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Ägyptische Medizin

Neben dem archäologischen Befund geben auch Papyri einen Einblick in die alte ägyptische Medizin. Diese ist von jener durch die Griechen in hellenistischer Zeit zur Blüte gebrachten neuen ägyptischen Medizin zu unterscheiden. Einige Handschriften haben sich erhalten. Den längsten medizinischen Traktat (wohl ein Exzerpt aus verschiedenen anderen Quellen) mit 870 Rezepten bezeichnet man als "Papyrus Ebers" (um 1550 v.Chr.). An Spezialtexten fand man den "Papyrus Edwin Smith" (Chirurgie; ca. 1550 v.Chr.), den "Kahun-Papyrus" (Gynäkologie; ca. 1850 v.Chr.) sowie das "Brooklyner Schlangenbuch" (6.Jh.v.Chr.). Manche Texte dürften bereits im Alten Reich (ca. 2670 bis 2160 v.Chr.) entstanden sein. Die Fundlage ist im Prinzip durchgehend und zieht sich bis in römische Zeit. Die Texte zeigen bereits den Ansatz einer medizinischen Fachsprache und Gliederung nach praktischen Grundsätzen (Überschrift, Symptome, Diagnose, Verdikt, Behandlung, Glossen).

Äussere Verletzungen behandelte man bereits fachmännisch mit Verbänden und Salben, wohingegen Erkrankungen ohne äussere Anzeichen dem Reich der Dämonen zugerechnet wurden (so z.B. der Kopfschmerz). Natürlich gab es auch einen Bereich dazwischen; etwa Magen-Darm-Erkrankungen oder beim Herzen.

Der ägyptischen Medizin lag bereits eine Körpersaftlehre zugrunde, die sich auf das Vorhandensein von schädlichen Schmerz- und Schleimstoffen berief (etwa gebildet aus unverdaulicher Nahrung). Diese Denkweise sollte später auch die hippokratischen Schriften stark beeinflussen und zur Humoralpathologie als Grundlage der antiken Medizintheorie werden. Aus diesem Grund verabreichten die Ägypter gerne Abführmittel zur Reinigung des Körpers von eben diesen schädlichen Substanzen. Die Konzentration auf diesen Bereich war den Griechen bekannt und wurde von ihnen denn auch mit Skepsis betrachtet.

Sieht man von Ritualen der Magie und dem heilsamen Schlaf sowie Salben und Verbänden ab, so sind folgende medizinische Praktiken überliefert: Pulver zum Einnehmen, Zäpfchen, Klistier, Inhalation sowie Räucherung. An Werkzeug gab es neben Spezialgefässen, Messer, Pinzetten, Sägen und Zangen. Die Medikamente setzten sich aus pflanzlichen, tierischen und mineralischen Komponenten zusammen. Besonderen Stellenwert erreichte auch die Diagnostik aus dem Harn oder der Iris, die bei anderen Völkern unbekannt bzw. vernachlässigt wurde.

Bereits im Alten Reich etablierten sich erste - wenn auch noch grobe - Fachdisziplinen (Augen, Zähne, Geburt), die in ihrer sozialen Stellung hierarchisch geordnet waren. Da die Anwendung medizinischen Wissens in der hierokratisch (dem Priesterwesen nach) ausgerichteten ägyptischen Gesellschaft stets eine göttliche Komponente aufwies, fungierten die meisten Ärzte zugleich als Priester (meist des Gottes Sachmet). So verwundert es auch nicht, dass einige Ärzte gemäss dem Ruf ihrer Kunst in späterer Zeit vergöttlicht wurden. Bestes Beispiel hierfür ist Imhotep, der im 6.Jh. zum Heilgott avancierte. An ihm - dem Arzt und Baumeister - sieht man auch, dass Mediziner damals zusätzlich auch andere Professionen innehaben konnten. Die Ausbildung schlussendlich lag im Bereich der Tempelschulen.

Infolge der religiösen Vorstellungen vom Jenseits, gab es keine praktischen Erkenntnisse durch das Sezieren von Leichen. Interessanterweise tauschten sich auch die Mumieneinbalsamierer, welche die grössten anatomischen Kenntnisse aufwiesen, nicht mit den Ärzten aus.

Die aus der Archäologie und speziell dem Studium der Mumien gewonnenen Erfahrungen lassen indes nur bedingte Schlüsse auf die ägyptische Medizin zu. Nur wenn es um Amputation (es gab bereits Prothesen!) und konkretes, an Knochen sichtbares ärztliches Einwirken (Trepanation, Brüche, etc.) geht, sind diese mit Sicherheit zulässig.

Moderne Papyrus- Rekonstruktion eines ägyptischen Reliefs mit chirurgischen Instrumenten
(c) e libro M.Menghi, "Das antike Griechenland"


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", M.Menghi "Das alte Griechenland", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)