Version LX

KULTUR
Bibliotheken


Imperialer Adler PRIVATE BIBLIO.
Imperialer Adler EINRICHTUNG
Imperialer Adler BESTÄNDE
Imperialer Adler PERSONAL

zurück zur
Bibliotheksübersicht

zurück zum
Bildungsindex

zurück zur
Übersicht Kultur

zurück zum Index

Bibliotheksbestände

Mesopotamien & Ägypten

Das die ersten Bibliotheken in Mesopotamien nichts anderes als Archive waren, enthielten die gelagerten Texte hauptsächlich wirtschaftliche und statistische Angaben. So dominierten Rechnungen, Inventarlisten, Zustellbescheide, Darlehens- und Eheverträge und Urteile.

Um das 3.Jt.v.Chr. reihte man noch Rezepte und religiöse Texte ein, sodass die erste Zwischenstufe vom Archiv zur Bibliothek entstand. Dazu kamen schliesslich noch Lehrbücher und die ersten literarischen Ergüsse der Dichter. Naturwissenschaftliche Werke (wenn sie wie etwa Sternbeobachtung nicht als zur Religion gehörend eingestuft waren) gab es praktisch keine. Gelegentlich tauchen Ortsnamenregister und ähnliche Listen (für Pflanzen, Berufe, etc.) auf. In Schulen und Tempeln konnte diese Palette durch Hymnen und Wörterlisten und Schreibübungen ergänzt werden.

Eine Bibliothek, wie sie in Königspalästen üblich war, enthielt im 3.Jt.v.Chr. etwa 2.000 Tontäfelchen. Ein Jahrtausend später war der Umfang derart angewachsen, dass man bereits dazu übergehen musste, Indices und ähnliche Hilfsmittel einzuführen. Die durchschnittliche Zahl der Bestände lässt sich nicht mehr rekonstruieren, doch ist in der Königsbibliothek von über 10.000 Täfelchen auszugehen. Die Tempel- und Schulbibliotheken dürften keinen derart rasanten Anstieg erfahren haben, da viele Texte durch Eroberungszüge in die Staatsarchive wanderten. Dennoch ist mit einer Verbreiterung des Angebotes auch ausserhalb der Palastmauern zu rechnen.

In Ägypten lag der Fall anders. Durch die Monopolstellung der Hieroglyphen gab es keine Ergänzungen der Archive durch erobertes Schrifttum. Die Vergänglichkeit des Papyrus trug ebenfalls zu einer anderen Entwicklung bei.

Man kann annehmen, dass in den ägyptischen Bibliotheken und Archiven vor allem Verwaltungsakten, Rechnungen, Statistiken und religiöse Texte (incl. Naturwissenschaft, Medizin, etc.) lagen. Infolge der Staatswirtschaft, in der die Tempel eine herausragende Rolle spielten, dürfte es kaum Unterschiede zwischen Tempel- und Palastarchiven gegeben haben. Die Bestandszahlen lassen sich nicht abschätzen, dürften aber weit hinter denen der Assyrer und Babylonier gelegen sein.

Griechenland & Diadochenreiche

Die Archive der Mykenischen Kultur besassen einen ähnlichen Aufbau wie ihre ursprünglichen Pendants in Mesopotamien und enthielten vor allem wirtschaftsbezogene Aufstellungen und Verträge. Literarische oder religiöse Texte gab es noch nicht. Trotzdem konnten die Bestände tausende Tontäfelchen umfassen.

Nach der Erfindung des griechischen Alphabets veränderte sich das Bibliothekswesen in Griechenland vollständig. Die ersten Bibliotheken enthielten vermutlich die weitverbreitete Adelsdichtung sowie Niederschriften der bei den öffentlichen und privaten Feiern aufgeführten Dramen. Ab dem 7.Jh.v.Chr. begann man die Gesetze der Städte schriftlich festzuhalten. In der gleichen Zeit erschienen die ersten wissenschaftlichen Abhandlungen. Beides wird zügig Aufnahme in die privaten Sammlungen gefunden haben.

Die erhöhte Bücherproduktion bedeutete eine stetige Bestandserweiterung, doch kann die Zahl der Werke in einer Bibliothek kaum abgeschätzt werden. Ab dem 4.Jh.v.Chr. gab es bereits Bibliotheken die ihre Bestände vollständig nach dem Geschmack des Besitzers ausrichteten.

