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Lateinische Inschriften


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Epigraphik

Übersicht

Antike Inschriften sind eine Wissenschaft für sich. Nicht umsonst befasst sich eine eigene Disziplin, die Epigraphik (von grch. epigraphein = auf etwas schreiben), mit dieser Materie. Die Fundlage ist gewaltig, aber auf viele Länder und Epochen verteilt. Auch nahm man es oft mit Rechtschreibung und Abkürzungen nicht so genau, sodass einer genauen Analyse von Inschriften hohe Bedeutung zu kommt. Viele Satzkonstruktionen sind durch die Kürze der Texte mehrdeutig und bedürfen einer Kommentierung. Auch darf nicht übersehen werden, dass besonders in frühen Inschriften die Schreibung von Buchstaben und Zahlenwerten nicht der hochklassischen Norm bzw. der modernen Schreibung entsprach. Gleiches gilt auch für die Inschriften anderer alter Sprachen.

Die Strukturierung und Einteilung von Inschriften nach geographischen Merkmalen ist noch relativ einfach zu bewerkstelligen; schwierig wird die Sache erst bei der sachlichen Kategorisierung. Die Einreihung in Weihe-, Bau-, Ehren- oder Grabinschriften ist manchmal nicht leicht. Einfacher zu handhaben sind dagegen Inschriften, die sich bereits durch ihre Medien abheben, wie z.B. Militärdiplome und Meilensteine. Auch wird dadurch die Trennung zwischen Literatur und Epigraphik deutlich. Alles gemeisselte und gravierte fällt in letztere Sparte; somit etwa auch die Res gestae (Tatenbericht) des Kaisers Augustus.

Die Überlieferung der Inschriften stellt wiederum ein Kapitel für sich dar. Sowohl die naturgegebene Verwitterung als auch menschlicher Einfluss haben den sprechenden Steinen hart zugesetzt. In der Antike betrieb man die Damnatio memoriae (Tilgung aus der Geschichte), die einzelne Passagen unleserlich machten. Viel schlimmer wirkte sich jedoch das Christentum aus. Zahlreiche Inschriften wurden bewusst zerstört, da sie einen "heidnischen" Charakter aufwiesen und somit als nicht erhaltenswert angesehen wurden. Ein weiterer menschlicher Einflussfaktor von negativem Ausmass sind Kriegsschäden - vor allem seit der Einführung des Schiesspulvers - und in geringerem Umfang inakzeptable Bergungsmethoden (so setzte man etwa Anfang des 19.Jh. in Ägypten zur Gewinnung von Mumien aus Steinsarkophagen Sprengstoff ein und zerstörte damit unwiederbringlich zahlreiche Texte).

Die Länge der Inschriften lässt vielfach zu wünschen übrig. Zum einen hielt man sich beim Meisseln kurz, zum anderen wurden die Texte beschädigt. Viele Texte, wie etwa die bereits erwähnte Res gestae oder das Diolcetianische Preisedikt sind nur durch mehrere bruchstückhafte Funde in ihrem Inhalt gesichert.

Neben dem reinen Text sind auch noch andere Faktoren von Bedeutung und können Hinweise auf die Antike geben. Das Schreibmaterial (Steinarten, Bronzetafeln, etc.), ergänzende Reliefs, Ornamente, Farbreste, ja sogar Dübellöcher liefern wertvolle Informationen aus jenen Tagen. Sie können vor allem die zeitliche Zuordnung von Texten etwas erleichtern.

Die Geschichte der Epigraphik beginnt verhältnismässig früh bereits in der karolingischen Epoche des 8. und 9.Jh.n.Chr. Die damaligen Kompilationen waren allerdings von geringem Umfang. Bedeutung erlangen sie allerdings vor allem durch die Erwähnung von heute vielfach verlorengegangen Originalen. Einen Aufschwung erlebte die Epigraphik in der Renaissance, wo das Sammeln von antiken Inschriften zum Hobby vieler Adeliger und Gelehrter zählte. Leider gingen auch hier viele der gesammelten Originale verloren und sind nur durch (manchmal unsichere) Zeichnungen wenigstens inhaltlich erhalten geblieben.

