Version L

RELIGION
Mysterienkulte der Antike


MITHRAS I
MITHRAS II
MITHRAS III

zurück zur
Mysterienübersicht

zurück zum
Religionsindex

zurück zum Index

Der Mithraskult

Der Gott Mithras

Mithras (altindisch Mitra, elamitisch Miissa, neupersisch Mihr) war ein indoiranischer Gott, dessen wichtigste Funktion der Schutz des vertraglichen Rechts war und die am Zustandekommen eines Vertrags beteiligten Menschen verband. In frühester Zeit war er in Indien mit dem Rta-Hüter Varuna dualistisch vereint, was sich auch im Altpersischen als Mira-Ahura widerspiegelte. Als Schöpfungsmythos wurde eine Felsgeburt in himmlischen Höhen angenommen, was sich auch im Beinamen petrogenes (grch. "felsengeboren") niederschlug. Dieser Annahme folgte man nicht in Armenien, wo man eine gewöhnliche Geburt des Mithras bevorzugte. Als Attribute galten ihm die Sonne, das reinigende Feuer sowie der den Morgen verkündende Hahn.

Im weit entwickelten Gestirnkult Mesopotamiens repräsentierte Mithras den frühmorgendlichen Tag und wurde so zur rechtsbewahrenden Lichtnatur in Anlehnung an den Ahura-Mazda ("Weiser Herr"; der oberste Himmelsgott nach der Lehre des Zarathustra). Mit Himmel, Sonne und Feuer verbunden nannte man ihn auch in den indischen Veden (religiöse Schriften des frühen Indiens), wo er als Helfer der Himmelsgöttin Veruna auftauchte.

Ergänzung fand dies durch einen Bezug zu wasserreichem Weideland und den dort gedeihenden Rindern, was ein interessante Parallelentwicklung zum grch. Sonnengott Helios und seinen Rinderherden darstellt. Trotz der starken Ausrichtung als Mittler zwischen den kosmischen Gegensätzen von Tag und Nacht, Himmel und Erde, Sonne und Mond sowie Gut und Böse, drang Mithras auch in konkrete Lebensbereiche der Menschen ein. Bei den frühen Persern mutierte er zum Repräsentanten der staatlichen Hoheit mit militärischer Funktion. Diese wälzte sich auf altiranische Männerbünde um, die sich als edle Rächer des Unrechts fühlten und Mithras mehr und mehr Züge des Heeres und der Jagd verliehen, da ihn Edelmut, Gerechtigkeit und Tapferkeit auszeichneten. Durch die enge Bindung an den Herrscherkult wurden in einigen Kulturen Königsnamen verwendet, die auf Mithras Bezug nahmen (z.B. Mithridates VI. von Pontos). Als der Perserkönig Daraios 331 v.Chr. vor der Entscheidungsschlacht mit Alexander stand, betete er zur Sonne, dem immerwährenden Feuer und zu Mithras um Tapferkeit und weise Eingebung an seine Heerführer.

Ganz im Gegensatz zum himmlischen Charakter erhielt er zusätzlich ein chtonisches Element, indem er als Schlange Erde und Wasser symbolisierte. In den Randbereichen des von Persien ausgehenden Kultgebietes kam es zudem zur Vereinnahmung weiblicher Himmelsgottheiten im Zuge falscher Auslegungen von Kultähnlichkeiten und Etymologien.

Unter babylonischem Einfluss glich man Mithras dem Samas an und im hellenistischen Weltbild brachte man ihn mit Helios bzw. Apollo in Verbindung, was in beiden Fällen eine Ausrichtung als Lichtgottheit voraussetzt. Als älteste Basis können Welterklärungsmythen aus dem ältesten iranischen Hochland gelten, wo Mithras als Sonne den Haoma (Mondstier) jeden Tag tötete, damit es Tag werden konnte. In Persien weihte man dem Mithras zu seinem Herbstfest Mithrakana die Pferde. Sie repräsentierten die Herrschaft der Sonne - damit der gottgegebenen Ordnung vom Anbeginn der Zeit - und der königlichen Dynastien. Als Festanlass galt die mythische Tötung des Urdrachens im Monat Mithrakan. Damit trat neben die erwähnte starke Mittlerfunktion - als mit der Sonne verhaftende Gottheit - nach der kriegerischen Niederringung der Finsternis die Übertragung des Lebens als Weltenschöpfer.

Trotz der starken Verbindung zum Herrscherkult erschien Mithras (zusammen mit Ahura-Mazda) erst unter Artaxerxes II. in den Inschriften der Achämenidenkönige. Mit der Festigung der parthischen Macht etablierte sich der Mithraskult auch in den abhängigen Gebieten, allen voran Armenien. Dessen König Tiridates empfing von Kaiser Nero in Rom auf dem Forum Romanum die Königskrone nach dem Ritus des Mithras. Damit konnte sich auch Nero als Verleiher des sonnigen Glücks profilieren. Ein Aufschwung des Mithraskultes im Römerreich nach dieser Zeremonie ist anzunehmen. Ein Jahrhundert zuvor hatte Mithras in Kleinasien noch als religiöser Schutzschild gegen Rom herhalten müssen und auch die Herrscher von Kommagene hatten ihn Antiochos I. - neben Apollo, Hercules und Iuppiter) zum wesentlichen Bestandteil seines Herrscherkultes erklärt. Unter den Sassaniden stellte man Mithras schliesslich in der mandorla (spitzovaler Ganzkörperheiligenschein) dar, was die Herleitung der Gestalt von der Sonne weiterhin betonte und später vom Christentum übernommen werden sollte.

Das sistrum (Kultrassel) wurde auch im Mithraskult verwendet.


Quellen: H.Kloft "Mysterienkulte der Antike", "Der kleine Pauly"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)