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Publius Licinius Egnatius Gallienus

Bewertung

Die meisten antiken Quellen beurteilten Gallienus schlecht. Nach vielversprechenden Anfangserfolgen soll er sich zunehmend dem Luxus hingegeben haben und sich von Pipa, der Tochter des Germanenhäuptlings Attalus, einwickeln lassen. Die Wahrheit ist dagegen weit vielschichtiger.

Die Vorurteile der Senatoren, die er von den hohen Posten ausgeschlossen hatte, gingen auf die antiken Schriftsteller über, die kaum ein gutes Wort über Gallienus kommen liessen. Aber selbst seine schärfsten Kritiker zollten ihm in Bezug auf seine rhetorischen und literarischen Fähigkeiten Tribut. Mit Gegenwind hatte der Kaiser auch aus den Reihen seiner Generäle zu kämpfen. Die meist illyrischen Offiziere konnten mit dem hellenistischen Herrscherbild des Gallienus einfach nichts anfangen und sahen ihn verweichlicht.

Gallienus hatte alle Hände voll zu tun, um sich zu behaupten. Invasionen von aussen und Zwist im Inneren rieben am Staatsgefüge. Mindestens sieben Gegenkaiser wurden ausgerufen, die Dynastie der Palmyrer verleibte sich einige Ostprovinzen ein. Dass der Kaiser dabei Zeit und Musse für die Philosophie und die schönen Künste fand, wurde ihm genauso angekreidet, wie seine Flucht in den Luxus.

Die Jahre um 260 bedeuteten für das Römerreich den Höhepunkt der Krisen im Zeitalter der Soldatenkaiser. Doch Gallienus reagierte auf sie nicht mit hektischer Betriebsamkeit - wie man vielleicht vermuten möchte - sondern mit zurückhaltender Besonnenheit. Seine politischen und militärischen Reformen waren langfristig angelegt. Damit "outete" sich Gallienus gegenüber seinen Zeitgenossen als Zauderer und sicherte dadurch den Fortbestand des Imperiums. Sein oftmaliges Ausharren in Rom sollte den Menschen der Hauptstadt Zuversicht einflössen.

Wahrscheinlich schien es vielen Zeitgenossen nur mehr eine Zeitfrage, bis das Reich untergehen bzw. in verstümmeltem Rest dahinvegetieren würde. Doch Gallienus hatte trotz aller Kritik das Erbe seiner Vorfahren bewahrt. Seine Militärreform schlug schon früh durch (besonders bei der Niederringung der Gegenkaiser) und Rom konnte wenigstens die ärgsten Bedrohungen von aussen im Zaum halten. Die Klugheit eines Postumus, nicht nach dem Purpur in Rom zu streben, darf ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Der Osten wäre an die Perser verloren gegangen, hätte nicht Odaenathus die Provinzen für sich beansprucht. So überlebte das Römische Reich durch das Einwirken und von drei unabhängigen Geistern, obwohl sie es vielleicht so gar nicht im Sinne gehabt hatten.

Portrait Gallienus' mit finsteren Zügen.


Quellen: M.Clauss "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", C.Sarre "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)