SPRACHE |
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ANTIKE LITTERA A |
Beispiele für neuzeitliche
Inschriften Allgemeines Die lateinischen Inschriften der Neuzeit stehen meist in Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden und Denkmälern. Dazu kommen noch Sinn- und Wahlsprüche. Längere Texte sind eher selten, da sie zu einem Zeitpunkt in Stein verewigt wurden, da die Bevölkerung mit Latein nur mehr wenig anzufangen wusste. Im Wesentlichen gibt es zwei Fundhäufungen: zum einen in sakralem - meist sepulkralem (=Grabstätten betreffend), zum anderen in kaiserlich-herrschaftlichem Zusammenhang. Inschriften, die nicht direkt diesen beiden Sphären zugeordnet werden können, sind eher selten. Chronogramme Um Texte von einer eigenen Jahresdatierung zu befreien, hat man seit der Renaissance das Chronogramm erfunden. Dabei handelt es sich um römische Zahlzeichen, die im laufenden Text extra hervorgehoben werden (entweder durch ihre Grösse oder farblich). Aufsummiert ergeben diese Zahlzeichen das Jahr der Schriftsetzung. Die Extraktion einer Zahl ist einfacher, als die Unterbringung im Text, da lediglich die Buchstaben I, V, X, L, C, D und M zur Verfügung stehen (wobei U als V gezählt und auch so geschrieben wird). Ein Beispiel zur Verdeutlichung: PETRVS
LVCVSALTVS
HAEC VERBA
SCRIPSIT. Die maximal zur Verfügung stehenden Zahlzeichen (es müssen nicht alle verwendet werden) sind der Reihe nach: V L V C V L V C V C I I, nach Gruppen: CCC, LL, VVVVV, II somit addiert CDXXVII = 427. Trotz der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten ist keine Zahl darunter, die man als aktuelle Jahreszahl (2005) verwenden könnte. Also muss man den Text so verändern, dass die gewünschten Zahlzeichen enthalten sind: PETRVS
LVCVSALTVS
CVM
GAVDIO HAEC
VERBA SCRIPSIT. Das Chronogramm ergibt nun: V L C L C M D C C, nach Gruppen: M, D, CCCC, LL, V, addiert: MMV = 2005. Die ad hoc Lesbarkeit einer Inschrift wird durch ein Chronogramm zwar erschwert, aber man erspart sich - wie bereits erwähnt - die Jahresangabe. Eine Spitzenleistung liegt vor, wenn die Zahlzeichen optisch gut auf die ganze Inschrift verteilt sind oder alle zur Verfügung stehenden Zeichen verwendet wurden. In der Regel beginnt man aber links mit der Auswahl der Zeichen und nutzt einfach das Vorhandene. Grabinschrift auf dem Friedhof zu Bad
Ischl/Oberösterreich Hic | quiescit | praenobil{l}is dominus | Antonius | Dicklberger | caesario-regius | montis salinarum Iscal | magister | optime meritus | ac decoratus | qui | LXImo aetatis suae anno | die XXIIao Octobris | MDCCCXL | pie in domino obdormivit. | Resquiescat in pace. Hier ruht der vornehme Herr Anton Dicklberger, hochverdienter und geehrter k.k. (= kaiserlich-königlicher) Vorsteher der Saline zu Ischl, der in seinem 61. Lebensjahre am 22.Oktober 1840 fromm im Herrn entschlafen ist. Er möge in Frieden ruhen. Vidua desolata | Walburga nata Frellich | pietate conjugali | hoc monumentum extrui | curavit. Die vereinsamte Witwe Walburga, geborene Frellich, hat sich in ehelicher Ergebenheit um die Errichtung dieses Grabmals gekümmert. Bauinschrift am Gebäude Margaretenplatz 3 in Wien 5 DV(M) FRVSTRA.OPPUGNAT SOLYMANVS TVRCA VIENNAM | ARAM MARGRETHAE DESTRVIT ATQVE DOMVM | GRANAE PRAESES OLAI RESTAVRAT ET INDE RVDOLPHVS | SCHMIDT BARO DE SCHWARZHORN AVGET ET ORNAT OPVS | CAESARIS ORATIR CVM DE SVLTAN MEHEMETT HAN | A PORTA OTTMANNA PARCIFER IPSE REDIT | ANNO QVO | PACEM LEGATIONE DEFERT Während Soliman der Türke vergeblich Wien belagert, zerstört er Margarethens Kirche und Hof. Der Bischof Grans Oláhus baut sie wieder auf, sodann vergrössert und schmückt den Bau Rudolf Schmit, Freiherr von Schwarenhorn. Der Gesandte des Kaisers, als er von Sultan Mohammed Khan, von der ottomanischen Pforte als Friedensbringer zurückkehrt in dem Jahre, in dem er den Frieden als Gesandter bring. Über dem U des ersten Wortes ist ein Strich zu sehen. Dieser bedeutet einen im weiteren ausgelassenen Buchstaben, meist ein M oder N. Granae Praeses bezeichnet den hier namentlich genannten grossen Primas von Ungarn, Mehemet war Sultan Mohammed IV. (1648-1687). Han bezeichnet den Sultanstitel als Khan bzw. Chan, da im osmanischen Türkisch kh wie h gesprochen wurde. Die letzte Zeile enthält ein kaum mehr sichtbares Chronogramm: C + M + L + I + D = MDCLI = 1651 Widmungsinschrift auf der Esplanade in Bad Ischl/Oberösterreich Dieses Beispiel gehört zu seltenen Gattung der nicht-religiös motivierten lateinischen Inschriften und befindet sich ebenfalls in Bad Ischl. Der auf der Abbildung nicht ganz einfach lesbare Text lautet: SOPHIAE NOMEN | DECVS VIAE AVSPICIO | NOTI EXACTAE Sophiens Namen, der Schmuck des nach dem Willen des Bekannten ausgeführten Weges Mit Bekannten ist der Bad Ischler Wohltäter namens Wirer gemeint. Die Inschrift beinhaltet ein ausgeklügeltes Chronogramm, da alle zur Verfügung stehenden Buchstaben verwendet wurden: I + M + D + C + V + V + I + V + I + C + I + I + X + C = MDCCCXVVVIIIII = MDCCCXXX = 1830 |
Lateinische Grabinschrift auf dem
Friedhof
Sonnenuhr an der Aussenfassade der
Pfarrkirche in Gutau/OÖ
Sonnenuhr an der Aussenfassade eines
Hauses in Weitenegg/NÖ |
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Quellen: eigene Fotografien, Ergebnisse des Projekts "Latein auf Stein" (Wiener Inschrift); sowie Hinweise von Heinz Saurugg/Schwanenstadt |
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