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EINLEITUNG |
Flavius Iulius Valens HerrschaftDas
erste Jahr seiner Herrschaft verbrachte Valens in Konstantinopel und
machte sich sogleich unbeliebt. Seinen Schwiegervater Petronius beförderte
in einen hohen Rang und liess ihn Steuern eintreiben. Der ehemalige
Offizier ging dabei besonders skrupellos vor und provozierte damit
einen Aufstand, der kurz nach Valens Abreise nach Antiochia im Sommer
365 losbrach. Der
Usurpator hiess Procopius und war infolge der Verwandtschaft mit
Iulianus ein ernstzunehmender Gegner. Nach dem Tod seines Verwandten
hatte er sich ins Privatleben zurückgezogen, behauptete jedoch immer
wieder, er sei der designierte Nachfolger gewesen. Damit wurde er für
Valens zum Problem, denn nach dessen Abreise begab sich Procopius in
die Hauptstadt und erhielt dort massgebliche Unterstützung von Anhängern
der konstantinischen Dynastie, germanischen Söldnern und den
zahlreichen Unzufriedenen mit der Steuererhebung. Verschärft wurde
die Lage durch zwei Heereseinheiten, die sich gerade auf der
Durchreise befanden und sich durch den Usurpator Geldgeschenke
erwarteten. Als
Valens im kappadokischen Caesarea weite, schlugen die Aufständischen
zu, nahmen im Handstreich Konstantinopel und ganz Bythinien inklusive
so wichtiger Städte wie Nicaea und Kyzikos. Doch dann kam die
Rebellion ins Stocken. In zwei Schlachten bei Nacolea in Phrygien
unterlag Procopius dem Kaiser und schlussendlich lieferten ihn die
eigenen Leute - allen voran die germanischen Söldner - an Valens aus.
Der Usurpator wurde kurzerhand hingerichtet und auch ein Verwandter
namens Marcellus, der sich in Nicaea halten konnte und kurzfristig
Chalkedon erobert hatte, geriet in Gefangenschaft und wurde
exekutiert. Nach diesen Erfahrungen hielt Valens ein hartes
Strafgericht, das weite Kreise zog und wegen der Strenge und Weitläufigkeit
Aufsehen erregte. Der
Aufstand war rasch und gründlich niedergeschlagen worden, läutete
jedoch - und das konnte zu dieser Zeit niemand ahnen - den Untergang
Roms ein. Procopius hatte etwas unternommen, das noch nie jemand
gewagt hatte: Söldner für einen Aufstand im Ausland anzuwerben. Im
ehemaligen Dakien wohnten die Westgoten, die seit den Zeiten
Konstantins mit dem Reich mehr oder minder in Frieden lebten. Dafür
erhielten sie jährliche Zahlungen und liessen sich gerne zu Soldaten
verpflichten. Die ab und zu vorkommenden Beutezüge nach Thrakien
waren zwar lästig, aber noch keine ernsthafte Bedrohung gewesen. Procopius
hatte 3000 Goten angeworben, die nach dem Zusammenbruch des Aufstandes
gefangengenommen wurden. Aufgrund ihrer Anwesenheit überlegte Valens
die bisherigen Beziehungen neu zu ordnen. Es war für ihn erschreckend
zu hören, dass viele nicht nur wegen des Geldes, sondern auch für
die Dynastie Konstantins kämpften. Jenseits des Ufers brodelte es
unter der Oberfläche. Der Kaiser versuchte die Sache militärisch zu lösen und begab sich zwischen 367 und 369 persönlich an die Donau. Die eingedrungenen Goten unter ihrem Führer Fritigern wichen einer Entscheidungsschlacht aus und als Valens sie mit strategischem Geschick schlagen wollte, kam ihm 368 ein Jahrhunderthochwasser dazwischen, das die Pläne zunichte machte. Da beide Seiten keine nennenswerten Erfolge erzielen konnten, einigte man sich 369 auf den Erhalt des Status quo. Zuvor war die Lage
durch den unsicheren Thron des Gotenkönigs Athanarich verschärft
worden. Das letzte was die Römer in dieser Situation brauchen
konnten, waren miteinander rivalisierende Fürsten, die sich ihre
Mittel garantiert diesseits der Donau suchen würden. So liess sich
Valens auf eine symbolische Geste ein, die es Athanarich erlaubte vor
seinem Volk das Gesicht zu wahren. Sie unterzeichneten ein Abkommen
auf einem Schiff inmitten der Donau und damit in neutralem Gewässer.