Viele der Inschriften sind noch an ihren originalen Plätzen in situ zu finden, doch zahlreiche andere wurden in Museen oder in andere Länder geschafft. Somit kommt den modernen Sammlungen der Inschriftentexte überragende Bedeutung zu.

Die grösste hiervon geht auf den Arbeitseifer eines Mannes zurück: Theodor Mommsen. 1863 veröffentlichte er den ersten Band der damals bekannten römischen Inschriften in seinem Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL). Parallel wurde erstmals auch die grundlegende Vorgangsweise bei der epigraphischen Forschung festgeschrieben. Darüber hinaus gibt es noch Spezialsammlungen (z.B. Inscriptiones Latinae Christianae veteres, etc.), Fachzeitschriften und der CIL wird immer noch laufend erweitert!

Datierung

Neben der Erfassung von Sinn und Inhalt einer Inschrift stellt die Datierung derselben ein schwieriges Unterfangen dar. Kaum ein Text wurde mit Datum versehen; Tagesgenaue Datierungen sind überhaupt am seltensten. So kommt der Textanalyse zur Gewinnung der zeitlichen Dimension ein grosser Stellenwert zu.

Die beste Informationsquelle ist hierbei die Kaisertitulatur; in der republikanischen Zeit tut man sich da schon etwas schwerer; wenn etwa keine Consuln angegeben wurden. Da vielfach genaue Daten bezüglich von Ämtern und Titelverleihungen (Konsulate, imperatorische Akklamation, tribunizische Amtsgewalt) aus der Literatur bekannt sind, können manche Inschriften auf wenige Jahre (manchmal sogar wenige Monate) datiert werden.

Doch nicht alle Inschriften nehmen Bezug auf einen Kaiser. Viele Namen z.B. von Stiftern oder Statthaltern werden mit ihrem Cursus honorum (Ehren(lebens)lauf) genannt. Durch die Kenntnis der Reihung von Ämtern, können auch hier wertvolle chronologische Informationen gewonnen werden. Gleiches, wenn auch in weitaus geringerem Umfang, gilt für den gemeinen Bürger, der auf Grabsteinen verewigt wurde.

Die Namensgebung selbst lässt bei wichtigen Familien ebenfalls Schlüsse auf eine zeitliche Einordnung zu. Der Hang zu Polyonymie (Vielnamigkeit) führte zu einer stetig wachsenden Zahl von Namensbestandteilen bei einzelnen Personen. Hier lassen sich ähnliche Verfahren, wie bei der Kaisertitulatur anwenden.

Antike Schreibung

In der Antike wurden die Inschriften nicht von Schreibern, sondern von Handwerkern verfasst. Meist wird es eine Vorlage gegeben haben. Bei mancher Schreibweise erkennt man aber, dass hier der Steinmetz nicht ganz sattelfest oder vielleicht sogar völlig ahnungslos war. Zum Glück nehmen die zahlreichen Abkürzungen kaum Rücksicht auf korrekte Grammatik. Anhand der Ausbringung, d.h. Qualität, ist weiters zu erschliessen wie viel dem Auftraggeber die Inschrift wert war. Je teurer, desto hochwertiger das Schriftbild.

Das Meisseln von Texten ist eine Kunst, die nicht unterschätzt werden darf! Die Optik des Meisselnden entspricht ja nicht unbedingt jener des späteren Publikums; etwa bei hohen Monumenten. Für diese Fälle erfand man die capitalis quadrata (Monumentalschrift), die wir noch heute mit römischen Inschriften assoziieren. Man bemühte sich die Lesbarkeit zu erhöhen, fügte Serifen dazu und spielte mit unterschiedlicher Schriftbreite. Die Qualität änderte sich aber auch im Ablauf der Jahrhunderte. Ihre Blüte erlebte die römische Inschrift während der hohen Kaiserzeit der ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderte.

