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EINLEITUNG |
Flavius Claudius Iulianus (Apostata) KarriereGallien
war in den letzten Jahren Schauplatz zweier Militärrevolten gewesen
und Constantius benötigte an der Rheingrenze eine verlässliche Person.
Da die Verwandtschaft schon sehr ausgedünnt war, blieb Iulianus
nichts anderes über, als dem Ruf nach Mediolanum
(Mailand) zu folgen. Der Kaiser ernannte ihn am 6. November 355 zum
Caesar für Gallien, Britannien und Spanien. Da Constantius mit Gallus
bereits unangenehme Erfahrungen gemacht hatte, wurden Iulianus neben
detaillierten politischen und militärischen Anweisungen auch
vertrauenswürdige Berater mitgegeben. Zugleich wurde eine Ehe mit
Helena, einer frommen Christin und Tochter Konstantins, arrangiert um
die Eintracht der Herrschenden zu versinnbildlichen. Iulianus
fühlte sich in Gallien zunächst wie ein Fisch an Land. Seine Studien
hatten nichts mit Politik oder Militär zu tun gehabt und die
anstehenden Probleme erschienen ihm anfangs übermächtig. Zunächst
war die Rheingrenze zu sichern. Germanische Völkerschaften hatten den
Limes auf seiner ganzen Länge überrannt und gut 50 km
linksrheinisches Gebiet besetzt. Neben Colonia
Agrippina (Köln), Mogontiacum
(Mainz) und Argentorate (Strassburg) befanden sich etwa 40 Städte
in den Händen der Feinde. Das dazwischen liegende Areal wurde stetig
geplündert. Zwar konnten Köln und einige kleiner Städte noch 356
zurückerobert werden, doch war die Lage immer noch so ernst, dass
sich Iulianus aus seinem Winterquartier in der Ortschaft Sens nicht
hinauswagen konnte. Schliesslich wurde die Stadt von den Germanen
einen Monat lang belagert. Iulianus
harrte aus und bereits im Sommer 357 errang er bei Strassburg über
die Alamannen einen Sieg. In den beiden folgenden Jahren zog der
Caesar gegen Salfranken und Chamaven (im Gebiet des heutigen Brabant)
zu Felde. Auch die Alamannen bekamen die Macht der Legionen an der oberen
und mittleren Rheingrenze nochmals zu spüren. Die römische Autorität
war wieder so gefestigt, dass sich die meisten Kampfhandlungen 358 und
359 im freien Germanien abspielten. Nach diesen Erfolgen beruhigte
sich die Lage und der Limes konnte wieder hergestellt werden.
Festungsneubauten und zusätzliche Depots für Verpflegung ergänzten
die Aktivitäten. Seit
358 residierte Iulianus im Winter in Lutetia (Paris).
Ausserhalb der Feldzugsaison hatte er sich mit den üblichen Tätigkeiten
eines Herrschers zu beschäftigen: Korrespondenz und Rechtsprechung.
Daneben fand er aber auch Zeit und Musse für Literatur. Im Gegensatz
zu Constantius verstand sich Iulianus als seinen Untertanen ebenbürtig.
So liess er es sich nicht nehmen in manchen Prozessen persönlich den
Vorsitz zu übernehmen. Jene Gebiete, die unter den Germaneneinfällen
gelitten hatten, erhielten angemessene Steuererleichterungen.
Letzteres setzte er gegen den Willen des lokalen Prätorianerpräfekten
Flavius Florentinus durch, was dem Caesar naturgemäss weite
Anerkennung bei den Untertanen einbrachte. Mit
Unbehagen hatte Iulianus die Umsetzung von Konzilergebnissen zu überwachen.
