesetzt. Seit 168 ist Apulensis bezeugt. (Im gleichen Jahr wurde auch die legio V Macedonica nach Potaissa verlegt). Die Stärkung von Porolissensis verlieh dessen Statthalter grösseres Gewicht und Sarmizegetusa trat hinter Apulum in der Bedeutung zurück, da die Verwaltung immer mehr vom Prätorium der Legion aus erledigt wurde.

Rechtsprechung und Finanzverwaltung verblieben weiter in der alten Hauptstadt, da der Weg nach Rom kürzer war. Auch wollten die Kaiser die grossen Geldbeträge der Steuereinnehmer von den Legionstruppen getrennt wissen. In der Porolissensis war Nbapoca und in der Malvensis war Buridava der Sitz des Finanzprokurators.

War der Statthalter der drei Dakien nicht verfügbar, so trat an seine Stelle in militärischen Dingen der Legat der legio XIII Gemina, wie es etwa aus dem Jahre 191 überliefert ist. Jurisdiktion und allgemeine Verwaltung übernahm hingegen der Finanzprokurator der Apulensis.

Gallienus' Politik die senatorische Oberschicht von den militärischen Kommanden fernzuhalten wirkte sich auf Dakien kaum mehr aus, da Aurelian die Provinz kurze Zeit später räumen liess. Der letzte überlieferte Beamte M. Aurelius Veteranus diente zwischen 260 und 268 als praefectus legionis XIII Geminae Gallienianae.

Die Bevölkerung konzentrierte sich naturgemäss im Tiefland (Oltenien und der Banat). Dennoch war die Gebirgsgegend bereits in dakischer Zeit besiedelt, wenn auch sich dort die ärmeren Daker konzentrierten. Die Romanisierung ging bei diesen wesentlich langsamer vor sich als in den Zentren der dakischen Kultur.

Sarmizegetusa wurde bereits 107/108 zur Kolonie erhoben. Auch Apulum war bereits unter Trajan Kolonie geworden. Eine Parallelsiedlung war im 2.Jh.n.Chr. Munizipium. Dierna war Munizipium, Drobeta (unter Hadrian noch Munizipium) Kolonie, Napoca (zuerst Munizipium) Kolonie, Porolissum unter Septimius Severus Munizipium und Potaissa (zuerst Munizipium) Kolonie. Obwohl nicht belegt dürften auch die Siedlungen Ampelum, Malva und Tibiscum Munizipien gewesen sein. Erwähnt wurden zahlreiche pagi und vici (Dörfer) wie Salinae, Aquae, Alburnus maior, Micia, Germisara oder Brucla.

Bereits 108 baute man eine Strasse vom Legionsstandort Apulum nach Porolissum. Die neue Hauptstadt hiess zwar gleich wie die alte, doch wurde sie nicht am gleichen Standort, sondern in der Nähe errichtet. Zur Kolonie erhoben beinhaltete sie schliesslich alle Merkmale einer römischen Provinzhauptstadt inklusive Forum und Amphitheater. Sarmizegethusa war aber keine Zivilstadt im klassischen Sinn sondern zeigte deutlich militärische Züge. So war etwa der Zusammenkunftsort der Augustales dem Praetorium eines Legionslagers nachgebildet.

Kaiser Trajan


 

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(PL)