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Provinz Raetia
Verwaltung Raetien wurde schon von Anbeginn des römischen Eindringens gemeinsam mit Vindelicien verwaltet. Bevor der Provinzialstatus verliehen wurde stand es als Okkupationsgebiet unter Militärverwaltung der gallischen Provinzen. Dieses setzte einen Legaten des rheinischen Militärkommandos als preafectus der Stämme ein. Überliefert ist C. Vivius Pansa, der unmittelbar 15 v.Chr. dieses Amt inne hatte. Ihm beigestellt war mit Q. Octavius Sagitta ein Finanzprokurator, der 15/14 bis 12/11 v.Chr. in der Provinz bezeugt ist. Diese Militärverwaltung währte ca. 30 Jahre. Nach Abberufung des Germanicus in den Jahren 16/17 n.Chr. erhielt Raetien einen direkt dem Kaiser unterstellten Präfekten, dem mehrere Sonderrechte zustanden. So hatte er das lokale Militärkommando, zeitweise den Titel pro legato (als Legat für den Kaiser) und das ius gladii (Blutgerichtsbarkeit). Zwei dieser Präfekten sind überliefert:
Kaiser Tiberius wandelte das Okkupationsgebiet in die Provinz Raetia et Vindelicia um. Der südlich des Alpenhauptkammes gelegene Teil des raetischen Landes wurde mit Ausnahme des oberen Etsch- und Eisaktales zu Italien geschlagen. Vor allem die Städte Tridentum, Brixia und Comum profitierten hier vom Gebietszuwachs. Die Verwaltung lag in den Händen eines ducenaren (= 200.000 Sesterzen Jahresgehalt) Präsidialprokurators. Die Finanzverwaltung übte ein Finanzprokurator unbekannten Ranges aus. Die Hauptstadt der Provinz war wie es scheint schon von Anbeginn Augusta Vindelicorum (auch Vindelicum genannt). Möglicherweise wurde die Stadt auf den Reste des Oppidiums Damasia gebaut, das der Geograph Strabon in der Gegend erwähnte und das seit der Gründung der Stadt nicht mehr bezeugt ist. Insgesamt sind zwölf Statthalter überliefert:
Mit der Verleihung des Provinzialstatus ging ein vermehrter Ausbau der Verkehrswege einher. Vor allem die Hauptstrasse vom Etschtal ins Inntal und von dort in Richtung Donau wurde unter Claudius ab 46 n.Chr. zum echten Fernverkehrsweg ausgebaut. Sie erhielt den Namen Via Claudia Augusta. Ihr Endpunkt lag vermutlich bei Druisheim südlich von Donauwörth. Die Provinz konnte sich friedlich entwickeln und unter Kaiser Hadrian wurde die Hauptstadt Augusta Vindelicum mit dem Beinamen Aelium zum Munizipium erhoben. Zu dieser Zeit traten auch zwei vici (Vororte) von einheimischen civitates (alte Gaugemeinden) hervor: Cambodunum und Brigantium. Beide waren schon in vorrömischer Zeit besiedelt gewesen. Ihre Blüte begann bereits während der frühen Kaiserzeit. Ihre Bedeutung kann daraus ermessen werden, dass auf sie zahlreiche Meilensteine bezogen waren. Im Alpengebiet selbst fehlten aber noch grössere römische Ansiedlungen. Seit Claudius dürfte auch Curia eine römische Siedlung gewesen sein. Überhaupt haben sich die einzelnen Landschaften Raetiens unterschiedlich entwickelt. Das Gebirgsgebiet hinkte gegenüber dem hundert Jahre später in Besitz genommenen Neckerland weit hinterher. Die Hochebene von Vindelicien hat sich ähnlich entwickelt wie die Provinz Noricum, wenn auch nicht so vollständig durchdrungen. Im Zuge der Stationierung der legio III Italica in Regina Casta kam ein prätorischer Legat senatorischen Standes als Chef der Verwaltung in die Provinz. Sein vollständiger Titel lautete: legatus Augusti (oder Augustorum) pro praetore provinciae Raetiae. Das Amt lässt sich mit folgenden Personen in Verbindung bringen:
