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Flavius Honorius

Herrschaft II

Das Jahr 401 brachte dann die Wende zum ausschliesslich Negativen. Vandalen und Alanen fielen in Raetien ein, was Alarich nach gutem Zureden durch die Kaiserin Eudoxia dazu bewog in Italien einzumarschieren. Die Pässe der iulischen Alpen waren wie so oft in der römischen Geschichte unverteidigt geblieben. So konnte Alarich Aquileia und sogar Mediolanum (Mailand) bedrohen.

Honorius geriet in Panik und wollte flüchten. Sein Hofstaat konnte ihn gerade noch davon abhalten überstürzt das Weite zu suchen. Stattdessen organisierte man 404 eine geordnete Übersiedelung des kaiserlichen Hofes in das besser zu verteidigende Ravenna. Die Stadt war durch Sümpfe geschützt und bot eine leichte Fluchtmöglichkeit zu Wasser. Bis zum Untergang des Weströmischen Reiches sollte Ravanna dessen Hauptstadt bleiben.

Mit den Vandalen und Alanen schloss man überhastet Frieden und gliederte sie als Hilfstruppen in das Westheer ein. Derart verstärkt konnte Stilicho Alarich mehrmals empfindlich schlagen. Dennoch liess er Westgoten wieder entwischen und sie konnten sich auf den Balkan zurückziehen.

Der Konflikt um die Absetzung des konstantinopolinischen Bischofs Chrysostomos gab Stilicho den Anlass erneut Illyrien für Honorius zu fordern. Sein nunmehriger Konterpart, der Prätorianerpräfekt Anthemius, wies dieses Ansinnen entschieden zurück. Stilicho vollzog damit endgültig den Bruch mit dem Ostreich. Er liess Honorius einen eigenen Vertrag mit Alarich schliessen. Damit war dieser wieder Magister militum von Illyrien.

Die Pläne für den Balkan mussten jedoch verschoben werden, da es zu einer Invasion von Alamannen und Ostgoten unter ihrem Führer Radagaisus kam. Die noch verbliebene römische Bevölkerung in Pannonien wurde vertrieben und die Ostgoten drangen bis ins italische Faesulae (Fiesole) vor, wo sie von Stilicho geschlagen werden konnten.

Der militärische Zusammenbruch konnte nur mittels gotischer und sogar hunnischer Verbündeter verhindert werden. Kaum war die Gefahr abgewendet, sollten die Balkanpläne in die Tat umgesetzt werden. Stilicho wollte mit einer Flotte von Italien nach Illyrien übersetzen und sich dort mit Alarich treffen.

Erneut kam eine Invasion dazwischen. Vandalen, Sueben, Burgunder und Alamannen hatten in den letzten Tagen des Jahres 406 den zugefrorenen Rhein überschritten und waren in Gallien eingefallen. Mogontiacum (Mainz) und Treveri (Trier) ergaben sich ohne Widerstand. Andere Städte wurden zerstört und das Land geplündert. Gleichzeitig wurde auch Britannien von Invasoren heimgesucht. Stilicho tat allerdings nicht viel, um dieser Invasion Herr zu werden. Für ihn sass der Feind im Palast von Konstantinopel. So erhob sich in dieser schicksalhaften Stunde (nach zwei anderen Kandiaten namens Marcus und Gratianus) ein gewisser Constantinus als Usurpator und fand - nachdem er Hilfe schicken konnte - in den betroffenen Gebieten (Britannien, Gallien, Teile Spaniens) sofort Unterstützung.

Stilicho fühlte sich eingekesselt und beendete widerwillig seinen Konfrontationskurs mit dem Ostreich. Alarich hingegen betrachtete dies als einen Bruch der bisherigen Vereinbarungen und marschierte wieder nach Italien. Er besetzte die iulischen Alpen sowie die Provinz Noricum. Aus dieser strategischen Position heraus forderte er von Honorius die Summe von 4.000 Pfund Gold für den Abzug. Stilicho drängte den Kaiser das Angebot anzunehmen.

Honorius hielt sich gerade in Rom auf, als all diese Nachrichten eintrafen. Der Abfall der Nordwestprovinzen und die Ostpolitik hatten nicht gerade dazu beigetragen Stilicho beim Kaiser in Ehren zu halten. Bislang konnte sich der Heerführer einer gewissen Popularität bei den Senatoren erfreuen. Nach dem Bekanntwerden der gotischen Erpressung wandten sie sich von ihm ab. Weiter aufgeladen wurde das Spannungsfeld durch unterschiedliche Ansichten in der Religionspolitik.

