KULTUR |
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ARZT |
Medizinische Berufe in der Antike Stadtarzt Um den Bewohnern einer Stadt eine medizinische Grundversorgung zu bieten, haben in der Antike sowohl hellenistische Könige, als auch die Magistrate von Stadtstaaten, hierfür eigene Ärzte zur Verfügung gestellt. Der erste namentlich bekannte Stadtarzt war Demokedes von Kroton. Zunächst aus der Herrscherschatulle besoldet, ging man in Ägypten und Griechenland später dazu über ein eigenes iatrikon (eine Arztsteuer) zu erheben. Unter römischer Herrschaft wurden Stadtärzte aus dem allgemeinen Steueraufkommen bezahlt. Neben ihren öffentlichen Einkünften, durften sie auch Privathonorare entgegennehmen. Der Stadtarzt verpflichtete sich in einem Vertrag eine festgelegte Zeit allen Einwohnern bzw. Bürgern zur Verfügung zu stehen. Im Gegensatz zum privaten Arzt konnte der Stadtarzt eine Behandlung nicht ablehnen und musste immer vor Ort sein, sodass die Vertragsdauer meist kurz bemessen war. Der Bestellung ging gewöhnlich eine Befragung durch den zuständigen Magistrat oder eine Kommission voraus und gelegentlich wurden sie auch gewählt. Im 2.Jh.n.Chr. kam der Titel eines archiater popularis (öffentlicher Oberarzt) für den Stadtarzt auf. Dies war vor allem eine Angelegenheit der Ehre und des gesellschaftlichen Ansehens. Für das römische Ägypten ist belegt, dass sich die Betätigungsfelder der Stadtärzte kontinuierlich ausweiteten. Sie fungierten manchmal als Gutachter vor Gericht, erstellten arbeitsmedizinische Befunde von Arbeitern und Handwerkern und stellten bereits Totenscheine aus. Dies kann bereits als Vorläufer der modernen Gesundheitsverwaltung gesehen werden. Armenarzt Eigene Armenärzte sind für die Antike nicht belegt und wären auch aus dem gesellschaftlichen Modell nicht erklärbar. Vielmehr war jeder für seine Gesundheit alleine verantwortlich. In Städten mit Spezialärzten standen diese entweder allen Gesellschaftsschichten zur Verfügung, oder falls nur Bürger deren Dienste in Anspruch nehmen konnten, kamen sie im Rahmen des Klientelsystems in den Genuss einer ärztlichen Versorgung. Weiters gab es Privatärzte, die an manchen Tagen kostenlos für weniger Begüterte praktizierten. Viele machten es so, wenn sie als Mediziner neu in der Stadt waren. In Griechenland sah man es nach der Idee sowohl der Demokratie, als auch der Tyrannis, als obrigkeitliche Verpflichtung (vor allem im Sinne des Selbstnutzens an der Macht zu bleiben) an, durch geeignete Massnahmen der Bevölkerung eine gewisse Mindestversorgung zu garantieren. Dazu gehörte neben den schon beinahe obligatorischen Getreidespenden, der Errichtung öffentlicher Bauten und Landzuteilungen, eine zumindest rudimentäre Gesundheitsversorgung. Die hellenistischen Herrscher übernahmen diese Politik und stilisierten sich als besondere Wohltäter auf allen Gebieten hoch. Auch die römischen Magistrate sahen sich gezwungen Massnahmen zu setzen, doch erst die Kaiser machten es zum klassischen Programm des berühmten panem et circenses (Brot & Spiele). Dies ist auch im psychischen Sinne beim Herrscherkult zu verstehen, der in göttlicher Aura salus (Heil) spendete. Aber auch reiche Privatpersonen engagierten sich und konnten ihre Leibärzte der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Ein eigenes Armenwesen und damit verbundenes Personal ist jedoch erst in frühchristlicher Zeit auf Basis einer religiös begründeten Wohltätigkeit breiterer Schichten nachweisbar. Gladiatorenarzt Die zahlreichen Verletzungen, welche Gladiatoren bei ihren Kämpfen davontrugen, mussten fachgerecht behandelt werden. Schliesslich wollte man die Arenakämpfer mehrmals in Aktion sehen, zumal sie einen nicht unerheblichen Wert darstellten (als Sklaven für ihre Besitzer; als Freie für sich selbst). Die in Gladiatorenschulen zusammengefassten Kämpfer wurden so von eigenen Gladiatorenärzten betreut, die sich ganz auf die damit verbundenen Problemstellungen konzentrieren konnten. Durch das homogene Umfeld war es diesen Spezialärzten möglich nähere Einblicke in die menschliche Anatomie zu gewinnen. Neben der chirurgischen Praxis beschäftigten sich die Gladiatorenärzte auch intensiv mit der Diätetik, um eine optimale Ernährung für die Gladiatoren zusammenzustellen. Der bekannteste Gladiatorenarzt war Galen, der von 157 bis 161 n.Chr. in seiner Heimatstadt