Erst die Eroberungen zu Zeiten Alexanders d.Gr. und die finanziellen Mittel der Diadochen erlaubten es, Bibliotheken von modernem Ausmass anzulegen. Nun konnte man auch bislang verschmähte Texte in die Register aufnehmen. Durch die immer weiter wachsende Bücherproduktion wurden Autographen (Originaltexte) besonders wertvoll. Die Bibliothek von Pergamon umfasste schlussendlich 200.000 Bücher.

Die Grosse Bibliothek in Alexandria als die Spitze des antiken Bibliothekswesens konnte wahrscheinlich mit bis zu 900.000 Werken aufwarten. Alleine der Register umfasste 120 Bände in zehn Kapitel. Jede neue Schriftrolle wurde penibel in diese Kategorien eingereiht. Auch beschränkten sich die Bestände nicht nur auf griechische Texte, sondern umfassten auch Schriften aus anderen Kulturkreisen.

Rom

Die öffentlichen Bibliotheken Roms konnten wie ihre Pendants im Osten das Prädikat in Anspruch nehmen, die literarische Produktion in ihrer Gänze zu erfassen. Verbannung aus den Regalen, wie sie etwa Augustus mit Ovid vornahm, waren in der römischen Antike seltene Vorfälle (Im Gegensatz zum Griechenland der Polis, wo neben missliebigen Personen auch deren Schriften verbannt werden konnten).

An griechischer Literatur lagen zu Zeiten Trajans in Rom vermutlich 10.000 in der Trajanischen, 5.000 in der Palatinischen und ebenfalls je 5.000 in der Tiberianischen und Vespasianischen Bibliothek. Rechnet man noch die Thermen- und Privatbestände hinzu, wird sich eine Zahl bei 30.000 ergeben. Der Umfang lateinischen Schrifttums hat diese Zahl bei weitem überschritten, da hier auch wirtschaftliche, naturwissenschaftliche und religiöse Abhandlungen dazukamen, die gerade erst verfasst wurden. Die Breite der Themen dürfte ähnlich derer in den grossen Bibliotheken im Osten gewesen sein. Thermenbibliotheken enthielten vor allem Werke die der Entspannung und der Unterhaltung dienten; somit bekannte Klassiker und einige philosophische Werke. Die Archive der Tempel enthielten dagegen nur Texte, die mit dem jeweiligen Kult in Zusammenhang standen. Einige abweichende Schriftrollen, die den Vorlieben der Priester entsprachen, waren sicher auch anzutreffen.

Was in Alexandria an griechischen Texten in einer Einrichtung gelagert wurde, verteilte sich bei den lateinischen Werken in Rom auf mehrere Bibliotheken. Damit dürfte Rom aus literarischer Sicht nur unwesentlich hinter Alexandria gestanden haben. Obwohl Bücher auch gekauft wurden, bestand der Neuzugang hauptsächlich aus Kopien anderer Bibliotheken bzw. Schenkungen entweder von Gönnern (die nicht unbedingt reich sein mussten) oder den Autoren selbst.

Der Grundstock jeder Bibliothek (egal ob öffentlich, privat, in Rom oder in der Provinz) wird aus den bereits erwähnten Klassikern bestanden haben. Dazu kamen noch Werke von lokalen Schriftstellern. Dies war gängige Praxis im Römischen Reich, denn aus Überlieferung sind solche Beispiele etwa für Halikarnassos (Tragödien eines lokalen Dichters namens Gaius Iulius Longianus) und Rhodiapolis (medizinische Abhandlungen in Versform eines lokalen Arztes) bezeugt.

Die Doppelausführungen für Latein und Griechisch gab es praktisch nur in Rom. Im Osten des Reiches dominierten griechische und im Westen lateinische Schriften. Dass dennoch immer wieder anderssprachige Werke auftauchten ist garantiert nicht nur dem Zufall, sondern der Verbreitung der römischen Kultur zuzuschreiben. So entdeckte etwa der römische Schriftsteller Aulus Gellius in Patras eine uralte Abschrift der Odyssee auf Latein, allerdings in griechischen Buchstaben - schon damals eine Rarität.

Griechische Vase aus dem 5.Jh.v.Chr. mit der Abbildung einer lesenden Frau. Links daneben steht eine kleine Bücherkiste
e libro W.Hoepfner "Antike Bibliotheken" (c) bpk Berlin F3044 I.Geske


Quellen: W.Hoepfner "Antike Bibliotheken", L.Casson "Bibliotheken in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)