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GEMÜSE

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Holus - Das Gemüse

Nach dem Getreide sind Gemüsepflanzen die wichtigsten pflanzlichen Nahrungsmittel. Am weitesten verbreitet waren die legumina (Hülsenfrüchte), die wegen ihres hohen Eiweissgehaltes geschätzt wurden und diesbezüglich quasi einen Fleischersatz darstellten. Für sie sprach weiters die besonders gute Lagerfähigkeit in getrocknetem Zustand.

Die drei bedeutendsten von den Römern angebauten Hülsenfrüchte waren fabae (Feldbohnen), pisa (Erbsen) und lentes (Linsen). Alle zusammen hatten im Mittelmeerraum bereits eine lange Ackertradition, die weit in die Vorgeschichte hineinreicht. Erst durch die Römer in Europa verbreitet wurden cicer (Kichererbse, vgl. Cicero) und phaseolus (Grüne Bohne), die eigentlich aus Afrika stammte.

Bohnen konnten frisch und getrocknet verzehrt werden. Gemeinhin machte man aus ihnen einen Brei oder mischte sie in Getreidebrei ein. Zudem fanden sie ihren Weg in Salate, Gemüsespeisen oder landeten schlichtweg im Eintopf. Concicle wurde ein Eintopf aus Bohnen und anderen Hülsenfrüchten genannt. Gleiches galt für die Erbsen. Linsen hingegen dürften wohl nur in getrocknetem Zustand verwendet worden sein. Auch beim Militär tauchen Linsen als Marschverpflegung auf. Ein zuviel an Bohnen, Erbsen und Linsen ist jedoch ungesund, da es bei übermässigem Genuss zu Erkrankungen kommen kann (die sinnigerweise Favismus bzw. Lathyrismus (= Bohnenkrankheit) heissen).

Die Verwendung der genannten Feldfrüchte variierte von Gegend zu Gegend, je nachdem was wo angebaut wurde bzw. welche Importwaren zur Verfügung standen. Die schnelle Verbreitung verdanken die Hülsenfrüchte der Möglichkeit sie im Fruchtwechsel zum Getreide anzubauen. Ihre stickstoffhaltigen Wurzeln reduzieren die Auslaugung des Bodens.

Weit verbreitet waren auch erva (Wickengewächse), die wegen ihrer leichten Giftigkeit vor dem Genuss ausgelaugt werden mussten. Doch werden sie hauptsächlich als Viehfutter Verwendung gefunden haben.

Ist der Nachweis von Getreide und Hülsenfrüchten im archäologischen Befund schon schwierig, so steht man bei Blatt- und Wurzelgemüse vor einem schier unlösbaren Problem. Stängel und Blätter verrotten ziemlich schnell und nur anhand ihrer (kleinen) Samen lassen sie sich überhaupt nachweisen. Aus solchen Funden belegt sind in Mitteleuropa Amarant, Gartenmelde, Karotte, Kohl, Mangold, Pastinake, Sellerie sowie mehrere Arten von Feldsalat und Sauerampfer.

Nach den Hülsenfrüchten am wichtigsten waren Zwiebel, Lauch und Knoblauch. All diese Pflanzen sind Angehörige einer Gattung, die bereits von den alten Ägyptern kultiviert wurde und somit zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt zählen.

Al(l)ium (auch aelum; Knoblauch) galt bereits damals als gesund und sein Verzehr wurde von den Altvorderen hochgehalten. Nach Knoblauch zu riechen galt als urrömisch. Erst in spätrepublikanischer Zeit wurde der "Gestank" in vornehmen Kreisen unpopulär. Später war der Verzehr typisch für die Landbevölkerung und das Militär. Beliebt war er nicht nur infolge des Geschmacks sondern auch der Heilkräfte wegen. In religiösem Sinn hatte er unheilabwehrende Wirkung (die Vorstellung dass Knoblauch Vampire abhält ist quasi ein Relikt dieses Glaubens). Bevor Soldaten - griechische wie römische - in die Schlacht zogen, genossen sie ein beträchtliches Quantum davon. Auch die Rojer in den Galeeren erhielten dementsprechende Rationen. Man mass dem Knoblauch eine die Gemüter erhitzende Wirkung zu, sodass man sogar Kampfhähne vor ihrem Einsatz damit einrieb.

Apium (Sellerie) wurde in den nördlichen Gefilden des Reiches erst durch die Römer eingeführt. Ansonsten war die Würzpflanze im gesamten Reich weit verbreitet. Man verwendete Blätter, Stängel, Knollen und als Gewürz auch die Samen. Man zog ihn hauptsächlich im Garten, doch wuchs er auf den salzhaltigen Böden im Mittelmeerraum in grosser Menge wild. Vom Aussehen her waren sich beide Versionen ähnlich, die mit dem modernen Schnittsellerie verglichen werden können. Im Gegensatz zu heute war die damalige Form wesentlich kleiner - besonders die Knolle - und schmeckte ziemlich bitter. Trotzdem findet sich der Sellerie samt seinen Samen in zahlreichen Rezepten.

Der Amarantus (Amarant; auch Grüner Fuchsschwanz genannt) ist ein spinatähnliches Gemüse, das seinen Ursprung im Mittelmeergebiet hat. In vorrömischer Zeit wurde es in West- und Nordeuropa nicht angebaut. Ebenfalls dem Spinat ähnlich (und auch verwandt) ist die Gartenmelde. Auch sie fand erst mit den Römern weitere Verbreitung.

Beta (die rote Rübe; Mangold) ist ausserhalb des Mittelmeerraumes eine Importware im Zuge der Romanisierung. Bereits in der Antike unterschied man weisse und rote Rüben. Bei den Sorten, die dem Mangold ähnelten, wurden vor allem die Blätter zum Kochen verwendet.

