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Nero Claudius Caesar Drusus Germanicus

Bewertung

Nero ging als eines der grössten Scheusale in die Geschichte des Römischen Reichs ein. Seine Untaten und die damit verbundenen Gerüchte prägen bis heute das Bild dieses zwiespältigen Kaisers. Schon kurz nach seinem Tod setzte die Auseinandersetzung mit seiner Herrschaft; oder vielmehr nur mit seinen Verbrechen ein. Bis in christliche Zeit wurde der Kaiser immer nur unter diesem Gesichtspunkt gesehen, alles andere wurde geflissentlich beiseite gewischt.

Unbegreiflich erscheinen heute die Gewalttaten seiner Herrschaft, die sich nach einem so ausgezeichneten Start ereignet hatten. Doch sind diese Verbrechen in Bezug auf seine Person zu relativieren. Der Mord an seiner Mutter empörte erst Jahre später die Mitglieder der Pisonischen Verschwörung. Zum Zeitpunkt der Tat erfolgte beinahe ein allgemeines Aufatmen über die Beseitigung der intriganten Agrippina. Der Tod von Poppaea Sabina war kein Mord sondern Totschlag, da es im Zorn passierte; eine Eigenschaft die Nero Zeit seines Lebens zu schaffen machte. Alle anderen Todesfälle können im wesentlichen mit den Prätorianerpräfekten Burrus und Tigellinus in Verbindung gebracht werden, die dafür sorgten, dass der Kaiser die entsprechenden Todesurteile ausstellte oder hernach guthiess.

Vor allem seine Leistungen in den ersten Regierungsjahren lassen auf einen hellen Verstand und Intelligenz schliessen. Aber auch in späteren Jahren kamen gute Ideen, so als er die Notwendigkeit eines Kanals am Isthmus von Korinth erkannte und auch die Vorarbeiten einleiten liess. Leider setzten seine Nachfolger diesen genialen Plan nicht in die Tat um. Es scheint, als habe Nero ein Faible für ausgefallene Denkweisen besessen. Zu erkennen ist diese Leidenschaft an seiner exquisiten Sammlung von Kunstwerken, an der neuen Architektur des Goldenen Hauses und der Ausschickung einer Expedition zur Auffindung der Nilquellen.

Eines der grössten Defizite seiner Herrschaft war, dass ihm persönlicher militärischer Ruhm versagt blieb, denn das Imperium wurde durch seine Feldherrn in dieser Zeit in seinem Bestand gestärkt. Die Siege in den kleinen oder grösseren Scharmützeln konnte man nicht für einen Triumph verkaufen, sodass Nero später auf eine andere Idee verfiel als Sieger dazustehen.

Der Brand von Rom, der von der Bevölkerung dem Kaiser in die Schuhe geschoben wurde und den er dann selbst wiederum auf die christliche Gemeinde der Hauptstadt abwälzen konnte, gehört ebenfalls zum überlieferten Bild. Die relativ rasche Erholung der Stadt vom Brand und der konsequent durchgezogene Wiederaufbau muss auch dem Organisationstalent eines Neros zugeschrieben werden.

So negativ Nero noch heute erscheint, so zwiespältig wurde er schon von seinen Zeitgenossen aufgenommen. Auf der einen Seite war er durch seine Art und sein Auftreten absolut unrömisch und deshalb gehasst. Andererseits sehnten sich viele Menschen - besonders im Osten des Reichs - nach dem klassisch-griechischen Herrscher, der neben den Regierungsgeschäften auch etwas von Kultur verstand und sich in den schönen Künsten üben konnte. Aus diesem Grund sah man in Griechenland den Kaiser als positiven Menschen.

Für Nero galten Siege in Kultur und Sport als den militärischen Erfolgen gleichwertig. So nahm er für sich in Anspruch einen Triumph dafür abhalten zu dürfen. In diesem Punkt war der Kaiser seinen Zeitgenossen sicher weit voraus, indem er die zivilisatorischen Errungenschaften höher bewertete, als den reinen Eroberungswillen.

Ein indifferenter Punkt in Neros Lebenslauf ist sein Umgang mit Geld. Die Verschwendung seinerseits und der Wiederaufbau Roms verschlangen Unsummen, die irgendwie wieder hereingebracht werden mussten. Die von ihm vorgenommene Abwertung von Aureus und Denar war nicht so dramatisch, wie von den Zeitgenossen dargestellt. Eine schleichende Entwertung hatte es bereits seit der Normierung der Münzen unter Augustus gegeben. Auch wurde damit (wohl ohne echtes ökonomisches Verständnis) einer drohenden Deflation entgegengewirkt.

Mit Nero endete die Herrschaft der iulisch-claudischen Dynastie. Der Kaiser hatte keine Nachkommen hinterlassen. Die Folge war der erste Bürgerkrieg des Kaiserreichs. Den letzten republikanischen Bürgerkrieg hatte Augustus, damals noch als Octavianus, im Jahre 31 v.Chr. in der Schlacht von Actium gegen Marcus Antonius für sich entschieden. Jetzt, genau 100 Jahre danach, sollten wieder mehrere Kandidaten um die Vorherrschaft im Imperium kämpfen.

Portraitbüste des
Kaisers Nero

ex collectione imaginum W.Tungsten


Quellen: C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser"

 

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(PL)