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Marcus Aurelius Antoninus (Caracalla)

Herrschaft und Wirken II (Flucht ins Reich)

Die spannungsgeladene Atmosphäre der Hauptstadt dürfte Caracalla schliesslich zu viel geworden sein. Er ging Anfang 213 auf Reisen und besuchte Germanien. Dort freundete er sich mit den Soldaten der Rheinlegionen an. Zwar hatte er zuvor schon ihren Sold deutlich erhöht - was die Staatskasse immerhin 70 Millionen Sesterzen kostete -, doch gelang es ihm auch darüber hinaus mit den Legionären auf Du und Du zu stehen. Er marschierte an ihrer Seite, begnügte sich mit der selben Essensration, verzichtete auf allen aus Rom mitgebrachten Luxus und soll sich sogar selbst das Getreide gemahlen haben.

Um den Germanen östlich des Rheins wieder in Erinnerung zu rufen, dass Rom immer noch die führende Macht darstellte, wurden im Sommer 213 einige Feldzüge gegen Stämme im Agri Decumanti (zw. Rhein, Main und Neckar) erfolgreich geführt. Hier traten den Römern zum ersten Mal die Alemannen, ein lockerer Bund germanischer Völker, gegenüber. Durch diese Siege ermuntert, konnten sich sogar die Senatoren dazu durchringen, Caracalla den Titel Germanicus maximus zu verleihen.

Kritiker behaupteten, dass vielmehr Geldzahlungen zum Frieden beigetragen hätten, als militärische Siege. Diese Form der Konfliktregelung war der traditionellen römischen Meinung nach unschicklich. Dennoch bediente sich der Kaiser dieser Methode um seine militärische Strategie zu ergänzen. Der Erfolg gab Caracalla recht, da es an der Rheingrenze für die nächsten zwanzig Jahre relativ ruhig blieb. Auch bekundete er nicht reine Abneigung gegen die Kämpfer aus dem Norden und trug deshalb manchmal eine rotblonde Perücke, die nach germanischer Art frisiert war.

Diese bewusste Hereinnahme nichtrömischer Traditionen war ein Charakteristikum dieser Zeit. In jenen Tagen begann das allmähliche Nachlassen der bislang vorherrschenden Stellung Roms und Italiens. Auch der caracallus-Mantel war so eine Erscheinung. Und die durch Caracallas constitutio Antoniniana vollzogene Bürgerrechtsverleihung an alle freien männlichen Einwohner des Imperiums muss in unter diesem Gesichtspunkt gesehen werden. Damit wurden auch die Bürgerrechtsverleihungen nach dem Militärdienst überflüssig. Die Massnahme führte zu einer Gleichstellung aller Soldaten, erschwerte jedoch die Gewinnung von ehrgeizigen und kampfeswilligen Männern für den Heeresdienst.

Hauptgrund für diese constitutio waren Finanznöte. Wie schon Vespasian vor ihm konnte er durch die Ausweitung des Bürgerrechts die Erbschaftssteuereinnahmen und die Entlassungssteuern für Sklaven ohne direkte Steuererhöhungen erhöht werden. Die Staatsfinanzen waren überhaupt das grösste Problem in Caracallas Regierungszeit. Da der Denar deutlich an Wert verloren hatte, rief er mit dem Antoninan eine neue Münze im Wert von zwei Denaren ins Leben. Ihr Silberwert lag allerdings nur bei etwas mehr als anderthalb Denaren. So wurde erstmals Silbergeld zur Kreditmünze.

214 befehligte er Truppen von Dakien über Thrakien nach Kleinasien. Cassius Dio berichtet, dass er in Thrakien Alexander den Grossen nachahmte und mehrere Elefanten mitführte. Im gleichen Atemzug liess er auch die Anhänger der Philosophie des Aristoteles verfolgen, das man diesem Philosophen für den Tod Alexanders mitschuldig machte. In vielen Städten gab er Statuen von Alexander in Auftrag. Dabei sollen auch solche darunter gewesen sein, deren eine Gesichtshälfte Alexander, die andere Caracalla dargestellt hat.

Bei Ilion, dem antiken Troja, besichtigte er die Ruinen der untergegangenen Stadt und legte am angeblichen Grab des Achilles Blumen und Kränze nieder. Als einer seiner Sekretäre plötzlich verstorben war, nutzte er die Gelegenheit und liess ein pompöses Staatsbegräbnis ausrichten, dessen Höhepunkt ein riesiger Scheiterhaufen war, der demjenigen gleichen sollte, den Achilles laut Homer seinem Freund Patroklus hatte errichten lassen.

Im Jahr 214 zog Caracalla nach einer Überwinterung in Nicomedia weiter. Im Mai 215 quartierte er sich im syrischen Antiochia ein, um dort den Sommer zu verbringen. Danach reiste er nach Alexandria, wo ihm von der Bevölkerung ein grandioser Empfang bereitet wurde. Nach Rom war diese Stadt mit über einer halben Million Einwohner die zweitgrösste im Imperium. Ausserdem lag in Ägypten Alexander der Grosse begraben. Folglich führte ihn sein Weg schnurstracks zu dessen Grabstätte, wo Caracalla sämtlichen Schmuck und sogar seinen Purpurmantel niederlegte.

So friedlich der Aufenthalt in Ägypten begonnen hatte, so blutig endete er. Caracallas Soldaten richteten unter der Zivilbevölkerung ein Massaker an, dessen Grund leider nicht überliefert wurde. Jedenfalls musste etwas vorgefallen sein, das eine solche Massnahme - in der bis zu diesem Zeitpunkt positiven Atmosphäre - provoziert hatte. Unter einem Vorwand waren die jungen Männer Alexandrias zusammengerufen, von den Soldaten umzingelt und niedergemetzelt worden. Später wurden die Gräuel auf angrenzende Stadtviertel ausgedehnt. Diese Tat war einer der dunkelsten in der Geschichte Alexandrias und nagte neben der Ermordung Getas an Caracallas Persönlichkeit.

Caracalla auf einer Bronzemünze der Stadt Pautalia in Thrakien
e commentario periodico "money trend" 11/2008

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Quellen: M.Grant "Die römischen Kaiser", C.Scarre "Die römischen Kaiser"

 

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(PL)