Als Arcadius 408 im Osten verstarb, waren sich Kaiser und Heermeister darüber uneins, wie mit dem Machtvakuum in Konstantinopel umzugehen sei. Stilicho setzte sich durch und wollte in den Osten gehen. Dies brachte den mächtigen Hofbeamten Olympius ins Spiel. Als Honorius sich zu seinen Truppen nach Pavia begab, schaffte er es den Kaiser davon zu überzeugen, die mächtige Schattenfigur beseitigen zu lassen. Noch im August 408 wurde Stilicho wegen Hochverrats - man warf ihm vor mit Alarich gemeinsame Sache zu machen um seinen Sohn Eucherius auf den Thron zu bringen - gestürzt und nach dem Abfall seiner Truppen in Ticinum samt seines Sohnes hingerichtet.

Die Folge war ein völliger Kurswechsel in der Politik. Honorius verstiess seine Frau Thermantia und liess die Anhänger des Stilicho verfolgen. Unter Einfluss der Senatorenschaft kam es sowohl in Bevölkerung als auch im Heer zu einer prorömischen Reaktion.

Seines Verhandlungspartners beraubt, begann Alarich unverzüglich auf Rom zu marschieren. Zahlreiche germanische Kontingente des Heeres liefen auf seinem Zug zu ihm über, da sie fürchten mussten samt ihrer Familien ermordet zu werden. Die Aurelianische Mauer schützte die Stadt vor einem unmittelbaren Sturm der Vorhut, doch setzten die Goten auf Zeit. Die Nahrungsmittelvorräte gingen zur Neige und Alarich forderte von Kaiser und Senat eine noch höhere Summe als zuletzt.

Während dieser Krise konnte Honorius zum ersten Mal politisches Profil zeigen. Er erkannte den Usurpator Constantinus III. in Britannien und Gallien an, versöhnte sich so gut es ging mit dem Ostreich und warb als Ersatz für die übergelaufenen Germanen hunnische Kontingente für das Westheer an. Einer Bitte um Truppenentsendung nach Britannien lehnte Honorius mit der Begründung ab, Rom sei selbst bedroht.

Alarich wiederum zog seinen Belagerungsring um Rom enger, holte weitere Goten in sein Lager und schickte mit dem heidnischen Stadtpräfekten Priscus Attalus sogar einen Thronkandidaten ins Rennen. Attalus verhandelte zwar mit Ravenna und machte Alarich zum Magister militum, blieb aber stur bei der Forderung nach Übergabe der afrikanischen Getreidequellen. Selbst die tatsächliche Einstellung der Lieferungen durch den honoriustreuen Statthalter änderte nichts an dieser Einstellung.

Diese ungewöhnliche Haltung liess Honorius daran denken, Attalus im Westen anzuerkennen und selbst nach Konstantinopel zu gehen. Die Fraktionen am Hof waren sich auch uneins und am Ende blieb Honorius auf Anraten seines neuen Beraters Olympius im Westen und liess das Lösegeld bezahlen. Doch der Abzug der Goten war nicht von langer Dauer.

Im Jahr darauf standen die Goten erneut vor den Toren der Stadt und eroberten Portus Augusti (Ostia). Die im Namen von Attalus in dieser Zeit geprägten Münzen tragen ironischerweise die Legende Invicta Roma Aeterna (Unbesiegtes Ewiges Rom).

Wiederrum ein Jahr später war Priscus Attalus von Alarich infolge seines Starrsinns abgesetzt worden und er vereinbarte ein Treffen mit Honorius. Während der Audienz kam es zu einem Angriff von Goten, die mit Alarich im Streit lagen. Der Kaiser nahm an, das ganze wäre nur inszeniert um ihn in die Knie zu zwingen und er liess die Verhandlungen abbrechen.

Damit war das Schicksal Roms besiegelt. Alarich marschierte zum dritten Mal auf die Stadt. Die Aurelianische Mauer hätte Schutz geboten, doch wurden ihre Tore durch Verrat geöffnet. Das erste Mal seit dem Keltensturm von 387 v.Chr. wurde die Stadt im August 410 erobert. Die Zeitgenossen empfanden dies als ungeheure Schmach und sahen sich am Ende der Geschichte. Die Soldaten zündeten einige Gebäude an und plünderten in drei Tagen was ihnen in die Finger kam. Eine vollständige Plünderung bzw. Zerstörung geschah in den drei Tagen nicht, da Alarich eigene Pläne hatte. Er wollte mit seinen Mannen nach Afrika übersetzen und nahm deshalb Honorius’ Halbschwester Galla Placidia als Geisel mit sich.

