Version LX

PERSONEN
Kaiser


Imperialer Adler EINLEITUNG
HERKUNFT
HERRSCHAFT
TOD
BEWERTUNG
Imperialer Adler ZITATE

zurück zu den
Adoptivkaisern

zurück zum
Kaiserindex

zurück zur
Übersicht Personen

zurück zum Index

Marcus Cocceius Nerva

Herrschaft & Wirken

Noch am Todestag Domitians wurde Nerva vom Senat in seinem Amt bestätigt. Seine Inthronisierung wurde von den Römern, die der Tyrannei überdrüssig waren, mit grosser Erleichterung aufgenommen. Während der letzten Jahre seines Vorgängers hatte sich ein grosser Hass im Volk aufgestaut, der jetzt an die Oberfläche kam. Statuen und Triumphbögen Domitians wurden systematisch vom Mob zerstört. So waren die ersten Monate von Nervas Amtszeit durch latente Unruhen gekennzeichnet.

Der Kaiser glich seine Politik der Meinung des Volkes an und liess bekannte Spitzel seines Vorgängers hinrichten; obwohl er sich weiterhin des Domitianischen Informationssystems bediente. Auch gab es für alle Verbannten eine Generalamnestie. In der Folge brach besonders in der römischen Führungsschicht Jubel aus.

Doch tat sich der greise Nerva immer schwerer das Ruder fest und die Ordnung aufrecht zu halten. Ein gängiges Sprichwort sagte, dass unter Domitian allen alles verboten war und dass unter Nerva es noch schlimmer sein, da alle alles taten, was sie wollten. Nerva stützte sich auf die Führungselite Roms und die Bevölkerung. So stattete er verarmte Proletarier mit Land aus und schwor keinem Senator etwas zu leide tun zu wollen. Die Getreideverteilung wurde gestrafft, die Erbschaftssteuer teilweise aufgehoben und die italischen Gemeinden von Sondersteuern auf das Postwesen wieder befreit.

Auch liess er durch ein bescheidenes Bauprogramm die Schäden der Ausschreitungen beseitigen und darüber hinaus neue Getreidespeicher anlegen. All diese Massnahmen finden sich auf den Münzen seiner Regierungszeit wieder: Typische Inschriften waren Providentia Senatus (Voraussicht des Senats) oder Vehiculatione Italiae remissa (Befreiung des italischen Postwesens von Sonderabgaben).

Da die Steuereinnahmen durch die Reformen nun nicht mehr so grosszügig flossen, veräusserte Nerva einen grossen Teil seines eigenen Vermögens um die benötigten Gelder bereitstellen zu können. Die von ihm künftig zu veranschlagenden Summen zur Gewinnung des Volkes waren allerdings so hoch gegriffen, dass der Senat eine fünfköpfige Kommission zur Beschränkung öffentlicher Ausgaben einsetzte.

Den wesentlichen Machtfaktor konnte er jedoch nicht auf seine Seite bringen. Das Militär war Domitian treu ergeben gewesen; immerhin hatte er die erste Solderhöhung seit Augustus vorgenommen. Zwar machte er ihnen anlässlich seines Regierungsantritts Geschenke und liess Münzen mit der Aufschrift Adlocutio Augusti (Ansprache des Augustus) ausgeben, doch nützte selbst die direkte Ansprache der Soldaten nichts und der stets unmilitärische Nerva blieb beim Heer äusserst unpopulär.

Unruhe unter den Soldaten war die Folge. Eine Garnison an der Donau meuterte und der Statthalter von Syrien, der über ein grosses Heereskontingent verfügte, dachte offen über Rebellion nach. Zudem plante der Patrizier C. Calpurnius Crassus Frugi Licinianus, der mit Galbas Erben Piso verwandt war, mit Zustimmung führender Militärs einen Anschlag auf den Kaiser.

Mitte 97 erreichte die Unruhe mit einer offenen Meuterei der Prätorianer den Höhepunkt. Die Gardisten hatten die Ablöse ihrer Präfekten Secundus und Norbanus durchgesetzt und bei der Auswahl eines Nachfolgers bewies Nerva eine unglückliche Hand indem er der Garde den ehemaligen Parteigänger Domitians, Casperius Aelianus, an die Spitze setzte.

Der neue Präfekt hielt den Kaiser im Palast fest und forderte die umgehende Auslieferung von Petronius und Parthenius, die massgeblich an der Ermordung Domitians beteiligt gewesen waren. Nerva dachte jedoch nicht daran nachzugeben. Er offenbarte den Soldaten seinen eigenen Nacken.

Doch war die mutige Geste vergebens. Sie konnte nicht verhindern, dass sich die Prätorianer an den Mördern Domitians rächten. Parthenius wurden die Genitalien abgeschnitten und in den Mund gesteckt bevor man ihm die Kehle durchtrennte. Petronius wurde gnädiger behandelt; er starb durch einen einzigen Schwerthieb. Nerva blieb bei dem Gemetzel unverletzt, doch war seine Autorität über das Militär irreparabel beschädigt. Zudem zwangen sie ihn, sich öffentlich für die soeben vollzogenen Morde zu bedanken.

Die Situation erinnerte an die Herrschaft Galbas drei Jahrzehnte zuvor und nicht wenige dachten, dass nun das Reich wie damals auseinanderzubrechen drohte. Nerva war sich jedoch bewusst, dass ein Kaiser, der die Unterstützung des Heeres verloren hat, nicht lange am Leben bleiben würde. Im Gegensatz zur dynastischen Erbfolge hatte der greise und kinderlose Nerva jedoch einen entscheidenden Vorteil. Er konnte einen Nachfolger adoptieren, der die volle Unterstützung der Soldaten besass.

Genauso war seinerzeit Galba verfahren. Doch hatte dieser den zwar vornehmen, jedoch sonst unbekannten, Piso als Nachfolger gewählt. Nerva konnte sich einen solchen Fehler nicht leisten. Die Adoption des Statthalters von Untergermanien, Marcus Ulpius Traianus im September 97, war Nervas letzter grosser Schachzug; wenn auch nicht ganz freiwillig. Trajan hatte genug Legionen unter seinem Kommando, um die Macht in Rom und den Zusammenhalt des Imperiums zu sichern. Die feierliche Zeremonie fand Ende Oktober 97 auf dem Capitol statt. Gleichzeitig wurde ihm beinahe soviel Macht wie dem Kaiser selbst eingeräumt.

Portraitbüste
des Nerva

e collectione imaginum W.Tungsten
(c) incognitus


Quellen: C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)