Gelöst war die Problematik damit zwar noch nicht, aber zu diesem
Zeitpunkt hatte Valens andere Sorgen. Sein
neues Hauptquartier schlug der Kaiser in und um die syrische Stadt
Antiochia auf. Der Aufenthalt sollte sich bis zum Frühling 378
hinziehen. Zunächst musste die Verschwörung des einflussreichen notarius
(kaiserlicher Schriftführer) Theodoros vereitelt werden. Die
Perser unter Shapur II. hatten zudem wieder begehrliche Augen auf das
nominell unabhängige Armenien gerichtet. Durch eine Mischung aus
diplomatischen und militärischen Mitteln wollte Valens diesen
Krisenherd bekämpfen. Ein Sieg in Mesopotamien reichte nicht aus, um
die Lage zu stabilisieren und so kam es 376 durch ein für beide
Seiten unbefriedigendes Abkommen nur zu einer Hinauszögerung der
Konfrontation zwischen Römern und Persern. Nicht
nur aussenpolitisch standen die Zeichen auf Sturm; ein Religionsstreit
lähmte das Leben in Syrien und hatte Auswirkungen bis nach
Konstantinopel. Für Unruhe sorgten die Anhänger der homöischen
Kirche, die besonders von Constantius II. gefördert worden war.
Valens konnte derartige innere Streitereien nicht dulden und entliess
deren Anhänger aus ihren Ämtern, ohne sie allerdings weiter zu
verfolgen. Die
spätere, von den Gefolgsleuten des Theodosius verfasste Geschichte,
sprach hingegen von zahlreichen Toten und harter Verfolgung. Aus
erhalten gebliebenen Archivalien sind jedoch etwa für die Diözese
Oriens nur fünf verbannte Bischöfe bekannt. Da der Kaiser mit
Ideologien eher auf dem Kriegsfuss stand, erwog er bereits 376 die Rückrufung
der Verbannten und setzte dies ein Jahr später auch in die Tat um.
Die - wie bereits erwähnt - von Theodosis beeinflussten Nachrufe auf Valens berichten davon überhaupt
nichts. In
diesem unsicheren Klima flog erneut eine Verschwörung auf, die sich
an der schlichten Frage entzündete: Wer wird der nächste Kaiser? Es
stand schon immer unter Strafe, damit die Wahrsager zu beschäftigen.
Da Valens erst knapp über Vierzig war und sich bester Gesundheit
erfreute, griff er zu juristischen Massnahmen. Unter der Leitung des
Präfekten Modestus kam es zu einer endlos langen Serie von Prozessen.
Während der Untersuchungen flog auf, dass nicht nur der von einigen
als Kaisernachfolger favorisierte Kanzleichef Theodorus darin
verwickelt war. Besonders intellektuelle und philosophische Zirkel
konnten sich mit den pannonischen Soldaten am Kaiserthron nicht
identifizieren. Der Kaiser war nur knapp seiner Ermordung entgangen. Als
Valens noch in Antiochia Hof hielt, begab sich eine gotische
Delegation zum Kaiser und bat darum, auf römischem Gebiet siedeln zu
dürfen, da sie selbst von einem anderen, äusserst barbarischen Volk
bedrängt wurden. Es handelte sich dabei um die Hunnen, die in den nächsten
hundert Jahren den europäischen Völkern das Fürchten lehren werden. Die
Verhandlungen verliefen für beide Seiten positiv. Zahlreiche Gotenfamilien durften sich in Thrakien ansiedeln, das ohnedies bereits
in einigen Gebieten entvölkert war. Die praktische Durchführung
gestaltete sich aber mehr als schwierig. Die in Thrakien
verantwortlichen Offiziere waren entweder korrupt oder schlichtweg überfordert.
Die Übersiedelung zog sich hin und die Goten mussten, um ihre eigene
Haut zu retten, selbst die Initiative ergreifen. Ihr Vorgehen
provozierte jedoch die alteingesessenen Einwohner. Alle
Vermittlungsversuche scheiterten und Ende 377 wurde es dem Kaiser
bewusst, dass sich die Vereinbarungen nicht auf die Schnelle umsetzen
lassen würden. Der Druck, dem die Goten jenseits der Donau ausgesetzt
waren, bedeutete eine ernsthafte Bedrohung des gesamten Balkanraumes. Unterdessen
war sein Bruder Valentinianus verstorben und mit
Gratianus sein Neffe zum Augustus
im Westen ausgerufen worden. Das Gotenproblem griff weiter um sich und
nun kam auch die Präfektur von Illyricum, die zu Gratians
Einflussbereich zählte, zum Handkuss. Valens erkannte, dass nur eine
gemeinsame Aktion beider Augusti das Problem beseitigen konnte.
Deshalb forderte in Trier ein Heer an, das von Westen aus in Richtung
Thrakien marschieren sollte. |
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(PL) |