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WÜRFEL

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Der Würfel

Der Würfel & seine Formen

In der Antike galt die alea (Würfel) als Symbol für das Glücksspiel schlechthin. Obwohl man sie auch für Brettspiele verwenden konnte, rückte diese Bedeutung weit in den Hintergrund. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass Würfel nicht immer gleich aussahen und benannt wurden. Oft kam es zu Irritationen infolge der Mehrdeutigkeit von entsprechenden Vokabeln.

Bereits die antiken Autoren zerbrachen sich den Kopf darüber, wer eigentlich den Würfel erfunden hatte. Platon meinte, er wäre eine Idee des ägyptischen Gottes Thoth gewesen, Herodot dachte an die Lyder und Pausanias schrieb sie dem überaus intelligenten grch. Krieger Palamedes zu. Weite Verbreitung für Glücksspiele scheinen die Würfel erstmals tatsächlich in Griechenland erfahren zu haben. Entsprechende Abbildungen auf Vasen etc. sind häufig und stellen meist Achilles und Ajax beim Würfeln dar.

römische Würfel aus diversen Materialien
(c) Museo Teatrale alla Scala, Mailand

Die griechische Bezeichnung für Würfel (auch allgemein jede seiner Flächen) lautete kybos, woraus sich lat. cubus ableitete. Die Würfelecken nannte man tessares, was lat. zu tessera (Würfel, Spielmarke) fortentwickelte. Die Ziffern, Punkte oder sonstigen Markierungen zur Darstellung des geworfenen Werts hiessen grch. signes, types oder gramme; lat. puncti. Die Nummerierung erfolgte meist mittels kleiner Kreise samt Punkt in dessen Mitte. Bereits Eusthatius berichtete, dass die Summe der gegenüberliegenden Punkte immer sieben zu ergeben hatte. Ein Beispiel sehr früher Normung. Nach der Nummerierung hiessen die einzelnen Seiten: 1: lat. unio (grch. monas), 2: binio (dyas), 3: trinio (trias), 4: quaternio (tetras), 5: quinio (pentas) und 6 senio (hexas).

Interessant sind auch die Materialien, aus denen Würfel hergestellt wurden. Für billige Massenware verwendet man Blei, Bronze, Terrakotta und Tierknochen. Als dann gab es noch gläserne Quarzwürfel und solche aus anderen Steinen. Spitzenreiter an Exklusivität sind dagegen Würfel aus Elfenbein, Bergkristall, Bernstein und Gold. Die Herstellung von derartigen Spielutensilien schien ein profitables Geschäft gewesen zu sein, da es dafür eigene Handwerker gab.

römischer, stabförmiger Hohlwürfel mit sechs Seiten
(c) British Museum, London

Neben den bereits erwähnten spielerischen und rituellen Bedeutungen der Würfel kam noch jene des Freundschaftsbeweises. Als Symbol für die Gewährung einer gegenseitigen Gastfreundschaft, zerteilte man einen Würfel in der Mitte und jeder erhielt eine Hälfte.

Ausserhalb des griechischen Kulturkreises verwendete man auch Würfel mit anderer Punktierung. In Ägypten und Kleinasien waren solche mit Wörtern oder Hieroglyphen an den jeweiligen Seiten beliebt. Die Etrusker haben von den Griechen das Würfelspiel übernommen und wurden so zum Vorreiter in Mittel- und Norditalien. Der Fund eines etruskischen Würfels mit ausgeschriebenen Zahlen half mit die Zahlwörter dieser Sprache im wahrsten Sinne des Wortes zu "entziffern". Einige etruskische Würfel wichen übrigens von der Siebener-Regel der Punktesumme ab. Sie scheinen eine spezielle, vielleicht weissagende Bedeutung gehabt zu haben. Würfel eigneten sich hervorragend zur Ermittlung des Willens von Gottheiten, sodass sie auch tatsächlich in Tempeln hierfür verwendet wurden.