Brassica (Kohl) war im gesamten Römischen Reich weit erbreitet. Bereits Cato d.Ä. erwähnt mehrere Sorten und sieht sie nicht nur als gesund an, sondern allem anderen Gemüse überlegen. Eine Sorte scheint dem modernen Grünkohl geähnelt zu haben, eine andere dem Kohlrabi. Die Züchtungen konnten bezüglich der Grösse mit heutigem Kohl einigermassen mithalten.

Die carota (Karotte) ist ein ebenfalls weithin verwendetes Gemüse. In weiten Teilen Europas wuchs eine Wildform mit kleiner, weisser Wurzel. Im Mittelmeergebiet gab es die Riesenkarotte mit gleichfarbiger Wurzel. Wahrscheinlich gab es schon Einkreuzungen zwischen den Arten. Auch literarisch erwähnt wurde die Pflanze, wobei es häufig zu Verwechslungen mit der sehr ähnlichen Pastinake kam. Apicius löste ein solches Problem, indem er ein Rezept für beide Gemüse öffnete. Die antike Karotte unterschied sich beträchtlich von den modernen Formen, die erst seit den letzten 150 Jahren gezogen werden. Die damaligen Sorten hatten wesentlich weniger Carotin und waren auch nicht gelb und schon gar nicht orange.

Von Cepa (Speisezwiebel) existierten bereits zahlreiche Sorten. Ob getrocknet oder frisch, wurde sie vielen Gerichten beigegeben. Bauern und Soldaten assen sie roh zum Brot. Unter bulbus (Zwiebel) verstanden die Römer auch die Zwiebeln anderer Pflanzen (z.B. Muskathyazinthe), die der Speisezwiebel gleich zubereitet und verzehrt wurden. Gleiche Verbreitung hatte porrus (Lauch, Porree), der vornehmlich gekocht, seltener roh, genossen wurde. Der unscheinbare Schnittlauch dürfte vorwiegend in seiner Wildform geerntet worden sein.

Die der Karotte ähnliche pastinaca (Pastinake) ist ein weisses Wurzelgemüse, das im östlichen Mittelmeerraum beheimatet war und von den Römern verbreitet wurde. Wie bei ihrem Pendant gab es Wild- und Kulturformen. Verwendung fand das Gemüse hauptsächlich in Eintöpfen.

Raphanus (Rettich) war ein beliebtes Gemüse, das gerne als Rettichsalat (roh mit Salz und Essig) gegessen wurde. In den Kochtöpfen landete er dafür seltener. Weit wichtiger war da schon die Produktion von Rettichöl.

Rumex (Sauerampfer) spielte in der antiken Küche eine wesentlich grössere Rolle als heutzutage. Neben der Wildform zog man mit rumex scutatus (Schildblättriger oder Römischer Sauerampfer) eine Kulturpflanze in den Gärten. Bei Tisch kam er sowohl roh, als auch gekocht zum Einsatz.

Feldsalat wuchs in der Antike in vielen Sorten in der freien Natur. Der Anbau in Gärten setzte deshalb verhältnismässig spät ein, verfeinerte sich aber rasch. Im allgemeinen machte man daraus - wie auch heute - einen Salat mit Essig und Öl. Gleich verwendet wurde der Portulak (er erscheint aber auch in Eintöpfen), eine aus den Tropen und Subtropen stammende Pflanze. Sie wuchs ausschliesslich in Gärten und fand erst mit den Römern weitere Verbreitung.

Lactuca (Lattich) - die Urform der modernen Blattsalate - wurde in vielen Sorten roh gegessen, gekocht und auch eingemacht. Aus dem gleich Grund schätzte man die Endivie, die sowohl wild als auch gezogen vorkommende Wegwarte, die Senfrauke und olusatrum (Myrnerkraut), von dem man Stängel und Wurzeln verwendete.

Von nicht so grosser Bedeutung für den Massenverzehr waren malva (Malve), Zuckerwurzel, Weisswurzel, Weissrübe, lepidum (Brunnenkresse), cardus (Artischocke) und asparagus (Spargel). Kürbisgewächse waren eher selten und beschränkten sich auf agenaria (Flaschenkürbis) und cucumis (Gurke). Als reine Wildpflanzen kamen dann noch Brennnessel, Ringelkraut, Löwenzahn und Gänsedistel auf den Tisch.

Zu guter letzt muss noch festgehalten werden, dass vieles, das speziell mit der modernen italienischen Küche in Verbindung gebracht wird, damals noch nicht zur Verfügung stand. Paprika, Tomaten, Kartoffel, Zucchini, beinahe alle Kürbisarten oder die Aubergine wuchsen ausserhalb der Europa zugänglichen Gebiete. Der Spinat kam erst im Mittelalter auf, als er aus Asien importiert wurde. Lauchzwiebeln stammen aus Ostasien und waren ebenfalls unbekannt. Auch so einfache Pflanzen wie die modernen Bohnensorten (Gartenbohnen, Stangenbohnen) stammen allesamt aus Amerika. Und Radieschen hatte man auch noch nicht gezüchtet.

Aus einem Brunnen des Legionslagers bei Oberaden gefundene Gemüse- und Obstreste
(c) incognatus


Quellen: R.Maier, Apicius "De re coquinaria", M.Junkelmann "Panis militaris", H.Pleticha, O.Schönberger "Die Römer", J.-C.Fredouille "Lexikon der römischen Welt", K.-W.Weeber "Alltag im alten Rom" & "Die Weinkultur der Römer", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)