Die Finanzverwaltung müsste eigentlich einem eigenen Finanzprokurator übertragen worden sein, doch fehlen bislang alle Belege dafür. Die Prioritäten wandelten sich von Handel und Industrie zum Militär und die Entfernungen in jener Zeit wurden am Limes als ALG (a legione; vom Hauptquartier der Legion in Regensburg aus) gemessen. Das Strassennetz wurde unter Septimius Severus ausgebaut und die Via Claudia Augusta zur bedeutendsten Militärstrasse in Raetien. Die wichtigste West-Ost-Verbindung verlief unter den ersten Kaisern und dann wieder in späterer Zeit von Vindonissa über Arbor felix nach Brigantium und von dort über Cambodunum und Abodiacum nach Augusta Vindelicum. Die Anbindung an das norische Iuvavum (Salzburg) erfolgte über Pons Aeni. Eine Trasse weiter südlich ergänzte diese Verkehrsachse. Nicht nachweisbar, jedoch anzunehmen, ist die Innstrasse von Rosenheim nach Innsbruck. Sicher ist noch eine Verbindung von Brigantium zum Fernpass und Inntal. Am südlichsten lag ein Weg vom norischen Aguntum (Dölsach bei Lienz) durch das Pustatal zur Brennerstrecke. Für das Gebiet nördlich der Donau ist bereits vor dem Verlust an die Alamannen ein ziviler praeses provinciae Raetiae überliefert; die militärischen Agenden lagen in den Händen eines dux. Zwischen 233 und 260 ging dieses an die Alamannen verloren. Die Einfälle hatten eine Aufgabe zahlreicher Siedlungsplätze zur Folge. Die Menschen wanderten aber nicht aus, sondern siedelten sich in befestigten Zentren im Landesinneren an. Die Politik von Kaiser Gallienus die Senatorenschaft aus den Militärkommanden zu entfernen bewirkte, dass sich die Provinzialverwaltung abermals änderte. Die neuen Statthalter entstammten dem Ritterstand und hiessen agentes vices praesidis. Sie führten das Rangprädikat vir perfectissimus. Mit vollständigem Namen überliefert ist Septimius Valentio, der um 290 dieses Amt in Raetien bekleidete. Die Reichsreform Diocletians brachte der Provinz vorerst keine Zweiteilung. Sie wurde erst durch einen seiner Nachfolger durchgeführt. Geschaffen wurden Anfang des 4.Jh.n.Chr. Raetia prima und Raetia secunda. Damit verbunden war auch eine auch eine engere Bindung an das italische Kernland. Die Provinzen gehörten zur Diözese Italia annonaria und damit zur zentralen Präfektur von Illyrien, Italien und Afrika. Bei seinem Aufenthalt in der Provinz wurde der Kaiser vom amtierenden praeses als fundator pacis aeternae (Begründer des ewigen Friedens) gefeiert. Jede der beiden neuen Provinzteile erhielt einen eigenen praeses als Träger der Zivilverwaltung. Namentlich vollständig bekannt sind zwei praeses der noch ungeteilten Provinz:
Aus der Zeit nach der Provinzteilung sind keine Namen von Statthaltern mehr überliefert. Im 5.Jh.n.Chr. besetzten die Alamannen endgültig den Rest der Provinz, nachdem die Verteidigungslinie auf die Alpenpässe zurückgenommen werden musste. Nach den Wirren um den ostgotischen Barbarenführer Radagais konnte sich die Provinz unter dem fähigen heidnischen Statthalter Generidus relativer Ruhe erfreuen. Der Feldherr Aetius drängte die Juthungen ein letztes Mal über die Donau zurück und der raetische Stamm der Breonen kämpfte an seiner Seite auf den katalaunischen Feldern gegen Attila. Die romfeindlichen Alamannen suchten ihr Heil bei den Hunnen und plünderten mit ihnen gemeinsam die verbliebenen raetischen Städte. |
Unter Kaiser Hadrian wurde die raetische Hauptstadt Augsta Vindelicum zum Municipium erhoben.
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