links: polyedrischer Würfel mit Punktierung und Buchstaben
(c) Museo Teatrale alla Scala
Mitte: Würfelkreisel mit acht Seiten
(c) Museo Teatrale alla Scala
rechts: silberner Würfel in Menschengestalt mit sexuellem Charakter
(c) British Museum, London

Nicht jeder Spielwürfel muss acht Seiten haben. Polyedrische Würfel wurden aus "echten" Würfeln gefertigt, bei denen man die Ecken abfeilte oder -schnitt. Die gewonnen Polyeder hatten meist 12 oder 20 Seiten (es gibt Ausnahmen mit 19 und 14) und einer Nummerierung von 1 bis 10 sowie 20 bis 100 in Zehnerschritten (bei einem Fund fehlte die 80, was mit einer doppelten 20 kompensiert wurde; Grund unbekannt).

stabförmiger Würfel
(c) British Museum, London

Für viele Spiele der Antike benötigte Man Würfel mit lediglich vier Möglichkeiten der Differenzierung. Sie stammen von Tierknöchelchen ab, die ebenfalls zum Würfeln verwendet wurden. Die Nummerierung folgte dabei keinem Schema, denn es gab auch Würfel mit mehrfach vorhandenen Zahlen.

Eine Spezialvariante war der Würfelkreisel mit vier oder acht Seiten. Er wurde wie ein Kreisel gedreht und blieb dann auf einer Seite liegen. Eine andere Sonderform waren Figurenwürfel. Bekannt ist etwa ein sitzender Mann, der seine Punktierung auf Rücken, Arme, Bauch, etc. trägt. In Ägypten wurden dazu noch zwei andere Arten von "Würfeln" verwendet. Die einen waren stabförmig, die anderen pyramidenförmig (vgl. den Würfelkreisel). Auch hier dominieren vierseitige Varianten.

Würfelbecher

Um dem gelenkten Wurf beim Würfeln entgegenzutreten, wurde mit eigenen Spielbechern (auch für Knöchelchen) gewürfelt. Sie waren entweder tönern oder metallen ausgebracht. Es gab schlichte Becher ohne Verzierung oder solche mit kunstvollen Ziselierarbeiten und getriebenen Köpfen. Da im alten Rom das Falschspiel scheinbar zum Alltag gehörte, ersann man spezielle Würfelbecher mit im Inneren angebrachten Ringen, die für zusätzliche Umdrehungen beim Wurf sorgten.

Turricula

Um die Möglichkeit der Manipulationen beim Wurf selbst wirklich zu minimieren, kam irgendein findiger Spieler auf die Idee des turricula (Würfelturm). Die war ein rechteckiger kleiner Kasten aus Metall oder Holz mit Verstrebungen im Inneren. Die Vorderseite des Turms war meist beweglich, sodass man sie herausziehen konnte. Erst nach diesem Hochziehen fielen die Würfel über ein paar kleine Stufen heraus.

  

links: hölzerner Würfelturm aus Ägypten
(c) Ägyptisches Museum, Kairo
rechts: bronzerner Würfelturm aus Germanien
(c) Rheinisches Landesmuseum, Bonn

Turriculae wurden nicht nur für Glückspiele, sondern auch für Brettspiele mit Würfeln verwendet. Davon gibt es einige Abbildungen aus der Spätantike, die einen verbreiteten Einsatz von Würfeltürmen nahe legen würden. Der archäologische Befund für diese Würfeltürme ist indes dürftig. Erst zwei turricula sind bislang ergraben worden - eine hölzerne aus Ägypten und eine bronzene aus einer Villa bei Bonna (Bonn). Letztere ist von hohem künstlerischem Wert und wurde mit zwei Sprüchen in Durchbrucharbeit verschönt: Utere felix vivas (Welcher auch von euch beiden, lebe glücklich!) und Pictos victos, hostis deleta. Ludite securi. (Die Pikten sind besiegt, die Feinde vernichtet. Spielt unbesorgt!).

Polyedrischer Würfel mit Buchstaben & Symbolen
(c) British Museum, London


Quellen: Marco Fitta, "Spiele und Spielzeug in der Antike"

 

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(PL)