Abseits der Monumentalschriften entwickelte sich mit der scriptura actuaria (Schnellschrift) eine raumsparenderer Methode Texte zu Stein zu bringen. Sie ist charakterisiert durch hohe, schmale Buchstaben mit kurzen Querstrichen. Bei längeren Texten wurde ausschliesslich diese Form verwendet (ausser vielleicht für die ersten Wörter, die man in capitalis quadrata meisselte).

Im Gegensatz zu den Griechen, strebten die Römer bei ihren Inschriften nach äusserlicher Harmonie und stellten somit die optische Wirkung sehr in den Vordergrund. Zentrierung, Einrückungen, Trennzeichen und Buchstabenverschmelzungen (die bekannteste ist AE zu Æ, aber es gab auch AV und ET sowie PF, NI und TI) erlaubten eine Optimierung der Inschrift mit ihrer Umgebung. Öfters tauchen auch Zeichen auf, die nicht zur Norm gehörten. Hierzu gehört etwa das "gallische E", das als II geschrieben wurde. In claudischer Zeit verwendete man das Digamma (ein grosses F auf dem Kopf) für die Buchstaben V und W. Die bekannteste Variante ist die Gleichschreibung von U und V als V. Weiters konnte C die Buchstaben G und K vertreten. Ein spiegelverkehrtes C stand für Caia, einen Frauennamen. Manchmal griff man ganz auf archaische Formen zurück, was auch für die Zahlzeichen zutrifft. Die verwendete Schreibung ist vielfach das einzige Indiz für eine zeitliche Einordnung von Inschriften, wobei dies immer nur als Ergänzung anzusehen ist. Bekanntlich ist ein Schriftzug anders ausgefallen, wenn der Steinmetz ein paar Becher Wein intus hatte...

Ein eigenes Kapitel stellt die gewöhnliche Schreibschrift dar, die etwa bei Graffitis verwendet wurde. Das flüssige Aneinanderfügen der Buchstaben erschwert das Lesen und derartige Texte können in der Regel nur Fachleuten entziffert werden.

Das wichtigste Element bei der Übersetzung von Inschriften stellt das Verständnis der verwendeten Abkürzungen dar. Ein und dasselbe Kürzel können je nach Kontext unterschiedlich aufgelöst werden. Besonders bei beschädigten Texten steht man vor der Problematik einer Auflösung, wenn man sich nicht sicher sein kann, ob eine Abkürzung oder nur ein beschädigtes Wort vorliegt.

Das Leidener Klammersystem

Im Jahre 1931 wurde das sogenannte "Leidener Klammersystem" eingeführt, wonach bei der Dokumentation von Inschriften fehlende Textstellen durch eckige Klammern [] und Auflösungen von Abkürzungen durch runde Klammern () gekennzeichnet werden. Wurden Fehler des Steinmetzen oder aufgrund der Optik erkannt, so werden diese Änderungen mit spitzen Klammern <> angedeutet. Manchmal erscheinen auch zu viele Buchstaben (z.B. durch falsche Grammatik), die dann in geschwungene Klammern {} gesetzt werden. Schlussendlich wurde auch das Problem von Rasuren, d.h. Tilgungen, berücksichtigt. Texte die getilgt oder überschrieben wurden stehen in doppelt eckigen Klammern [[]].

Ist die Lesung eines Buchstabens unsicher, so wird unter dem betreffenden Zeichen ein Punkt gesetzt. Lücken deren Buchstabenzahl bekannt ist werden durch eine entsprechende Punktanzahl versinnbildlicht (selten auch mit einer Ziffernangabe). Ist die Lücke undefinierbar gross, werden drei Querstriche gesetzt. Um die Länge der Zeilen zu kennzeichnen verwendet man an jedem Ende einen senkrechten Strich | inmitten des Textes (sind dabei hochgestellte Ziffern angegeben, so beziehen sie sich auf die Zeilenzahl).

Römische Wachstafel
mit Griffel


Quellen: L.Schumacher "Römische Inschriften", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)