Pergamon in dieser Funktion amtierte. Um überhaupt aufgenommen zu werden, hatte er zuvor seine chirurgischen Fähigkeiten im Tierversuch vor Publikum beweisen. In seinen Büchern berichtete Galen von zahlreichen schweren Verletzungen aus den Kämpfen und den Heilerfolgen, sodass nur sehr wenige infolge dieser verstarben. Die dabei gemachten Erfahrungen hatten grossen Einfluss auf sein medizinisches Wirken. Medizinischer Gutachter Grundsätzlich gab es in der griechischen und römischen Antike keine medizinischen Gutachter und deshalb auch keine Forensik. Von Amtswegen bei Einzelfällen zu Gericht berufene Mediziner sind praktisch unbekannt (für Athen ist etwa nur ein Fall belegt, für Rom ganze zwei). Eher zu Rate gezogen wurde medizinisches Fachwissen von Streitparteien oder von Privaten als vermittelnde dritte Instanz zur Schlichtung von Streitigkeiten bei Behandlungsvorschlägen. Hier standen jedoch meist arbeitsmedizinische Aspekte im Vordergrund, etwa bei der Einsatztauglichkeit von Sklaven für gewisse Arbeiten oder Krankmeldungen. Etwas anders verhält sich die Situation in Ägypten. Dort standen spätestens seit dem Ende des 1.Jh.v.Chr. Ärzte als Gutachter auf Verlangen der Streitparteien zur Verfügung. Die meisten Fälle beinhalteten jedoch nicht Krankheitsatteste, sondern die Beurteilung der Folgen von tätlichen Auseinandersetzungen. In byzantinischer Zeit kamen - wohl durch die Vermittlung der medizinischen Schulen - bei Gericht vermehrt Gutachter zum Einsatz. Beredetes Beispiel über Streitigkeiten unter Gutachtern liefert etwa der Timarion, eine Medizinsatire eines unbekannten Autors aus dem 12.Jh. In ihr streiten sich die berühmtesten Ärzte als Gutachter des Totenrichters in der Unterwelt. Hof- und Leibärzte Hof- oder Leibärzte sind eine Institution der frühesten Hochkulturen. Man kannte sie sowohl bei den Ägyptern, den Hethitern und in Mesopotamien. Der erste namentlich bekannte Hofarzt ist der Grieche Demokedes von Kroton, welcher am Hof des persischen Grosskönigs praktizierte. In seine Fussstapfen traten später Ktesias von Knidos und Polykritos von Mende. Neben der medizinischen Tätigkeit, nutzten die Herrscher die Reputation ihrer Hofärzte oft für diplomatische Initiativen und schickten sie als Gesandte nach Griechenland. Stratios schlichtete etwa den Streit zwischen Eumens II. und dessen Bruder Attalos. In den hellenistischen Königreichen erlangten die Hofärzte durch ihre persönliche Nähe zum Herrscher eine bevorrangte Stellung und wurden zu den philoi (grch. „Freunden“) gezählt. Beispiele hierfür sind Aristogenes bei Antigonos Gonatas sowie Apolophanes und Krateros im Seleukidenreich ferner Andreas und Dioskurides Phakas bei den Ptolemäern. Zeitweise bezeichnete man die Hofärzte mit dem Titel archiatros (grch. „Oberarzt“) aus, doch wurde dieser Ehrenname auch ausserhalb der Höfe für besonders verdiente Mediziner verwendet. Die Haltung der römischen Kaiser zu Hofärzten war unterschiedlich. Einige, wie etwa Tiberius, verzichteten auf die Dienste eigenen medizinischen Personals, wohingegen die meisten anderen ihre Hofärzte hoch dotierten. Von der Geburt her hauptsächlich Griechen, bedeutete ihr Wirken einen gesellschaftlichen Aufstieg. Einige wurden sogar in den Ritterstand erhoben und gehörten damit zur lokalen Aristokratie. Neben der überproportional guten Entlohnung kamen seit der Spätantike weitere Privilegien hinzu und die Hofärzte wurden in den Kreis der comites (lat. „Begleiter“) aufgenommen. Ärzte wurden meist wegen ihres guten Rufes an den Kaiserhof berufen. Einige hatten zwar enge Beziehungen zum Herrscher, wie etwa Galen zu Marcus Aurelius, doch fungierten sie nicht als wirkliche Hof- und Leibärzte sondern praktizierten weiterhin für das gemeine Publikum. Im byzantinischen Reich verlieh man den Hofärzten den Titel akt(o)uarios (vgl. Oberarzt). In dieser Zeit traten Hof- und Leibärzte oft in Gruppen als Ärztekonsil auf. Ihre Reputation ging über die Grenzen von Byzanz hinaus und zahlreiche christlich-byzantinische Hofärzte praktizierten bei den abbasidischen Kalifen in Bagdad und besorgten dadurch den Wissenstransfer zwischen der grch.-christ. und der arab.-islam. Kultur. |
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Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", "Der kleine Pauly" |
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