Dass er in religiöser Sicht quasi ein Doppelleben führte, konnte zu
diesem Zeitpunkt niemand ahnen. Die Sache war derart grotesk, dass er
jene Götter verehrte, dessen Anbetung er auf Geheiss des Constantius
unter Todesstrafe stellen musste. All dies war Teil einer geschickten
Politik, denn Iulianus hatte erkannt, dass ich um den Kaiser selbst
einige Gegner seiner Person scharten. So ging er in aller Öffentlichkeit
zur Kirche und verfasste Hymnen auf Constantius und seine Frau
Eusebia. Da
Iulianus im Westen für Ordnung gesorgt hatte, konnte sich Constantius
voll und ganz auf die Ostgrenze konzentrieren. Für das Jahr 359 stand
eine persische Invasion bevor und der Kaiser wollte sich ihr unbedingt
persönlich stellen. Alles in allem verlief die Abwehrmassnahme
schlecht und die Festung Amida ging für Rom verloren. Derart gestärkt,
planten die Perser für das kommende Jahr den nächsten Angriff und
Constantius musste seine Truppen verstärken. An den Caesar in Gallien
erging ein entsprechender Befehl um Entsendung von Elitekontingenten für
den Osten. Dass dabei auch gleich die Machtbasis des mittlerweile in
seinem Gebiet sehr populären Iulianus geschwächt werden würde, war
ein kalkulierter Bonus. Anfang
360 ging die Anordnung bei Iulianus in Paris ein. Zähneknirschend
reichte er den Befehl weiter, doch die germanischen Kontingente seiner
Armee weigerten sich dem Folge zu leisten. Mittlerweile kursierten
mehrere anonyme Beschwerdebriefe in seiner Kanzlei und der Caesar sah sich
gezwungen seinen Heerführern gegenüberzutreten. Bei einem Bankett zu
Ehren der Offiziere einer Eliteeinheit, beschwerten sich diese über
den Kaiser. Noch in der selben Nacht drangen Soldaten in den Palast
auf der Seine-Insel ein und riefen Iulianus im Februar 360 zum
Augustus aus. Doch
der Erwählte winkte noch ab, wie es sich für einen guten Herrscher
geziemte. Nach einer kurzen Bedenkzeit liess er sich mit einer Kette
krönen und auf einem Schild in die Höhe heben. Beide Aktionen waren
für das Römerreich neu, denn es handelte sich um germanische Sitten.
Bei Tag liess er das Heer versammeln und gewährte die bei einem
Regierungsantritt üblichen Donativa. Iulianus beteuerte fortan, von
der ganzen Aktion nichts gewusst zu haben. Es scheint, als habe er
Vorstellungen in diese Richtung gehabt, aber nicht damit gerechnet,
dass sie so schnell Wirklichkeit werden würden. Wie man aus der
Anwendung der Germanenbräuche erkennt, standen bei der Krönung weder
ein Diadem noch andere dafür benötigten Utensilien bereit. Auch
bezeichneten sich die Männer, die dies in die Wege geleitet hatten,
selbst als Verschwörer. Da
Constantius weit weg war und Iulianus einen Bürgerkrieg in der prekären
Situation an der Ostgrenze vermeiden wollte, bot er ihm an, die
Ausrufung nur zu bestätigen und weiterhin die Oberhoheit und
Ernennungsbefugnis für die hohen Beamten wahrzunehmen. Constantius
wollte davon nichts wissen und forderte Iulianus auf, den kaiserlichen
Purpur sofort niederzulegen. Das ganze Jahr 360 wurde damit verbracht,
Depeschen und Gesandtschaften auszutauschen. Schliesslich
erklärte Constantius seinen
Verwandten im Frühjahr 361 zum Staatsfeind.
Iulianus reagierte auf seine Weise indem er Truppen in Marsch setzte.
Ausgehend von Kaiseraugst gelangte er entlang der Donau bereits nach
wenigen Wochen bis nach Illyricum. Die Residenzstädte Sirmium und Naissus
(Nis) sowie der strategisch wichtige Succi-Pass (zwischen Sofia und
Philippopolis) wurden besetzt. Durch den schnellen Vormarsch waren
wohl die Versorgungslinien zu überdehnt und die Truppen machten im
Juni 361 Halt. In den folgenden Monaten passierte nichts und nicht
wenige waren der Meinung, dass in der bevorstehenden
Auseinandersetzung wohl eher Constantius den Sieg erringen würde. So
blieb Iulianus nichts anderes übrig als sich an seine Götter zu
wenden. Erleichtert konnte er das Doppelleben beenden und erflehte
sich mit öffentlich dargebrachten Opfern in Naissus eine Entscheidung
zu seinen Gunsten. Iulianus’ Gebete wurden offenbar erhört, denn am
3. November 361 verstarb Constantius mit der weisen
Testamentsentscheidung, das Reich Iulianus zu vermachen. Da auch die
hohen Militärs keine Einwände dagegen hatten, ging der Machtwechsel
reibungslos vor sich. |
Büste des Iulianus |
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(PL) |