Doch die Goten sassen in der Falle. Zwar hatten sie ungeheure Schätze erbeutet, doch ihr Ziel nach Afrika zu entkommen gelang ihnen nicht. Als Alarich noch im selben Jahr in Cosentia (Cosenza) starb, zogen die Goten zwar weiter plündernd durch Italien, konnten jedoch politisch nichts mehr ausrichten. Der neue Anführer Athaulf erkannte die Zwickmühle und führte seinen Stamm in Richtung Gallien.

Zwischen der Hinrichtung Stilichos und dem Abzug der Goten hatte sie viel ohne kaiserliches Zutun ereignet, doch konnte sich Honorius in dieser Zeit etwas von seinen Beratern emanzipieren. Ein tatsächlich eigenständiges Profil entwickelte Honorius auf dem Gebiet der Religionspolitik. Sehr konservativ erzogen und während seiner Jugend unter dem Einfluss von Bischof Ambrosius, bestätigte er von sich aus die Privilegien der Kirche. Die Erlasse gegen die Heiden wurden ebenso erneuert, wie Ketzer verfolgt. Zugeständnisse an die heidnische Senatsaristokratie gab es nur, wenn es politisch unbedingt notwendig war. Sie wurden später alle wieder rückgängig gemacht. Auch Sozial- und Finanzgesetzgebung orientierten sich an der kaiserlichen Religionspolitik.

Die Einnahme Roms durch die Westgoten hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet und die nun folgende Regierungsphase war geprägt durch Aufstände, die sich manchmal aber auch gegenseitig aufhoben. Constantinus III. fiel während der Belagerung von Arles durch die kaiserlichen Heerführer Constantius III. und Ulfilas. In Spanien erhob sich ein Militär namens Gerontius und stellte einen Gegenkaiser namens Maximus auf. Da die Truppen jedoch ihren Dienst versagte, brach dieser Aufstand zusammen.

Mit Hilfe der Alamannen, Burgunder und Franken usurpierte der Gallier Iovinus in seiner Heimatprovinz. Doch bereits 413 sagte sich sein Verbündeter Athaulf von ihm los und die Herrschaft war beendet. Der Heerführer Heraclianus, der Stilicho hingerichtet hatte und Afrika erfolgreich verteidigt hatte, ging ebenfalls 413 beim Versuch einer Invasion Italiens mit seiner Flotte sprichwörtlich baden.

Diese Aufstände standen meist im Zusammenhang mit Invasionen von aussen oder dem wankelmütigen Verhalten der Föderaten im Reichsinneren. Damit wurden die Verwaltungsstrukturen geschwächt und die westlichen Diözesen entfernten sich immer mehr von der Zentralgewalt in Ravenna.

Ein Ereignis ähnlicher Tragweite wie die Einnahme Roms war die Gefangennahme von Honorius’ Halbschwester Galla Placidia durch die Goten. Deren Führer Athaulf heiratete sie im Jahre 414 wohl aus diplomatischen Gründen. Einen Frieden mit Honorius erreichte er damit allerdings nicht, denn dieser verweigerte die Anerkennung dieser Ehe. Constantius trieb die Goten vor sich her und drängte sie nach Spanien ab. Erst sein Nachfolger Valia trat mit den Römern wieder in ein Bündnis ein, das ihnen die erhoffte Ruhe brachte. Honorius erhielt seine Halbschwester zurück und 414 wurden die Goten zu Föderaten in ihrer neuen Heimat Aquitanien mit der Hauptstadt Tolosa (Toulouse).

Die letzte Phase von Honorius’ Herrschaft war so durch die Person des erfolgreichen Magister militum Flavius Constantius geprägt. Er hatte die Goten geschlagen und Galla Placidia befreit. Dafür bekam er sie zur Frau und wurde 421 zum zweiten Augustus im Westen berufen. Aus dieser Verbindung entsprang ein Sohn, der als Valentinian III. den Thron besteigen sollte. Der im Osten regierenden Theodosius II. war mit dieser dynastischen Regelung nicht einverstanden und nur der Tod von Constantius III. 421 verhinderte ein militärisches Eingreifen.

Honorius zeigte gegen Ende seiner Regierung wieder weniger Profil. Die wichtigsten Fragen wurden von Constantius erledigt; so etwa der Kirchenstreit zwischen Eulalius und Bonifatius im Jahre 419, wo Constantius im Nahmen seines Kaisers für Bonifatius votierte. Auch zeigt Galla Placidia in dieser Phase wesentlich mehr Engagement und Courage als ihr Halbbruder.

Solidus von 4,45 g
des Honorius
aus Constantinopel

(Der Ausrufungspreis dieser Münze beim Wiener Auktionshaus H.D.Rauch betrug EUR 520,00)


 

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(PL)