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IUSTIN. PEST I
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Die Pest in Italien Ende des 6.Jh.

Italien am Vorabend der zweiten grossen Pestwelle

Die zweite Hälfte des 6.Jh.n.Chr. würde zwar bereits dem Mittelalter angehören, doch aufgrund der zeitlichen Nähe zur Justinianischen Pest einerseits und der Betroffenheit Italiens andererseits, wird die diese Pestepidemie hier ebenfalls angerissen.

Als die Seuche in Italien nach dem grossen Zug der Justinianischen Pest gut 50 Jahre später erneut aufflackerte, traf sie auf eine zerrüttete und geschwächte Apenninenhalbinsel. Die Stabilität der oströmischen Eroberungen hatte nur von 553/554 bis 568 gehalten, als erstmals die Langobarden in Italien einfielen. Das von der Pest geschwächte Byzanz war kaum in der Lage sich des Einfalls zu erwehren. Die Ostgoten waren mit der römischen Kultur durch den engen Kontakt mit Konstantinopel vertraut gewesen, doch die zum teil noch heidnischen Langobarden konnten und wollten sich nicht damit identifizieren.

Im Endeffekt blieben von Mittel- bis Norditalien nur Rom und Ravenna einigermassen sichere Häfen. Die zwischen den beiden Städten verlaufende Via Flamina samt dem Umland war ständig bedroht. Rom selbst bot kaum einen Schatten seiner selbst. Die Stadt war fast völlig entvölkert und die ehemaligen Plätze wurden wegen der Sicherheitslage ausserhalb der Mauern für die Landwirtschaft erschlossen. Ein Teil der politischen und die militärische Führung lag in den Händen eines byzantinischen Generals mitsamt seinen Truppen in Trastevere und oberhalb des Trajansforums. Die andere politische und natürlich religiöse Führungsfigur war der Papst. Noch existierende stadtrömische Amtsträger - der Konsulat war zuletzt 534 besetzt worden - standen zwischen diesen beiden.

Religiöse Massnahmen gegen die Pest

In dieser Zeit des Niedergangs wurde mit Gregor - den man später den Grossen nennen wird - 590 eine erfahrende Führungspersönlichkeit zum Papst gewählt (sein Vorgänger war zuvor an der Seuche verstorben). Die ersten Massnahmen galten der Pest, da man diese als rein religiöse Erscheinung interpretierte. Da alle Gebete bislang nichts geholfen hatten, ordnete Gregor eine Bussprozession an, die er bei seinem Aufenthalt im Osten des Reiches kennengelernt hatte. Damit erhielten die ursprünglich heidnischen Umzüge - sie waren natürlich oft unterdrückt und verboten worden - in neuem Gewand einen deutlichen Aufschwung.

Zuerst liess man die Kleriker zwei Tage lang Psalmen vortragen um die Barmherzigkeit Gottes zu erflehen, ehe zur dritten Stunde in aller Frühe des letzten Tages die Prozession begann. Gregor teilte die Menschen in Rom in sieben Gruppen mit je einem Versammlungspunkt an einer Kirche ein: Äbte & Mönche, Äbtissinnen & Nonnen, sonstige Kirchenvertreter, männliche Laien, verheiratete Frauen, Witwen sowie Kinder. Damit wollte er eine soziale Durchmischung erreichen. Die ganze Stadt war auf den Beinen und folgte Psalmen singend der Aufforderung Gregors. Viele Teilnehmer indes waren von der Krankheit gezeichnet und es sollten 80 von ihnen während der Prozession sterben.

Aus medizinischer Sicht hatte die Bussprozession nichts gebracht. Manche Zeitgenossen waren sogar der Meinung, dadurch hätten sich noch mehr Menschen angesteckt. Doch nicht nur in späterer Zeit wollte man in ihr einen grossen Erfolg sehen. Man interpretierte die Pest als heilsam für die Seele. Gott wolle die Bekehrung von der Sündhaftigkeit der Menschen und die Aufgabe der Menschen und mit ihnen der Kirchenvertreter ist es somit nicht, die Krankheit des Körpers, sondern jene der Seele zu heilen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die Antike in Rom Geschichte.

Mangelnde Getreidequalität bot in der Antike ein grosses Potenzial für Massenerkrankungen


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", M.Meier "Pest", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)